Medientage München - Blog

Audio kann auch spielerisch und interaktiv

Geschrieben von Petra Schwegler | 01. Juli 2024

EarReality steht für immersive und interaktive Hörbücher, die den Zuhörer:innen erlauben, die Geschichten durch ihre Entscheidungen selbst zu gestalten. Die Audio-Beiträge gibt es kostenlos auf Plattformen wie Amazon Alexa, auf Smartphones und in Autos.
Hinter dem Startup aus Baden-Württemberg steht Gründer und Geschäftsführer Christian Mahnke. Im Interview mit dem Blog der MEDIENTAGE MÜNCHEN beschwört der Audio-Unternehmer die große Bedeutung der engagierten Community und von Co-Autor:innen, die das wachsende Angebot von EarReality prägen und mittragen.

 

Audio, Games und Communities: Ihr führt mit EarReality gleich drei zukunftsfähige Trendthemen zu interaktiven Hörbüchern mit Spielecharakter zusammen. Wie kommt das Angebot bei Usern an?

Ziemlich gut, würde ich sagen. Über alle Plattformen hinweg erreichen wir pro Jahr rund 110.000 User mit interaktiven Hörbüchern. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,8 von 5 Sternen und in den Reviews gibt es außerordentlich viel Lob für das Format an sich.

Doch wir stehen als Pioniere in einer Nische am Anfang einer Reise und entwickeln den spannenden interaktiven Audio-Markt gerade erst. Wir können unsere Stories nicht über die großen Streamer wie Spotify oder Audible veröffentlichen, da deren Plattformen keine Interaktivität anbieten. Reichweite und Sichtbarkeit sind daher ausbaufähig; interaktive Hörbücher sind für viele Menschen noch unbekannt.

Dafür belegt das User-Feedback eindeutig, dass interaktive Audio-Formate begeistern und zur aktiven Teilnahme anregen. Besonders die Möglichkeit, den Verlauf der Geschichte durch eigene Entscheidungen zu beeinflussen, kommt sehr gut an.

Unsere Daten zeigen eine hohe Nutzerbindung, Durchspielrate und Wiederkehrrate, was die Beliebtheit unserer Formate unterstreicht.

Kleiner Fun Fact: Ich habe vorhin eine E-Mail erhalten, in der ein User fragte, wie er in einem unserer interaktiven Hörbücher das bestmögliche Ende erreichen könne. Das war ihm trotz mehrfachen Durchspielens der Story nämlich nicht gelungen.

Wenn Nutzer:innen sich derart intensiv mit Content auseinandersetzen, ist das ein starkes Signal für gelungene Bindung, Engagement und Identifikation. Und ja, wir haben dem leidenschaftlichen Nutzer natürlich hilfreiche Tipps gegeben.

 

Die Hör-Spielenden können selbst ihre Ideen beisteuern. Wie funktioniert das und wie unterstützt Ihr diese Community?

Wir fördern aktiv die Beteiligung unserer Community: Nutzer:innen können ihre Ideen und Vorschläge über verschiedene Kanäle einreichen, darunter Discord, Social Media, Reviews oder per E-Mail. Für unsere App steht auch schon eine direkte Feedback-Option auf der Roadmap.

Zudem bieten wir Workshops und Tutorials an, um Game Writer, Narrative Designer, Marketer, Redakteure und angehende Autoren zu unterstützen, ihre Fähigkeiten im Bereich interaktives Storytelling zu erweitern und unsere Game Engine TWIST kennenzulernen. Mit ihr lassen sich interaktive Audio-Formate sehr leicht erstellen und veröffentlichen.

Besonders unsere “Get Your Story Done”-Webinare kommen gut an. Rund 50 Autor:innen haben die Workshops bereits durchlaufen und ihre eigenen interaktiven Hörbücher produziert, die wir dann in unserem Portal TWIST Tales veröffentlichen. Diese Autor:innen stellen wir zudem in unserem Blog “5 Tips on Writing” ins Rampenlicht. Dort können sie ihr Wissen über Game Writing mit allen Interessierten aus der Branche teilen.

Und schließlich haben wir ja auch noch unseren Discord-Server, auf dem wir und unsere Storytelling Coaches in ständigem Austausch mit den Autor:innen und Workshop-Teilnehmer:innen stehen. Der ist zwar noch im Aufbau, genau wie das Autor:innen-Portfolio, das wir noch im Juli auf unserer Webseite veröffentlichen werden.

Das Engagement, die Ideen und die Ambitionen unserer Community sind eine wertvolle Unterstützung. Es ist einfach so: Du kriegst, was du gibst.

 

EarReality ist bei Amazon Alexa, auf Discord oder übers Web zu finden und neuerdings auch auf Euerer App TWIST Tales auf Smartphones präsent. Worin liegen die Vorteile?

Über die App können Nutzer:innen jederzeit und überall auf unsere interaktiven Hörbücher zugreifen. Sie bietet die Möglichkeit, die Stories wahlweise zu lesen oder zu hören und sie über Buttons oder über Spracheingabe zu steuern. Vor allem Letzteres macht das Hörerlebnis immersiver und benutzerfreundlicher. Darüber hinaus lassen sich in der TWIST Tales App mehrere Spielstände zwischenspeichern.

