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Bleibt das oder geht das wieder weg? Die Mediennutzung der GenZ

Geschrieben von Regina Deck // BLM | 19. April 2022

Die Generation Z nutzt Medien län­ger, mehr und intensiver als jede Generation im selben Alter vorher. Mehr Video statt Audio, mehr Streaming, die steigende Relevanz sozialer Medien und eine besonders geringe Leseaffinität kennzeichnen die Mediennutzung der heute 14- bis 29-Jährigen.
Medienforscherin Regina Deck hat für die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) die Nutzungsmuster der Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter die Lupe genommen.

Kaum eine Variable erklärt die Unterschiede, wie Menschen Medien nutzen, so stark wie das Alter. Diese scheinbar triviale Feststellung zieht sich durch alle Studien. Besonders auffällig setzen sich dabei meist Jugendliche und junge Erwachsene vom Durchschnitt der Bevölkerung und noch deutlicher von höheren Altersgruppen ab.

Woran das liegt?

Die unteren Altersdekaden sind es, die neue Trends am ehesten und stärksten aufnehmen. Ältere Gruppen folgen diesen, wenn überhaupt, erst mit zeitlichem Verzug. Weil sie die ersten sind und weil sie in ihrer Rolle als Trendsetter als besonders prognoserelevant gelten, nimmt die Medienforschung sie in den Blick.

 

Generation Z: Nicht homogen, aber von Kindesbeinen an mit digitalen Technologien aufgewachsen

Vorweg: Natürlich gab es nie die 14- bis 29-Jährigen und es gibt sie auch heute nicht als Altersgruppe oder gar Generation, die sich durch ein homogenes Nutzungsmuster von den älteren Jahrgängen unterscheidet. Die heute unter 30-Jährigen eint aber die Tatsache, dass sie den aktuellen technischen Wandel nicht als Umbruch wahrgenommen haben.

Vielmehr handelt es sich bei ihnen bereits um die zweite Generation, die mehr oder weniger ins digitale Zeitalter hineingeboren wurde. Die Geburtenjahrgänge zwischen 1995 und 2010, die häufig als „Generation Z“ (Gen Z) bezeichnet werden, sind die ersten, die von Kindesbeinen an mit digitalen Technologien aufgewachsen sind. Ihre Sozialisation fand und findet in einer rundum digitalisierten Medienwelt statt mit technischen Möglichkeiten und einem Medienangebot, das es in dieser Anzahl, Vielfalt und Ausdifferenzierung bislang nicht gab.

 

Gen Z mit höchster und intensivster Mediennutzung „ever“

Mit täglich über sieben Stunden privater Internetnutzung setzen sich die in den 2000er Jahren Ge­borenen noch einmal deutlich von der vorangegangenen Generation ab. Die aktuellsten Längsschnittanalysen der MK Langzeitstudie dokumentieren im Jahr 2020 für die 14- bis 29-Jährigen eine Brutto-Nutzungsdauer für Video, Audio, Text und Internet von 621 Minuten. Das ist im Vergleich zu den Ergebnissen 2015 rund eine Stunde mehr.

Das Netto-Zeitbudget (ohne Überschneidungen) hingegen hat sich mit jeweils etwas weniger als achteinhalb Stunden kaum verändert. Es ist also zu einer zunehmenden Verdichtung der Mediennutzung gekommen, nämlich einer Parallelnutzung von zwei Stunden pro Tag.

Die Parallelnutzung hat dabei nicht nur ein bislang noch nie dagewesenes Ausmaß angenommen. Erstmals weist die ARD/ZDF-Massenkommunikation Langzeitstudie 2020 für die heute Jüngsten über alle Generationen hinweg die höchste Brutto-Nutzungsdauer aus. Dabei zeigten schon die Veröffentlichungen der letzten Jahre, dass jede „neue“, in der Studie ausgewiesene Gruppe in einem Durchschnittsalter von 15 Jahren ein höheres Zeitbudget für die Mediennutzung – und zwar brutto wie netto – aufweist als die Generationen zuvor.

 

Prägende Merkmale: Smartphone und Social Media

Der enorme Anstieg der Internetnutzung nimmt nicht nur Einfluss auf die Mediennutzung, sondern auf den gesamten Alltag. Die Abgrenzung zwi­schen der realen und virtuellen Welt verschwimmt, weil sie praktisch ununterbrochen online und mit ihrem Netzwerk verbunden sind. Neben dem Smartphone gilt daher Social Media als prägendes Merkmal der Gen Z.

