Fast drei Viertel der Deutschen ab 14 Jahren werden (noch) von Zeitschríften erreicht, nahezu jeder Zweite liest täglich seine Zeitung. Die MA-Zahlen für die Gattung Print offenbaren viel über das heutige Leseverhalten. Doch sie werfen gerade im Magazin-Segment auch viele Fragen auf. Hier eine Einordnung des Zahlenwerks.
Einmal mehr sorgt im Sommer die Diskrepanz zwischen verkaufter Auflage und der Reichweite bei Leser:innen von Zeitschriften für Fragezeichen. Rechenbeispiele wie jenes von CHIP treiben Fachjournalist:innen um: Kann es sein, dass die im Schnitt 1,88 Millionen Deutschen ab 14 Jahren aus der ma pressemedien hinter nicht einmal 70.000 verkauften und von der IVW registrierten Exemplaren des Computermagazins stehen? Inklusive E-Paper.
Klar ist, dass die IVW-Werte auf harten Vertriebszahlen basieren. Die ag.ma befragt indes jeweils 20.000 Menschen in zwei Wellen, teilt das Ergebnis nach Tageszeitungen (ma 2023 Tageszeitungen) und Zeitschriften (ma 2023 pressemedien II) auf.
Die IVW gibt damit Aussagen über die Erlöslage der Printbranche preis. Die MA macht eher Trends deutlich. Interessante Trends, aus denen hervorgeht, dass sich trotz nachlassender Gesamtreichweite immer noch viele Menschen beim TV- und Streaming-Programm nicht allein auf elektronische Guides und Startseiten der Bewegtbildanbieter verlassen. Oder dass Spiegel und Co noch bei einem knappen Drittel der Deutschen zum Medienkonsum dazugehört. Und dass Frauen sich mehr verschiedene Titel zur Hand nehmen als Männer.
Immerhin verlieren zwei Drittel der Zeitschriftentitel auch in der Print-MA an Reichweite. Doch der Vergleich mit den harten Auflagenzahlen aus der IVW, die für viele Zeitschriften und Zeitungen nach unten zeigen, sollte vielleicht zu den Akten gelegt werden. Dem Werbemarkt präsentieren Publisher nach wie vor die Umfrageergebnisse der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (agma), die inzwischen eher für generelle Aussagen über Trends der Gattungen geeignet sind.
Drei von vier Deutschen lieben ihre Magazin: „Die aktuell ausgewiesenen 142 Zeitschriftentitel erreichen pro Erscheinungsintervall 51,37 Millionen Leser, dies entspricht 73,3 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung über 14 Jahren“, heißt es in der Auswertung. Befragt hat die ag.ma für die ma 2023 Pressemedien II nach 136 Zeitschriften, vier Wochenzeitungen und zwei Supplements. Die Daten von Lesezirkel und Kino sowie zehn Zeitschriften aus der neuen parallelen „Fast Coverage Studie“ sind enthalten. Letztere basiert auf der Grundgesamtheit von Onlinern im Alter von 14 bis 79 Jahren.
Für die Tageszeitungen ermittelt die ag.ma: „Fast jeder Zweite über 14 Jahre liest täglich Zeitungen.“
Die ag.ma zählt für den Weitesten Leserkreis im Schnitt 5,5 verschiedene Titel. Auch hier wird ein Rückgang zur letzten MA registriert (5,9). „Frauen setzen dabei noch mehr auf Vielfalt als Männer“, heißt es. Sie lesen demnach im Schnitt 6,0 verschiedene Titel (Männer: 5,0).
Besonders gern gelesen werden („reichweitenstärkstes Segment“) „Programmzeitschriften“ mit 45,5 Prozent (ma 2023 Pressemedien I: 47,6%), „Aktuelle Zeitschriften/Magazine zum Zeitgeschehen“ mit 29,9 Prozent (davor: 30,8%) und die „Wöchentlichen Frauenzeitschriften“ mit 18,7 Prozent (davor: 19,2%).
So liest fast ein Drittel der 30- bis 39-Jährigen laut ag.am (immer noch) Programmzeitschriften (30,8%). Über ein Viertel holt sich „Aktuelle Zeitschriften/Magazine zum Zeitgeschehen“ (25,9%). Bei den 20- bis 29-Jährigen seien beide Segmente fast gleich beliebt (23,4% Programmzeitschriften, 21,7% Magazine zum Zeitgeschehen), heißt es. „Jüngere Leser, also im Alter von 14 bis 19 Jahren, lesen prozentual sogar noch mehr Programmzeitschriften (27,6%) und fast jeder Sechste (14,8%) Magazine zum Aktuellen und Zeitgeschehen“, fasst die ag.ma weitere Ergebnisse zusammen.
Teens und Twens lesen (durchaus noch) ausgewählte Titel. Während die 14- bis 19-Jährigen eher monatliche Frauenzeitschriften (10,8%) und Zeitschriften zu Unterhaltungs-Elektronik und Computern (8,8%) lesen, stöbern die 20- bis 29-Jährigen neben den monatlichen Frauenzeitschriften (12,1%) am ehesten noch in Titeln aus dem Bereich Motorpresse (10,2%) – bei der Altersgruppe 30 bis 39 Jahre ist dies genau anderes herum (13,9% Leser in der Kategorie „Motorpresse“, 12,7% Leser in der Kategorie „Monatliche Frauenzeitschriften“).
Mit 6,93 Millionen Leser:innen bleibt die Springer-Marke Bild die meistgelesene Tageszeitung in Deutschland. Sie verliert, ebenso wie andere überregionale Tageszeitungen,. Die Gesamtreichweite der von der ag.ma erfassten Zeitungstitel liegt bei 34,6 Millionen bzw. 49,4 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung. Sie gibt leicht nach gegenüber dem Vorjahr (ma 2022 Tageszeitungen: 35,4 Millionen / 50,1 Prozent).
In diese Kategorie fällt noch ein besonders auffälliger Fall von Diskrepanz zwischen Auflage (IVW) und Reichweite (MA): Das Springer-Blatt Welt verliert bei Einzelverkauf und Abos („harte Auflage“) gut sieben Prozent, legt aber zugleich bei der Leser:innenschaft gegen den Trend um 13 Prozent zu.
Die ag.ma liefert seit Herbst 2022 Print-Digital-Reichweitendaten für Tageszeitungen. Nach der ersten publizierten Version mit konvergenten Leser:innen- und Userzahlen zu 130 Zeitungstiteln und ihren regionalen Belegungseinheiten weist die agma beispielsweise seit dem 1. Quartal dieses Jahres zusätzlich die Marken der Ippen-Media-Familie aus. Die Performance der Marken TZ, Merkur oder auch Frankfurter Rundschau werden seither für Print und Online aus einer Hand ausgewiesen.
Die Bestandstitel der daily digital facts umfassen damit immer mehr digitale Angebote. Die agma führt weiterhin Gespräche mit Interessenten für die Studienteilnahme. Die Zeitschriftenbranche könnte folgen.
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