Auf das "Ob" der Reform der öffentlich-rechtlichen Sender haben sich die Länder nun grundsätzlich geeinigt. Das "Wie“ soll bis in den Herbst hinein weitgehend geklärt werden. Die Rundfunkkommission der Länder hat sich auf die nächsten Schritte geeinigt, um ARD, ZDF und Deutschlandradio zukunftsfähig zu machen. Klar ist bisher: Die Länder bejahen die Vorschläge des Zukunftsrats nur in Teilen, nicken aber vor allem mehr Kooperationen sowie Einsparungen ab.
Bis zum Herbst dieses Jahres soll er stehen, der Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Länder haben dazu vergangene Woche in Bingen über Vorschläge des Zukunftsrats diskutiert; acht Mitglieder des Gremiums haben im Auftrag der Rundfunkkommission der Länder seit März 2023 Vorschläge erarbeitet mit dem Ziel, eine langfristige Perspektive für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seine Akzeptanz auch über das Jahr 2030 hinaus zu entwickeln.
Akzeptiert haben die Politiker:innen den Vorschlag, dass die Sender unter anderem durch mehr Kooperation digitaler, schlanker, jünger, effizienter und damit sparsamer werden. Nach zweitägiger Klausur hat die Rundfunkkommission festgehalten: Die Zusammenarbeit zwischen ARD, ZDF und Deutschlandradio soll künftig verpflichtend werden. Übernommen wurde die konkrete Idee einer Organisationseinheit für alle Rundfunkanstalten, die eine gemeinsame technische Plattform schaffen soll.
Einen Korb gab es unter anderem für einen anderen Vorschlag des Zukunftsrats unter dem Vorsitz von Julia Jäkel: Die Idee einer neu aufzubauenden zentralen ARD-Anstalt, die alle überregionalen Inhalte bündeln soll, hat bei den Ländervertreter:innen keine Mehrheit gefunden. Dafür sollen die einzelnen ARD-Länderanstalten eine geregelte Organisation aufsetzen mit klaren Zuständigkeiten für bestimmte Themen über Standorte hinweg.
Festgelegt wurde von der Rundfunkkommission das Procedere für den Reformstaatsvertrag. Nun ist zunächst die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) am Zuge. Das Gremium soll im Rahmen eines Sondergutachtens ausrechnen, wie sich die vorgeschlagenen Effizienzgewinne und Einsparpotenziale finanziell auswirken.
Bei den angedachten Reformen geht es konkret um eine viel stärkere Zusammenarbeit bei Berichten von Großveranstaltungen, eine mögliche Zusammenlegung von Auslandsstudios, die Zentralisierung von Bereichen wie Beschaffung oder Reisekostenabrechnung und Einsparungen bei der Finanzierung der Landesmedienanstalten und der Rundfunkorchester. Auch die Chefgehälter stehen zur Debatte.
Die KEF soll bis Ende Februar eine abschließende Empfehlung für den Rundfunkbeitrag ab 2025 vorlegen. Im Gespräch ist eine (umstrittene) Erhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro pro Monat. Aktuell stehen die Zeichen auf Ablehnung durch diverse Bundesländer ...
Der geplante Staatsvertrag soll ab Herbst Auftrag und Angebot der Sender neu regeln, Strukturreformen und "Good Governance"-Bestimmungen festschreiben sowie das Verfahren zur Festsetzung des Beitrags bestimmen; ein mögliches Index-Verfahren fand keine Mehrheit im Ländergremium. Geplant sei auch, die Sender zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen ihrer Arbeit zu verpflichten, kündigte die Koordinatorin der Medienpolitik der Länder, die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Heike Raab (SPD), an. Die Länder wollen erreichen, dass die Öffentlich-Rechtlichen auf lange Sicht alle Bevölkerungsschichten erreichen und "bürgernah in der Mitte der Gesellschaft" verwurzelt sind, wie es der sächsische Medienminister Oliver Schenk (CDU) formulierte.
Apropos Länder: Einmal mehr endete eine Klausur der Rundfunkkommission mit einer Protokollnotiz. Sie kommt aus Bayern. Der CSU-Ministerpräsident Markus Söder möchte durch das Streichen und Zusammenlegen von öffentlich-rechtlichen Sparten- und Themensendern ein noch viel größeres Sparpotenzial ausschöpfen und eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags damit umgehen. Fast jede fünfte der 72 ARD-Hörfunkwellen möchte der bayerische Landesvater einstellen. Des Weiterem schwebt Söder vor, dass ARD und ZDF künftig mehr Information und weniger Unterhaltung liefern sollen.
Noch gibt es in der Medienpolitik in den kommenden Monaten einiges zu klären, bevor die Weichenstellung für die öffentlich-rechtliche Zukunft im Herbst erreicht sein wird. Deutlich gemacht hat die Rundfunkkommission allerdings die Bedeutung von ARD, ZDF und Deutschlandradio für den gesellschaftlichen Diskurs.
Dr. Florian Herrmann, bayerischer Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien, hatte stellvertretend für die Länder bei den #MTM23 die Sorge um die Entwicklung unserer Medien und damit einhergehend der Demokratie zum Ausdruck gebracht. Die Frage sei: „Wie stärke ich die Medien und den Qualitätsjournalismus, um einen gut informierten Diskurs in der Gesellschaft zu fördern?“
Er sah bei den MEDIENTAGEN die freie Meinung und offene Gesellschaften weltweit unter Druck, beispielsweise durch gezielte Desinformationskampagnen. Herrmann: „Deshalb muss es unser Ziel sein, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk über Jahrzehnte hinaus zu stützen oder aufrechtzuerhalten.“
Hosentaschenfernsehen vs Big Screen: Wie gucken und streamen wir künftig? Welche Trends setzen sich durch? Welche Werbe- und Business-Modelle sichern zukunftsfähige Content-Strategien fürs (vernetzte)TV, für den Stream, für Mediatheken, Video on Demand oder auch für Social Video? Welche Player haben mit ihren Technologien und Anwendungen das Sagen? Und wer sind die Gatekeeper von morgen?
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