Barrierefreie Medien sind ein wesentlicher Faktor in der Medienwelt, um Inhalte für alle zugänglich zu machen. Im Reich der ARD liegt diese Aufgabe beim Team ARD Text und damit bei der Leiterin der Gemeinschaftseinrichtung, Frauke Langguth. Die erfahrene Journalistin wird im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN über Barrierefreiheit aus Sicht der Öffentlich-Rechtlichen sprechen. Im Interview mit dem MTM-Blog gibt sie im Vorfeld preis, wie etwa Künstliche Intelligenz künftig das Team bei seiner Arbeit unterstützen könnte.
Frau Langguth, als Leiterin des ARD Textes gehört die Barrierefreiheit vieler ARD-Angebote zu Ihrem Aufgabengebiet. Macht die Digitalisierung der Ausspielwege Ihre Arbeit leichter?
ARD Text ist besonders engagiert auf dem Bereich der Live-Untertitelung. Wir untertiteln zum Beispiel alle Sportsendungen im Ersten.
Digital sind wir schon lange, die Untertitel können Sie traditionell über die Teletextaste, aber auch als digitale Untertitel und über HbbTV als personalisierbares Angebot abrufen. Dort können Sie dann beispielsweise die Positionierung oder die Größe der Untertitel einstellen, ein Wunsch, der oftmals an uns herangetragen wurde.
Wo geht hier der Trend hin?
Der Trend geht klar zu KI. Künstliche Intelligenz verwenden wir jetzt schon bei der Spracherkennung. Die Live-Untertitel werden ja durch Einsprechen in eine spezielle Software generiert. Dafür sind Kolleg:innen aus dem Untertitel-Team zuständig. Wir testen aber schon automatisierte Verfahren. Die Spracherkennung wird immer besser und schon bald wird es auch – für einige, nicht für alle Formate – automatisch generierte Untertitel geben.
Wie verändert sich die Zahl der untertitelten Sendungen?
Sie steigt seit Jahren an. Für das Erste Programm hat sich die ARD verpflichtet, alle Erstsendungen mit Untertiteln zu versehen. Aber auch in den Dritten Programmen und in der Mediathek steigen die Quoten jedes Jahr.
Welche weiteren Erleichterungen für ein Publikum mit Handicap sind denkbar?
Wir in der ARD bieten ja schon viel. Audiodeskription für sehr viele Formate, damit blinde Zuschauerinnen und Zuschauer das Programm verfolgen können. Bei besonderen Events bieten wir auch eine Live-Audiodeskription an, beispielsweise bei der Fußball-Europameisterschaft oder den Olympischen Sommer- und Winterspielen.
Der Anteil der Sendungen mit Gebärdensprachdolmetscher ist in den vergangenen Jahren auch deutlich gestiegen.
Frauke Langguth, ARD Text
Bei allen "ARD-Brennpunkten" und "ARD-extras" kann die Gebärdensprachdolmetschung per HbbTV live zugeschaltet werden. Und es gibt in unseren Onlineauftritten Angebote in Leichter Sprache.
Sie haben bereits gemeinsam mit dem Deutschlandfunk das Angebot „Nachrichten leicht“ lanciert. Ein Vorbild für weitere Projekte?
Hier profitieren wir vom Deutschlandfunk, der das Projekt verantwortet. Wir freuen uns, dass wir die Texte jede Woche in unser Angebot übernehmen können. Leichte und einfache Sprache sind auf jeden Fall Zukunftsthemen. Zur Bundestagswahl hat die "Tagesschau ein umfangreiches Paket mit barrierefreien Angeboten unter der Adresse www.tagesschau.de/inland/btw21/leichtesprache/ gelauncht.
Wie bei vielen unserer Angebote, profitieren meist mehr Menschen von barrierefreien Zugängen als man zunächst denkt. Untertitel sind zum Beispiel nicht nur für gehörlose und schwerhörige Zuschauer:innen hilfreich, sondern auch für Menschen, die Deutsch lernen möchten.
Auf den Markt geblickt: Sollten Sender bei der Barrierefreiheit vermehrt zusammenarbeiten?
In der ARD arbeiten wir bereits jetzt sehr eng zusammen. Untertitel-Files werden seit Jahren zwischen alle Anstalten ausgetauscht. Wir treffen uns aber auch regelmäßig und besprechen die neuesten technischen Entwicklungen für Untertitel, Audiodeskription und Gebärdenspracheinblendungen.
Barrierefreiheit ist sehr stark Technik-getrieben. Wir werden in den kommenden Jahren da noch rasante Entwicklungen beobachten können. Was ich mir persönlich wünschen würde, wäre ein einheitliches Symbol über alle Sender und Ausspielwege. Wir haben nämlich festgestellt, dass unsere guten Angebote zur Barrierefreiheit auch gut gefunden werden müssen. Ein Symbol für alle – vielleicht sogar europaweit – wäre da sehr hilfreich.
Zur Person:
Frauke Langguth ist Leiterin der ARD-Gemeinschaftseinrichtung ARD Text beim Rundfunk Berlin-Brandenburg. Als erfahrene Print – und Hörfunkjournalistin verfügt sie über langjährige Berufserfahrung auf vielen verschiedenen Plattformen. Sie war Radiofritzin bei Radio Fritz, Online-Pionierin beim Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg und ist jetzt unter anderem für die Teletexte im Ersten, in ONE und in tageschau24 verantwortlich. Ihr zweites Standbein ist die Barrierefreiheit mit Schwerpunkt Untertitel. In der ARD leitet sie die Unter-AG "Untertitelung" in der AG Barrierefreier Rundfunkzugang.
International vernetzt ist Frauke Langguth unter anderem als Mitglied des Eurovision Access Services Experts Bureau der European Broadcast Union EBU.
Im Rahmen der MEDIENTAG MÜNCHEN 2021 wird Frauke Langguth am Mittwoch, 27. Oktober 2021 ab 12.30 Uhr an der Diskussion über "Barrierefreie Medien – Neue Technologien. Neue Anforderungen" teilhaben, die die MTM gemeinsam mit dem Sozialverband VdK Bayern organisieren.
Die MEDIENTAGE MÜNCHEN finden dieses Jahr vom 25. bis 29. Oktober statt. Sie stehen unter dem Motto New Perspectives. Dabei blicken wir auf die Zeit nach der Corona Pandemie und zeigen neue Perspektiven und Geschäftsmodelle auf. Thematisiert wird auch, was (Soziale) Medien, Politik und Gesellschaft heute für die Demokratie tun müssen.
Interessiert an Themen rund um die Medienbranche? Dann findet sich hier im Blog der Medientage München noch mehr Lesenswertes.
Zudem können Medienthemen passend gehört werden: im Podcast der Medientage München.