Der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU wird branchenübergreifend große Auswirkungen auf Unternehmen und ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung haben – und sie vor Herausforderungen stellen. In einer Masterclass bei den MEDIENTAGEN MÜNCHEN 2023 zeigten Eun-Hye Cho, Partnerin,und Lisa Schosser, Senior Managerin bei KPMG worauf es jetzt ankommt.
Zunächst erklärten die Expert:innen, warum die Vorgaben überhaupt so sind, wie sie sind. Ziel ist es, den Temperaturanstieg der globalen Durchschnittstemperatur bis 2100 auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Schon jetzt sehe man die Auswirkungen des Klimawandels auf die Lieferketten.
Der Green Deal der EU ist ein Maßnahmenpaket, mit dem die Mitgliedstaaten bis 2050 Klimaneutralität erreichen wollen. Es geht nicht nur darum, Emissionen einzusparen, sondern eine klimaresiliente Gesellschaft mit moderner, grüner Wirtschaft zu werden.
„Die Kernfrage, die hinter allem steht, ist: Wie kann die Wirtschaft so gelenkt werden, dass sie nachhaltiger wird?“, sagt Lisa Schosser. Eine Maßnahme, die durch die CRSD gewährleistet werden soll, ist eine größere Vergleichbarkeit und Transparenz in der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Dafür sollen klare Regeln sorgen, die festlegen, worüber berichtet werden muss.
Bisher waren die Nachhaltigkeitsberichte, die von Unternehmen erstellt wurden, auf freiwilliger Basis und ohne feste Standards. „In einem regulatorischen Bericht werden ganz andere Wahrheiten gezeigt als in einem freiwilligen Nachhaltigkeitsbericht, der oft Marketingzwecke erfüllt“, so Schosser. Stichwort Green Washing. „Es reicht nicht mehr, einen Baum zu pflanzen!“. Ein Thema auch im Track Werbung & Marketing der #MTM23:
Berichten müssen Kapitalmarkt-orientierte, aber auch nicht Kapitalmarkt-orientierte Unternehmen mit einer Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro, mehr als 250 Beschäftigten und/oder Nettoumsatzerlösen von mehr als 40 Millionen Euro. Allein in Deutschland betrifft das 15.000 Unternehmen. Eine große Herausforderung, da die Vorgaben innerhalb von zwei Jahren umgesetzt und geprüft sein sollen.
Die geltenden Standards sind übergreifend und betreffen zahlreiche Bereiche rund um den Klimawandel, etwa den Energieverbrauch, die Umweltverschmutzung, den Impact auf Biodiversität oder Ressourcennutzung.
„Die große Frage ist immer: ‚Wo habe ich in meinem Geschäftsmodell mit vor- und nachgelagerter Wertschöpfungskette einen Impact?‘“, so Eun-Hye Cho. Denn nicht jeder Standard sei für jedes Unternehmen relevant. Zunächst müsse das Unternehmen deshalb eine Wesentlichkeitsanalyse durchführen: Welche Themen betreffen uns? Abhängig von den Ergebnissen der Analyse sind eine Vielzahl an CSRD-KPIs zu berichten – alle nach denselben Standards aufgebaut.
Die Vergleichbarkeit, welche die CSRD in der Theorie schafft, ist in der Praxis so noch nicht umsetzbar. Durch die Identifizierung der für sie wesentlichen Standards unterscheiden sich die Unternehmen. Orientierung geben sollen die Bereiche Impact, Opportunities oder Risks. Ist einer dieser Bereiche als wesentlich identifiziert, stehen Unternehmen in der Pflicht, zu berichten. Doch die Diskussion, welche Standards weshalb relevant sind, ist nicht einfach zu führen.
Um gemeinsam Lösungen für ähnliche Probleme oder Voraussetzungen zu finden, gebe es immer mehr Austausch innerhalb der Branchen, berichtet Lisa Schosser. Die Branchenverbände seien mittlerweile sehr aktiv – in der Medienbranche allerdings noch zurückhaltend. Möglicherweise liege das daran, dass es hier noch nicht diesen ganz starken Auslöser gegeben habe, vermutet die Expertin: „Unsere Empfehlung ist es, sich frühzeitig auszutauschen und zusammenzutun.“
Die Zusammenfassungen wichtiger Panel-Diskussionen sowie Bildmaterial der 36. MEDIENTAGE MÜNCHEN stehen in der Mediathek der Medientage-Homepage und auch im Blog der Medientage bereit.
Die Medienthemen können auch gehört werden: im Podcast der Medientage München.