Der größte Vorteil dürfte aber in den Synergien zwischen Autor:innen, Game Studios und Marken auf der einen sowie den Spieler:innen auf der anderen Seite bestehen. Wir haben Banner, die beispielsweise zu den Steam-Store-Seiten der Video Games führen, zu denen einige interaktive Hörbücher erstellt wurden.

Dadurch können die User bei Interesse direkt zu weiterführenden Angeboten gelangen. Dass das auch im Sinne der Content-Erstellenden ist, umso besser. Denn dann werden diese natürlich weiter interaktive Audio-Inhalte für TWIST Tales erstellen. So ist die App bereits ein wichtiger Baustein für die funktionierende Beziehung zwischen Produzent und Konsument:innen.

 

Reden wir mal über Geld: Verdienen Eure Autor:innen an ihren Stories?

Ja, Autor:innen und Brand Partner können auf unserer Plattform demnächst Umsätze erzielen. Dazu führen wir noch im Juli "Single Story Buys" innerhalb der App ein. Ein Abo-Model ist für eine spätere Marktphase geplant. Im Augenblick rollen wir aber erst einmal dieses Feature aus und befragen unsere User, wie sie damit zurechtkommen. Mit den Erkenntnissen wollen wir dann weitere Anreize für Autor:innen, aber vor allem auch für Indie-Game-Studios schaffen, weitere Stories zu produzieren und zu veröffentlichen.

Es gilt auch hier, das Beste für beide Seiten zu erreichen. Dazu gehört, weitere Monetarisierungsmöglichkeiten mitzudenken: von Merchandise und Upsells bis hin zu Umsätzen über interaktive Audio Ads. Als Startup werden wir diese Pläne zwar in kleinen, dafür aber umso gründlicheren Schritten umsetzen.

Der spielerische Audio-Part stammt aus dem Hause EarReality (Motiv: Unternehmen)

 

Eure Zielgruppe dürfte digital, jung, urban und männlich sein. Genau diese Menschen sind bei der Werbewirtschaft gefragt – habt Ihr einen Mediaplan?

Unsere Zielgruppe ist in der Tat digital affin und sehr engagiert. Wir haben bereits erste Schritte in Richtung gezielte Werbung und Kooperationen mit relevanten Marken gemacht. Unser Fokus liegt darauf, durch maßgeschneiderte Marketingstrategien und datenbasierte Ansätze die Reichweite und den Einfluss unserer Plattform zu vergrößern.

Dazu zählen neben dem Ausbau der Community an Autor:innen und Spieler:innen vor allem unsere Workshops und Webinare, die die Einstiegshürde senken und uns zu mehr Sichtbarkeit verhelfen. Diese Marketingmaßnahme werden wir aufgrund der Erfolge weiter ausbauen.

Das Potenzial ist für Gamestudios und Entertainment-Firmen unglaublich hoch.

 

Euer Schnittstellen-Angebot ist wie gemacht für die Zusammenarbeit mit verschiedenen Branchen. Gibt es entsprechende Pläne?

Wir verhandeln bereits mit Gaming-Studios, Verlagen, Unternehmen, die sich für Brand Storytelling oder Gamification interessieren. Aber auch mit politischen Institutionen und Bildungsinstitutionen sprechen wir, um interaktive Inhalte zu entwickeln und anzubieten, die beispielsweise die Demokratie stärken könnten.

Studien belegen, dass interaktive Formate das kritische Denkvermögen fördern und zu Reflektion anregen. Das ist nicht nur spannend, sondern nach unserer Meinung auch äußerst wichtig. Diese Partnerschaften sollen nicht nur unser Portfolio erweitern, sondern auch neue Zielgruppen erschließen und die Nutzungsmöglichkeiten unserer Plattform weiter ausbauen.

Gleichzeitig sind wir aber auch in Gesprächen mit möglichen Plattformpartnern. Dazu gehören natürlich Verlage und Audio-Streamer sowie Firmen aus dem Automotive-Bereich. Das Thema In-Car-Entertainment und In-Car-Gaming hatten wir bereits bei unserer Gründung 2019 auf dem Schirm. Wir dürften die einzige Gaming Experience bieten, die aufgrund der Spracherkennung während der Autofahrt auch von Fahrer:innen gespielt werden kann. Zudem kann unsere App über Bluetooth Connect auf jedes Entertainment-System in Fahrzeugen zugreifen.

Genaueres dürfen wir an dieser Stelle nicht sagen: Doch man darf gespannt sein, was da vielleicht schon demnächst ins Rollen kommt.

 

Zur Person:

2017 gründete Christian Mahnke (Foto oben, CR: EarReality) seine eigene Firma – EarReality – um interaktive Geschichten beziehungsweise Hörbücher schreiben zu können. Die Geschichte „Der Zauberwald“ und damit auch seine allererste interaktive Geschichte wurde von über 100.000 Spielern als interaktives Hörbuch aufgenommen. Mit der interaktiven Fantasy-Geschichte "Der Eiserne Falke" (Motiv unten) erreicht der Gründer und Geschäftsführer von EarReality bei der Amazon Alexa Games Skill Challenge 2018 den ersten Platz.

 

Die Zusammenfassungen wichtiger Panel-Diskussionen sowie Bildmaterial der 37. MEDIENTAGE MÜNCHEN stehen in der Mediathek der Medientage-Homepage und auch im Blog der Medientage bereit.

Die Medienthemen können auch gehört werden: im Podcast der Medientage München.