Laut der Mediengewichtungsstudie 2021-1 der Medienanstalten nutzen fast alle der 14- bis 29-Jährigen täglich Soziale Medien. Schließt man jene in dieser Altersgruppe aus, die Social Media-Dienste ausschließlich zur privaten Kommunika­tion nut­zen, erreichen unterhaltende und informierende Inhalte an einem Durchschnittstag 86 Pro­zent der 14- bis 29-Jährigen in Deutschland über Soziale Medien.

Mit Abstand die höchste „mediale“ Tagesreichweite haben YouTube (66 Prozent) und Instagram (58 Prozent). Auf den weiteren Plätzen der Top 5 folgen Facebook, WhatsApp und TikTok.



Die neue „Gen Video“ verbringt doppelt so viel Zeit bei Netflix & Co. wie mit linearem Fernsehen

Mit Blick auf die Verteilung der Mediennutzung auf Video, Audio und Text zeichnet sich in den jeweils jüngsten Altersgruppen seit Jahren eine Verschiebung Richtung Bewegtbild ab. Seit dem vergangenen Jahr beansprucht Video schließlich bei den 14- bis 29-Jährigen einen größeren Anteil des Zeitbudgets für sich als Audio.

Doch das „Lagerfeuer­er­lebnis“ rund um das TV-Gerät lockt die Generation Z kaum noch. Das lineare Fernsehen verliert weiterhin rasant Zuschauerinnen und Zuschauer zwischen 14 und 29 Jahren, wie auch die Ergebnisse der Massenkommunikations-Studie für 2019 bis 2021 zeigen. Mit einem Anteil von 44 Prozent verbringen unter 30-Jährige 2021 bereits doppelt so viel Zeit auf Netflix, Amazon Prime Video und Co. (83 Minuten pro Tag) wie mit linearem Fernsehen (41 Minuten).

 

Podcasts mit Potenzial, Audio-Boom schlägt sich (noch) nicht mit einem Plus im Zeitbudget nieder

Wenn ein Format sinnbildlich für den seit einigen Jahren diagnostizierten Audio-Boom steht, dann sind es Podcasts. Ähnlich wie bei der Video-on-Demand-Nutzung zeigen auch hier die Jugendlichen und jungen Erwachsenen die höchsten Werte. Mit einem Anteil von 32 Prozent hö­ren laut dem Online-Audio-Monitor (OAM) 2021 fast doppelt so viele 14- bis 29-Jährige wöchentlich Podcasts wie in der Bevölkerung ab 14 Jahren ge­samt.

Aber auch wenn Podcasts immer beliebter werden, schlägt sich die Nutzung des Audio-Formats bislang noch sehr verhalten im Zeitbudget nieder. Immerhin drei Prozent ihrer Audiozeit verbringen ab 14-Jährige an einem Durchschnittstag aktuell mit Podcasts oder Radiosendungen zum Nachhö­ren.

Bei den 14-bis 29-Jährigen beläuft sich die Podcasts-Hördauer mittlerweile auf acht Mi­nuten. Das ist doppelt so lange wie im Vorjahr und entspricht einem Anteil am Zeitbudget für Audio gesamt von fünf Prozent.

Man darf gespannt sein, was die nächsten Ergebnisse bringen.

 

Über die Hälfte ihrer Audiozeit verbringt die Gen Z auf YouTube, Spotify & Co.

Während Podcasts gerade aus den Startlöchern raus sind, ist Musikstreaming schon lange ange­kommen – und mit ihnen die Plattformgiganten. Laut dem OAM 2021 hören rund 60 Prozent der Bevöl­kerung ab 14 Jahren in Deutschland zumindest gelegentlich Musik über das Internet. Auch hier bestätigt sich, dass die zeitsouveräne Nutzung (noch) überwiegend das Metier der Jüngeren ist. Rund vier von fünf 14- bis 29-Jährigen hören mindestens einmal pro Woche Musik über das Internet (79,0 Prozent).

Auch wenn sich die Situation für Audio – in erster Linie Corona-bedingt – nicht ganz so eindeutig darstellt wie im Bereich Video, wird ersichtlich, wohin die Reise der 14- bis 29-Jährigen hingeht: Sie investieren immer mehr Zeit in Streamingdienste wie YouTube und Spotify, nämlich seit dem letzten Jahr über die Hälfte ihres gesamten Audio-Zeitbudgets.

 

Soziale Medien sind wichtigster Touchpoint für die Textnutzung

Als Spotify (2012) und Netflix (2014) in den deutschen Markt eintraten, war die Krise der Printmedien und mit ihnen die des gesamten Journalismus bereits in aller Munde und Gegenstand der Forschung. Rund 30 Jahre zuvor nämlich hatte sich der Abwärtstrend bereits in Gang gesetzt und hält seither nahezu kontinuierlich an.

