Medientage München - Blog

"KI ist ein mächtiges Werkzeug für menschliche Kreativität"

Geschrieben von Petra Schwegler | 23. Oktober 2025

Die Filmindustrie steht vor einem Wendepunkt. Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, die Produktionslandschaft grundlegend zu verändern – doch wie gehen die Akteur:innen damit um? Diese Frage diskutierten Produzentin und Medienmanagerin Yoko Higuchi-Zitzmann und Produzent Max Wiedemann in einem aufschlussreichen #MTM25-Talk.


"KI kann extrem disruptive Auswirkungen auf unsere Branche haben", konstatierte Produzentin Yoko Higuchi-Zitzmann bei ihrem Talk mit Produzent Max Wiedemann (LEONINE Studios, MEDIAWAN Group). Während das Internet bereits von KI-generiertem Content überflutet werde, habe die Technologie in der Filmproduktion noch nicht vollständig Fuß gefasst, hielt Wiedemann fest und gab zu bedenken: Das dürfte sich ändern – und zwar schneller als viele denken.

 

Hybride Zukunft statt totaler Ersatz?

Trotz aller technologischen Möglichkeiten: "Ich glaube nicht, dass Filme absehbar ohne Schauspieler entstehen", betonte Higuchi-Zitzmann. Die Zukunft werde hybrid sein, waren sich die beiden Produzent:innen einig: eine Koexistenz von traditionellen Produktionsmethoden und KI-gestützten Prozessen. Die Branche spaltet sich dabei aus ihrer gemeinsamen Beobachtung zunehmend in zwei Lager: KI-Befürworter:innen und -Ablehnende.

Max Wiedemann erkannte in der Entwicklung durchaus viel Potenzial: "Es gibt eine Riesenchance auch für die europäische Produktionsbranche, günstig neue Genres herzustellen." Dies gelte nicht nur für Kurzformate, sondern auch für Langfilme. "Es wird einen neuen Form-Faktor geben, wie bei jeder Innovation vorher", prognostizierte er. Die Herausforderung bestehe darin, herauszufinden, ob es um neue Formate, neue Verbreitungswege oder beides geht.

 

Internationale Vorreiter

Der Blick über den europäischen Tellerrand zeigt: Andere Märkte sind bereits weiter. Higuchi-Zitzmann verwies auf das Manga-Revival in ihrer technikverliebten Heimat Japan, das maßgeblich durch KI befeuert wird.

In Indien werde KI-produzierter Content bereits stark monetarisiert, wusste die Medienmanagerin, insbesondere im Bereich Young Romance. "Diese disruptiven und künstlerisch hochwertigen Angebote erschließen neue Modelle der Monetarisierung", erklärte Higuchi-Zitzmann. Sie mahnte: "Und wir dürfen hier den Anschluss nicht verlieren."

 

Nebeneinander statt Gegeneinander

Beide Gesprächspartner plädierten bei den MEDIENTAGEN MÜNCHEN für ein "Nebeneinander" von KI und traditionellen Produktionsmethoden. KI und Nicht-KI dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern müssten sich ergänzen.

Gleichzeitig riefen beide die Branche zur Verantwortung; Higuchi-Zitzmann forderte rechtliche und ethische Leitplanken. Auch Transparenz der Produktionsbranche beim Einsatz von KI-Tools sei entscheidend. Wiedemann ergänzte: "Wer nicht plagiativ promptet und die eigene Vision sauber hinterlegt, kann rechtlich und ethisch unbedenkliche Schöpfungen hervorbringen.“ Wiedemann wies auf "unfassbare Kreativitätspotenziale“ hin, die ausgeschöpft werden könnten, während man sich in klaren Leitplanken bewege.

 

Der Ruf nach fairer Verteilung

Ein zentraler Punkt für eine faire Lösung: Transparenz auch seitens der LLM-Betreiber wie OpenAI. Wo stammen die Trainingsdaten her? Wo fließen die Umsätze hin, die mit Inhalten aus dem Produktionsmarkt erzielt werden?

Ein Modell wie die GEMA könnte als Blaupause für den KI-Fortschritt dienen, schätzten die beiden Produzent:innen. "Zunächst sollte der Kuchen so groß wie möglich sein, aber dann möglichst fair verteilt werden", so der Konsens.

"KI ist ein mächtiges Werkzeug für menschliche Kreativität", resümierte das Gespräch. Europa könne vorne mitspielen – vorausgesetzt, man rüste die europäischen Talente mit dem nötigen Handwerkszeug und den richtigen Rahmenbedingungen aus.

Einen wichtigen Schritt in diese Richtung planen übrigens die MEDIENTAGE MÜNCHEN: Im Frühjahr 2026 wird eine zweitägige Konferenz in Zusammenarbeit mit Yoko Higuchi-Zitzmann KI-Talente und die Produktionsbranche zusammenbringen. Daneben startet an der HFF in München ein zukunftsweisender Masterstudiengang, den Professor Taç Romey bei den #MTM25 kurz vorstellte. Im kommenden Jahr wird der Nachwuchs erstmals in "Serial Storytelling Created by AI & I" ausgebildet.

Die Zusammenfassungen wichtiger Panel-Diskussionen sowie Bildmaterial der 39. MEDIENTAGE MÜNCHEN stehen in der Mediathek der MEDIENTAGE-Homepage und auch im MTM-Blog  bereit.

Zudem können zahlreiche MTM-Themen auch gehört werden: im Podcast "This is Media NOW".