Medientage München - Blog

Die Schnittmengen von Medien und Gesundheit

Geschrieben von Petra Schwegler | 25. Mai 2022

Medien und Gesundheit: Dieses Zusammenspiel war Thema des Events MEDIA meets HEALTH im MedienNetzwerk Bayern. Deutlich wurde, wie sehr die Bedeutung der jeweils anderen Branche für beide Seiten in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Medien wirken unmittelbar auf unsere Gesundheit – XR hilft bei der Schmerztherapie, negative News lösen Lähmung und Ohnmacht beim Publikum aus. Im Gegenzug lassen sich mit Gesundheitsthemen in den Medien gutes Geld verdienen. Ein Überblick.

Die Schnittmengen der Medien- und der Gesundheitsbranche versprechen „ein riesiges Zukunftsfeld“, machte Dr. Florian Herrmann, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien in seinem Grußwort zu MEDIA meets HEALTH deutlich.

Teilnehmerinnen wie Juliane Reichwein, Business Development und Partner Relations der Verlagsgruppe Droemer Knaur sowie dem Projekt einfachganzleben.de, bestätigten dies. Dabei sei der „Podcast eines der vielversprechendsten Formate“ auf dem Weg zu neuen Erlösen.

Die Apotheken Umschau aus dem bayerischen Wort & Bild Verlag bleibt bei ihrem „Erfolgsrezept, das schon sehr, sehr lange auf evidenzbasierte Gesundheitskommunikation setzt. Das unterscheidet uns von vielen anderen Gesundheitsinformationen, die Menschen zum Beispiel im Internet suchen,“ erklärte Chefredakteurin Julia Rotherbl (Foto oben). Und: „Wir verdienen mit Print immer noch sehr viel Geld“, berichtete die Blattmacherin, die mit ihrem Team den Titel gerade relauncht hat. Derzeit würden viele Daten ausgewertet, die mit neuen digitalen Produkten während der harten Corona-Phase angesammelt wurden. Rotherbl: „Wir haben extrem viel ausprobiert“, darunter Videoformate, News auf der Seite und Podcasts. Jetzt sei der Verlag dabei, daraus Learnings zu ziehen.



Die Verantwortung der Medien

Umfangreich thematisiert wurde bei MEDIA meets Health im Gegenzug die Auswirkungen von Medien vor allem auf die mentale Gesundheit und die Verantwortung, die Medien tragen. Negative Nachrichten können Lähmung und Ohnmacht beim Publikum auslösen, ebenso bei den Macher:innen, wie die Keynote des Events von Ronja von Wurmb-Seibel verdeutlichte. Die Journalistin, Filmemacherin und Autorin plädierte daher für konstruktiven Journalimus, für ein Darstellung von negativen Themen und Problemen immer im Kontext von „Sch…e plus X“. „Es geht darum, einen ersten Schritt aufzuzeigen, um aus dem Ohnmachtsgefühl herauszukommen“, so Wurmb-Seibel.“ Das „X“ könne eine Lösungsperspektive aufzeigen.

Daneben können User Orientierung und Hilfe bei Medienangebote suchen, die für Tiefgang und sensiblen Journalismus stehen. Alexander Nusselt, Host des Podcasts der noch jungen Münchner Goldkind Stiftung für Kinder aus dysfunktionalen Familien, wäre als Kind froh gewesen, so ein Angebot zu haben: „Es geht darum, jungen Hörer:innen oder auch dem Lehrpersonal die Probleme bewusst zu machen und Hilfsangebote aufzuzeigen.“

Für Dorothea Siegle, Chefredakteurin des Print-Branchenprimus Psychologie Heute, hat sich seit Gründung im Jahr 1974 viel getan. Themen wie Depression seien heute breit gesellschaftlich akzeptiert. Für sie und ihr Team sei aber stets selbstverständlich, „dass wir hinter dem Hashtag die tiefgreifende Erklärung liefern“. 

Dorothea Siegle und Moderator Andreas Unger (Foto: MedienNetzwerk Bayern)

Wichtig sei für die Autor:innen eine gute Ausbildung im Bereich der Health-Kommunikation. Siegle: „Wir sehen unsere Aufgabe darin, auch zu helfen.“ Auch im Marketing spiele Empathie und Achtsamkeit inzwischen eine große Rolle, wie Stephanie Heuser, Geschäftsführerin der Frankfurter Agentur Pink Carrots im Rahmen des Events berichtete. Zumal gerade die Pharmabranche auch unter der Lupe des Greenwashings genau beobachtet werde.
 


Wo Sprache sensibler werden muss

Einen wichtigen Aspekt lieferte die Abschluss-Keynote von Prof. Dr. Ulrich Hegerl, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Der Psychiater und Psychologe setzte sich für einen anderen medialen Umgang mit dem Begriff „Depressionen“ ein: "Die Depression ist eine Erkrankung des Gehirns. Sie ist keine Reaktion auf eine Lebenssituation." Und – Suizide seien oft keine freie Entscheidung, sondern durch Wahrnehmungsverzerrungen psychischer Erkrankungen geprägt.

Alles in allem, schloss Hegerl, müssten einfache Erklärungen für Depressionen unbedingt vermieden werden. Die Stiftung deutsche Depressionshilfe unterstützt hier bei der Aufklärung und berät unter anderem das gemeinsame Podcast-Projekt mit NDRinfo „Raus aus der Depression“ unter der Schirmherrschaft von Harald Schmidt.

Prof. Dr. Ulrich Hegerl (Foto: MedienNetzwerk Bayern)

Wie Medienmacher:innen besser über Depression und Suizid berichten, darüber schaltete sich Walter Kohl dazu, dessen Mutter sich das Leben genommen hat. Der Coach mit der Herzensangelegenheit, Menschen und Organisationen zu stärken – war selbst schon Gast im Podcast „Raus aus der Depression“. Er beklagte, dass der Suizid medial extrem breitgetreten wurde. Er riet den Medienmachenden dazu, hier Sensationsjournalismus zu vermeiden, nicht zu spekulieren und möglichst „reduziert“ zu berichten.

Walter Kohl: „Schreibt so, als ob es euer Freund, eure Mutter, euer Partner, euer Kind wäre. Schreibt so, als ob ihr eine Beziehung zu der Person hättet, als ob sie euch etwas bedeutet hätte.“

Hier geht es zur Nachlese des Events im Liveblog – zusätzlich mit vielen Aspekten, was Medientechniken für die Gesundheit der Menschen tun können.

Interessiert an Themen rund um die Medienbranche? Dann ist hier im Blog der Medientage München noch mehr Lesenswertes zu finden. Zudem können Medienthemen auch gehört werden: im Podcast der Medientage München.



Darüber hinaus stehen Zusammenfassungen vieler Sessions der 35. MEDIENTAGE MÜNCHEN sowie Bildmaterial in der Mediathek der Medientage-Homepage bereit.