Das smarte TV-Gerät macht den Medienbruch hinfällig, lineares Fernsehen und Streaming sind in immer mehr Haushalten auf dem großen Bildschirm vereint. Doch es gibt beim Publikum Tendenzen, wenn es um die Wahl der Quelle geht. Das wurde im Rahmen des TV- und Streaming-Tracks der MEDIENTAGE MÜNCHEN 2022 deutlich, untermauert von Studien.
„Lineares TV bleibt Informationsanker“: So betitelt aktuell das Team der RTL AdAlliance die 29. Ausgabe ihrer TV Key Facts.
Das lineare Fernsehen bleibe die am häufigsten von Europäern wöchentlich konsumierte Quelle für Videoinhalte, heißt es in dem Werk, das Daten von nationalen und internationalen TV-Sendern auf zahlreichen Plattformen in 35 Ländern weltweit zusammenführt – sowohl für das Fernsehen als auch für den digitalen Bereich.
Der Studie von RTL AdAlliance zufolge ist die durchschnittliche tägliche Fernsehdauer nach wie vor hoch, auch wenn sie nach dem Höhepunkt der Pandemie rückläufig ist. „Weltweit liegt die durchschnittliche tägliche Fernsehdauer bei 2 Stunden, 36 Minuten, während sie in Europa bei 3 Stunden, 40 Minuten und in Nordamerika bei 3 Stunden, 5 Minuten liegt“, heiß es.
Stéphane Coruble, Chief Executive Officer des Werbe- und Vermarktungsverbunds: "Die Erkenntnisse des Berichts TV Key Facts 2022 geben Aufschluss darüber, wie Menschen Fernsehen konsumieren und mit dem Kanal interagieren. Zudem unterstreichen sie, dass sich die Beliebtheit der wichtigsten TV-Genres von Jahr zu Jahr ändert."
Egal, ob TV oder Stream: Die TV Key Facts zeigen auf, dass der Videokonsum fortwährend im Mittelpunkt unserer häuslichen Aktivitäten steht – dieser gilt als die wichtigste Aktivität zuhause (54 Prozent), dicht gefolgt vom Surfen im Internet und der Nutzung von sozialen Netzwerken (49 Prozent) sowie Gartenarbeit, Putzen und Heimwerken (44 Prozent).
Die Streaming-Anbieter mischen bei diesen Veränderungen und Verlagerungen der Vorlieben kräftig mit. So versprach Sabine Anger, verantwortliche Managerin bei Paramount+, im Rahmen der #MTM22, den richtigen Mix finden zu wollen – aus Reality, Dokumentationen und fiktionalen Angeboten. Verstärkt setze man auf eigene Produktionen in allen Bereichen. Sie sollten möglichst relevant für den jeweiligen lokalen Markt sein, aber auch international funktionieren.
(Foto: Medien.Bayern GmbH, David-Pierce Brill, Janine Riekher, Alexander von Spreti).
Ryan Pirozzi, Co-Head of Content and Programming Amazon Freevee, legte noch eins drauf: „Natürlich erfassen wir auch Kund:innen- und Nutzer:innendaten.“ Das sei der beste Weg, um den Service noch besser und zielgruppengenau zu gestalten.
„Aus all den Daten lernen wir, was sich die Nutzer:innen wirklich wünschen. Zudem bietet Amazon nun verschiedenste Formen des Streamings an, sodass wir in den kommenden Jahren eine maximale Marktabdeckung erreichen werden – und dabei gleichzeitig die Qualität des Angebots schrittweise erhöhen“, sagte der Streaming-Manager über das neue werbefinanzierte Amazon-Angebot.
Klar wurde bei den #MTM22, dass der Konkurrenzkampf um Zuschauende in eine neue Phase eintreten wird: Mediennutzer:innen in Deutschland zeigen sich aufgeschlossen gegenüber neuen werbebasierten Streaming-Angeboten wie AVoD (Ad-Supported Video on Demand) und FAST (Free-Ad-Supported Video on Demand), wie Ralf Esser, Leiter Industry Insights von Deloitte bei der Konferenz zusammenfasste.
Es herrsche vor allem bei jüngeren Zielgruppen, insbesondere bei den 18- bis 34-jährigen, wachsendes Interesse. Deloitte hat mit seinem Digital Consumer Trend Survey 2022 festgestellt, dass 16 Prozent der 2.000 Befragten in der deutschen Teilstichprobe Interesse an rein werbefinanziertem Streaming haben, auf der Basis von 10 Minuten Werbung pro Stunde.
Sowohl Stefanie Jäckel, die als Chief Strategy Officer der AdAlliance unter anderem die Vermarktungsstrategien der RTL-Gruppe verantwortet, als auch Henrik Pabst, Chief Content Officer und Geschäftsführer bei der SevenOne Entertainment Group, räumten ein, dass sich lineares TV unweigerlich zu einem Angebot unter vielen entwickeln werde (Foto oben v.l.: Klaus Böhm, Henrik Pabst, Stefanie Jäckel, Thorsten Gabriel; Credit - Medien.Bayern GmbH, David-Pierce Brill, Janine Riekher, Alexander von Spreti).
Jäckel fürchtete die Konkurrenz durch werbebasierte Streaming-Angebote nicht. Sie schätzte, dass der Wert von Bewegtbildangeboten durch die starke Nachfrage seitens der Konsument:innen steigen werde und damit mehr Geld in den Videomarkt komme.
Fest steht: Das Genre entscheidet inzwischen über TV oder Stream, der User kann vor dem TV-Gerät alle Quellen nutzen. Sowohl Medienunternehmen als auch Vermarkter und Werbetreibende wollen dabei mitziehen; sie wünschen sich, dass auch die neuen Streaming-Angebote in Deutschland der AGF Videoforschung beitreten und so eine kanal- und plattformübergreifende Reichweitenmetrik ermöglichen. Das wurde bei den Medientagen München deutlich.
Die Zusammenfassungen wichtiger Panel-Diskussionen sowie Bildmaterial der 36. MEDIENTAGE MÜNCHEN stehen in der Mediathek der Medientage-Homepage und auch im Blog der Medientage bereit.
Die Medienthemen können auch gehört werden: im Podcast der Medientage München.