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5 Thesen zu Streaming und Werbung

Geschrieben von Petra Schwegler | 10. März 2022

Die Anbieter von Streaming-Plattformen loten aus, wie sie ihre Angebote bei der stark zunehmenden Konkurrenz ausrichten sollen. In den USA hat die Fox-Familie mit ihrem werbefinanzierten Video-on-Demand-Dienst Tubi interessante Erfahrungen gemacht und jetzt in einem Thesenpapier geteilt. Der Tenor: Neben den Streaming-Pay-Plattformen wird sich ein großer Bereich mit werbefinanziertem und für User kostenlosem Abruf-Bewegtbild etablieren.

Werbefinanziertes Video-on-Demand (AVoD) ist auf dem Vormarsch. Vor allem in den USA, wo eine Sättigung der Haushalte mit Abonnement-Video-on-Demand (SVoD) schon seit Jahren und erst recht seit dem verstärkten Video-Konsum während der Corona-Pandemie beobachtet wird.

Für die Anbietenden heißt das, entweder global zu expandieren, wie es etwa gerade eben NBCUniversal mit der Marke Peacock getan hat. Oder es wird das AVoD-Angebot vergrößert. Mit Tubi hat Fox Entertainment einen werbefinanzierten VoD-Dienst im US-Markt platziert und mit AVoD interessante Erfahrungen gemacht, niedergeschrieben im aktualisierten Jahresbericht "The Stream".

Generell gilt: Das Genre verzeichnet Wachstum bei Zuschauer:innen aller Bevölkerungsgruppen, die Nachrichten, Sport und Unterhaltung live oder auf Abruf streamen – egal ob im Abo oder kostenfrei dank Werbung.

 

Diese Thesen zu Streaming und Werbung stellt Tubi auf

  1. Das Publikum für kostenloses Streaming wird in den USA bis Mitte des Jahres größer sein als das für bezahltes Streaming.
    Das Unternehmen geht davon aus, dass sich die derzeitige Lücke in Höhe von rund fünf Prozent in den kommenden Monaten schließen und die Zahl der AVoD-User die der Streaming-Abonent:innen übertreffen wird.
    Dies sei auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen, darunter Abo-Müdigkeit, allgegenwärtige Hardware, die Suche nach Inhalten, die Abschaffung von Kabelanschlüssen und ein verbesserter Breitbandzugang, wie es heißt.
  2. Die Zahl der Zuschauenden, die kostenloses Streaming nutzen, nimmt unter gebildeten und besserverdienenden Menschen rasch zu.
    Das bedeutet aus Sicht der Fox-Familie, dass diese Zahl immer mehr dem nationalen Durchschnitt des US-Publikums entspricht. AVoD wird demnach vor allem von jungen Menschen genutzt (die im Vergleich zur Gesamtbevölkerung immer noch einen überdurchschnittlichen Index aufweisen), aber auch reifere, gebildete und wohlhabende Zielgruppen wachsen schnell.
    Tubi hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr in allen Publikumssegmenten zweistellige Zuwächse verzeichnet, wobei das größte Plus bei den gebildeten und wohlhabenden Zuschauer:innn zu verzeichnen war (Haushaltseinkommen über 100.000 Dollar).
  3. Kostenlose Streaming-Plattformen haben ein eigenes treues Publikum und überschneiden sich gleichzeitig mit SVoD.
    Will heißen: Streamer bevorzugen weiterhin bestimmte AVoD-Dienste als "Fernsehen der Wahl", während sie bei den Diensten, für die sie einen Abo-Preis zahlen, wählerisch sind. Zu den Faktoren, die die Auswahl von AVoD in einem überfüllten Markt bestimmen, gehören demnach Benutzerfreundlichkeit, Inhalte, Personalisierung und Benutzererfahrung.
    Derzeit ist mehr als ein Viertel (27 Prozent) der Tubi-Streamer bei keinem anderen großen AVoD-Dienst der USA zu erreichen: 78 Prozent sind nicht bei Peacock und 62 Prozent nicht bei Hulu. Obwohl 71 Prozent Netflix abonniert haben, sind sie derzeit für Werbung nicht erreichbar.
  4. Streaming wird das am schnellsten wachsende Videoformat sein, sowohl was die Zahl der Zuschauenden, als auch die Media-Investitionen angeht.
    Die Werbeausgaben für Connected TV und Over-the-Top (CTV/OTT) werden demnach weiter steigen. In "The Stream" heißt es, dass die Hälfte aller Internetnutzer:innen bis 2024 kostenlose Streaming-Dienste nutzen wird.
    Bis 2026 sollen sich die Einnahmen aus werbefinanziertem Video-on-Demand verdreifachen und in den USA 31,5 Milliarden Dollar erreichen.
  5. Das Streaming-Publikum wird immer empfänglicher für Werbung.
    Tubi hat nach eigenen Angaben eine der geringsten Werbeeinblendungen im AVoD-Bereich, nur vier bis sechs Minuten pro Betrachtungsstunde. Dies verschaffe den Werbungtreibenden einen höheren Wiedererkennungswert und eine bessere Erinnerung an die Marke in einem Umfeld, in dem die Zuschauer:innen am empfänglichsten seien, heißt es.
    Auf diesen Umstand führt das Team Tubi zurück, dass dessen Kundschaft mit zehn Prozent höherer Wahrscheinlichkeit als die US-Allgemeinbevölkerung angeben: "Ich sehe mir gerne Werbung an."

Der Fox-AVoD-Service bietet über 40.000 Filme und Fernsehsendungen, darunter eine wachsende Bibliothek von Originals, mehr als 100 lokale und Live-Nachrichten- und Sportkanäle sowie über 250 Unterhaltungspartner mit Inhalten von fast allen großen Hollywood-Studios. Gestreamt werden Filme, TV-Kanäle, Nachrichten und Sport, alles werbefinanziert und kostenlos.

 

Wie sieht es im deutschen Markt aus?

Hierzulande dominiert laut einer Deloitte-Analyse vom Sommer 2021 noch das Abo-basierte Video-on-Demand, während neben den USA auch im asiatisch-pazifischen Raum kostenloses Streaming dank Werbung auf dem Vormarsch ist.

Deloitte verweist im deutschen Markt auf "erste Versuche“ mit Plattformen wie TVNOW (RTL) oder Joyn (ProSiebenSat.1/Discovery) und nennt die Reaktionen der Studienteilnehmer:innen auf AVoD "durchaus vielversprechend“. Demnach würden altersübergreifend 50 Prozent werbefinanziertes Video-on-Demand nutzen. Ein Ergebnis, das eine Goldbach-Studie zu Advanced TV bestätigt.

Auf Seite der werbungtreibenden Wirtschaft steht die Ampel auch auf grün.

 

Der große boomende Bewegtbild-Sektor steht im Mittelpunkt des MTM-Specials Connect! The Future of TV, das die MEDIENTAGE MÜNCHEN mit den Partnern MEKmedia und der Deutschen TV-Plattform im Frühsommer veranstalten wird. Dort wird dann auch zum dritten Mal der Connect! The Smart TV Award verliehen.

Weitere Informationen und das Programm folgen in Kürze auf unserer Website.

 

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