Medientage München - Blog

Fachjournalismus begleitet die gesamte Volkswirtschaft

Geschrieben von Petra Schwegler | 03. Januar 2023

Mit dem Award "Fachjournalist:in des Jahres – Award der Deutschen Fachpresse" werden am 23. Mai 2023 erneut die Besten ihres Fachs geehrt für gut recherchierte, glaubwürdige sowie originelle Artikel und Beiträge. Noch bis 1. Februar können Bewerbungen eingereicht werden.
Juror Dr. Gunther Schunk aus der Vogel Communications Group geht im Interview mit dem Blog der Medientage München darauf ein, welchen Wert der Preis im Speziellen und der Fachjournalismus im Allgemeinen haben.

 

Herr Schunk, seit 1984 werden Fachjournalist:innen bereits für herausragende Arbeit ausgezeichnet, anfangs mit dem Karl Theodor Vogel Preis aus Ihrem Haus, seit 2005 gemeinsam mit der Deutsche Fachpresse. Nun wird der Award erstmalig allein von der Deutschen Fachpresse ausgeschrieben. Wie hat sich der Fachjournalismus seither verändert?

Ich begleite den Preis seit 2007 und kann hier eine eindeutige Qualitätsentwicklung nachzeichnen. Der Fachjournalismus ist leserfreundlicher, nutzenorientierter, anwenderbezogen und vernetzender geworden. Die Sprache ist direkter und die Themen sind aktueller. Es gibt auch immer mehr Mut zu neuen Formaten, etwa einem abgedruckten Whats-App-Interview.

 

Wie können neue digitale Tools den Autor:innen dabei helfen, den Leser:innen noch mehr Orientierung und Unterstützung zu liefern?

Das Internet als grenzenloser Rechercheraum ist ein fantastisches Reservoir an Informationen; hier gab es zweifelsohne eine Professionalisierung von Inhaltsplattformen. Das hilft dem Fachjournalismus, schneller an interessante Brancheninhalte zu kommen.

Noch stärker ist der direkte fachliche Austausch in Foren und Communities. Das ist für Fachjournalist:innen in der Recherchephase Crowdsourcing „at its best“. Und Leser:innen können sich mit ihren Erfahrungen direkt zu einem Thema, das sie bewegt, einbringen. So bekommen Fachartikel eine ganz neue Tiefe und Authentizität.

 

Welche Bedeutung hat diese Mediengattung für Wirtschaft und Industrie?

Sie müssen das so sehen: Es gibt wohl keinen Beruf, für den es nicht mindestens ein Fachmedium gibt. Das heißt, Fachjournalist:innen begleiten die gesamte Volkswirtschaft tagein, tagaus mit wissenswerten Informationen, die die Menschen in ihren beruflichen Aufgaben und damit in ihren Unternehmen besser machen, unterstützen, weiterbringen.

Über 5600 Fachtitel begleiten die Wirtschaft durch Knowhow-Transfer und Wissensaustausch. Sie wirken wie ein Innovationsbeschleuniger. Und durch die große Homogenität der Zielgruppen und die hohe Glaubwürdigkeit kommunizieren Fachmedien sehr, sehr effektiv!

Glauben Sie mir: Fachmedien werden unterschätzt! Sie sind eine richtig spannende Lektüre geworden und unabdinglich für die Professionals.

 

Sind Leser:innen dann auch eher bereit, für ihre Fachinformationen zu bezahlen?

Neben der rein werbefinanzierten Freiverteilung in Branchen sind sowohl Print-Abos wie E-Paper-Abos gang und gäbe. Und wenn der Nutzwert gut kommuniziert wird, dann zahlen Nutzer:innen für diese Inhalte, die sie ja auch für berufliche Entscheidungen benötigen. Ja, das ist es ihnen wert!

 

Wie definiert Ihre Jury „Qualität“ im Fachjournalismus?

Die aktuell acht Jurymitglieder bewerten die eingereichten Beiträge nach Kriterien wie Relevanz des Themas, Aussagekraft, Nutzwert, Exklusivität des Beitrags, Recherchetiefe und fachliche Expertise, aber auch den Aufbau eines Beitrags samt seiner Elemente, die stilistisch-konzeptionelle Originalität, die visuelle Gestaltung und auch den ethische Aspekt der journalistischen Verantwortung. Das ist ein umfassender Qualitäts-Check.

 

Print oder Online, Print und Online, Online plus X – wie sollten Fachjournalist:innen ihren Content heute am besten ausspielen?

Auf den Kanal kommt es an! In vielen Fällen ist es überzeugend, die Stärken von Print als Premiumprint auszuspielen. Beiträge für den Lean-back-Modus zu verfassen, die den Leser:innen Analyse, Orientierung, komplexe Branchenthemen sowie übergreifende Themen sowie Meinung und Kommentierung bieten.

Die Stärken von Online sind zweifelsohne die Geschwindigkeit, die Verlinkung zu weiterführenden Beiträgen sowie Video, Audio und animierte Grafiken bis hin zu Podcasts, Datenbanken, Longtail und Interaktion mit User:innen. Dann hat man eine gute Mischung für den Nutzwert, die eine Branche effektiv informiert und nutzwertig befruchtet.

 

Data und Audio gelten im Printjournalismus als wichtiger Hebel, um neue Zielgruppen zu erschließen. Sollte sich der Award "Fachjournalist:in des Jahres" neuen Kategorien wie dem Podcast öffnen? 

Bislang liegt der Schwerpunkt dieses Awards aus seiner Historie heraus auf dem qualitativ hochwertigen Verfassen von fachjournalistischen Texten. Aktuell steht keine Änderung dieses Ansatzes zur Diskussion. Schließlich ist genau das der Kern der Arbeit von Fachjournalist:innen.

 

Der Fachkräftemangel stellt auch Publisher vor große Herausforderungen. Wo findet die Fachpresse heute und künftig ihre Spezialist:innen?

Sicher nutzen auch künftig viele Fachmedienhäuser den Mix aus fachlichen Branchenexperten und journalistisch ausgebildeten Redaktionsmitgliedern. Beides zusammen ermöglicht das Prinzip des „prodesse et delectare“ – das Grundprinzip beim Verfassen von Texten.

 

Zur Person:

Dr. Gunther Schunk (Foto: Stefan Bausewein) ist seit 1999 bei der heutigen Vogel Communications Group beschäftigt. Zunächst als Textredakteur und Chef vom Dienst, seit 2007 verantwortet er die Kommunikation der Unternehmensgruppe, aktuell als Director Public Relations. Seit 2007 hat er den Award „Karl Theodor Vogel Preis - Fachjournalist des Jahres“ organisiert, nun ist er Mitglied in der Jury.

Zum Hintergrund:
Der Preis wurde als Karl Theodor Vogel Preis 1984 in Würzburg gegründet und durch die Karl Theodor Vogel Stiftung am Firmensitz in Würzburg finanziert. Seit 2005 wurde der Preis gemeinsam mit dem Verband Deutsche Fachpresse verliehen. Ab sofort vergibt der Verband den Award allein. Die Preise (Platz 1 bis 3) sind mit jeweils 1000 Euro dotiert.
Mehr Informationen und das Bewerbungsformular sind hier abrufbar.

 

Die Zusammenfassungen wichtiger Panel-Diskussionen sowie Bildmaterial der 36. MEDIENTAGE MÜNCHEN stehen in der Mediathek der Medientage-Homepage und auch im Blog der Medientage bereit.


Die Medienthemen können auch gehört werden: im Podcast der Medientage München.