Diese Entwicklung ist auch darin begründet: Über die vergangenen Jahrzehnte lässt sich feststellen, dass jede neue Generation weniger liest als die Generation vor ihr, und die ab 1980 Geborenen und da­mit auch die heute 14- bis 29-Jährigen sich durch eine besonders geringe Leseaffinität auszeichnen.

Gedruckte Tageszeitungen und Zeitschriften spielen in der Mediennutzung der 14- bis 29-Jährigen laut der ARD/ZDF-Studie Massenkommunikation kaum mehr eine Rolle. Im Jahr 2020 lasen nur noch sechs Prozent der 14- bis 29-Jährigen täglich gedruckte Zeitungen und Zeitschriften, im Jahr 2021 hat sich die Tagesreichweite nochmals halbiert. Stattdessen greifen immer mehr auf die Online-Angebote der klassischen Printmedien und genuiner Internet­dienste zu.

Wichtigste „Textquelle“ für die Genz Z sind mittlerweile Soziale Medien. Artikel und Texte, die über Facebook, Instagram und andere Soziale Medien ver­breitet werden, erreichen täglich etwa 16 Prozent der 14- bis 29-Jährigen und damit deutlich mehr als die Websites und Apps von Zeitungen und Zeitschriften (6 Prozent).

 

Fazit: Vieles bleibt – Wachstumsdynamiken haben sich bereits verschoben

Dass die heute 14- bis 29-Jährigen Medien anders nutzen, ist nicht allein eine Folge ihres jungen Alters, sondern hängt auch damit zusammen, dass ihre Sozialisation in einer rundum digitalisierten Medienwelt stattfand (und –findet) mit technischen Möglichkeiten und einem Medienangebot, das es in dieser Anzahl, Vielfalt und Ausdifferenzierung bislang nicht gab. Die einschneidenden Marktveränderungen nehmen mittlerweile aber auch zu­nehmend Einfluss auf die Mediennutzung in den älteren Jahrgängen.

Die aktuellsten Entwicklun­gen lassen vielmehr die Frage aufkommen, ob in der Altersgruppe 14 bis 29 Jahre die Nut­zung bestimmter Medienangebote wie beispielsweise von Streamingdiensten nicht bereits erste Sätti­gungseffekte zeigt, und auch deshalb die größten Dynamiken in der mittleren Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen zu beobachten sind.

Bezüglich des Medienrepertoires der 14- bis 29-Jährigen zeichnet sich – wie altersübergreifend in der Gesamtbevölkerung – eine Verschiebung Richtung Video ab. Ihre Videonutzung findet schwerpunktmäßig über das Internet statt. Die Verschiebung der Videonutzung ins Internet nimmt aber auch in der mittleren Al­tersgruppe 30 bis 49 Jahre deutlich Fahrt auf.

Mit dem Bedeutungsgewinn von Video geht ein schleichender Rückgang des Stellenwertes von Au­dio einher, wobei sich die Situation über die letzten beiden Jahre weniger klar dar­stellt. Mit Blick auf die einzelnen Kohorten gilt: Je jünger, desto höher der Anteil an non-linearer Nutzung. Allerdings ist es wie im Bereich Video mittlerweile auch im Audiobereich die mittlere Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen, in der sich die Zunahme der non-linearen Nutzung dynamisch nach oben entwickelt.

Die Textnutzung bleibt in der Gesamtbevölkerung von den Entwicklungen bei Video und Audio weit­gehend unberührt und transformiert sich, von Büchern abgesehen, innerhalb ins Digitale.

Die steigende Relevanz von Sozialen Medien auch für mediale Inhalte ist (noch) ein spezifisches und vergleichsweise neues Teil im Nutzungsmuster der 14- bis 29-Jährigen. Social Media und Smartphone sind auch maßgeblich verantwortlich dafür, dass die Mediennutzung der Generation Z aktuell im Längsschnitt wie im Querschnitt im Vergleich zu allen anderen Jahrgängen die höchste ist. Möglich ist das, weil ein großer Teil der Nutzung von medialen Inhalten parallel zu anderen In­ternet-Anwendungen stattfindet.

Ob YouTube, Instagram, Facebook und andere Soziale Medien auch künftig bei den heute 14- bis 29-Jährigen einen so hohen Stellenwert haben werden, bleibt abzu­warten. So viel kann aber mit Sicherheit gesagt werden: Die Generation Z nutzt Medien län­ger, mehr und intensiver als jede Generation im selben Alter vorher.

 Die ausführliche Fassung des Textes ist im aktuellen KEK-Bericht zu finden.

 

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