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Medien bespielen rege die WhatsApp Channels

Geschrieben von Petra Schwegler | 20. Februar 2024

Ein Absender, eine unbegrenzte Zahl an Abonnent:innen, die sehr gut mobil erreichbar sind, beliebte Inhalte – und Videos kommen schnell an die User und werden rege geteilt: Die Vorzüge, die die im Herbst gelaunchten WhatsApp Channels mit sich bringen, überzeugen Medienhäuser und Nutzende. Wenige Monate nach Start hat sich ein großes Aufgebot an Publishern die neue Offerte zu eigen gemacht. 

 

Seit Herbst 2023 können ausgewählte Unternehmen, Influencer, Fußballclubs oder auch Medienmarken WhatsApp Channels anbieten. Sie können Nachrichten über die abonnierbaren Broadcast-Kanäle an alle ihre Abonnent:innen verschicken – mit Text, Fotos, Videos, Links oder Emojis. Eine unbegrenzte Zahl an Usern kann wiederum mit Likes und Emojis auf News reagieren, aber nicht kommentieren.

Der Service des Meta-Unternehmens kommt an, die Abo-Zahlen der Channels sprechen für sich (Stand: 20. 2.2024, eigene Recherche):

Danach rangiert der Channel aus dem Hause WhatsApp naturgemäß mit großen Abstand auf Platz eins der globalen Charts mit 122 Millionen Abonnent:innen. Doch bereits auf Platz drei – hinter Real Madrid (44,3 Millionen Abos) und vor dem FC Barcelona (26,8 Millionen Abos) – folgt mit Netflix die erste Medienmarke im Gesamtranking (32,2 Millionen Abos). In den Top Ten finden sich zudem Promis wie Katrina Kaif, Influencer und Meta-Gründer Mark Zuckerberg selbst (16,1 Millionen Abos reicht derzeit für Platz neun).

 

Bekannte Medienmarken nutzen den Kanal zum Smartphone-User

Der Weg ins mobile Überall-Device in unseren Händen ist begehrt, viele Medienhäuser ziehen mit: Millionen an Abonnent:innen zählen im noch jungen Meta-Angebot bereits internationale und US-Medienmarken wie CNN (8,8 Millionen), The New York Times (8,2 Millionen) oder auch der Audio-Streamer Spotify (3,2 Millionen). 

Den beliebtesten deutschen Medienchannel via WhatsApp liefert das Team der ARD-„tagesschau“ mit aktuell 952.000 Abonnent:innen. Zwischen Sportabsender:innen und Influencer:innen tummeln sich reichweitenstark auch ZDFheute (338.000 Abos), Springers Welt (270.000 Abos) oder die Zeit (119.000 Abos). Bild hat gerade die Grenze von 100.000 Abonnent:innen überschritten.

Daneben senden viele lokale und Fachmedien ihre Nachrichten über ihren Broadcast-Kanal aus; Heise Online, OVB Online, Merkur, Schwarzwälder Bote oder die norddeutsche MOPO sind nur einige Beispiele. Die Onlinemarke Transfermarkt.de überzeugt inzwischen mehr als 660.000 Menschen mit regelmäßigen News über den eigenen WhatsApp Channel. Überhaupt scheinen sich viele Menschen für das zu interessieren, was Sportmedien in ihren Broadcast Channel streuen. Viele Anhänger:innen haben auch die Sportschau des Ersten (231.000 Abos) oder der kicker (66.000 Abos)

 

Rückkehr eines Reichweiten-"Beschleunigers"?

Das Engagement der Medienhäuser verwundert wenig: Die Meta-Schwester Facebook ist als Plattform, über die Medien im Gießkannenprinzip auf ihre aktuellen Inhalte hinweisen und Reichweiten erzielen konnten, mehr und mehr weggefallen. Die neuen WhatsApp-Kanäle bieten seit Jahren für Publisher erstmals wieder die Möglichkeit, über soziale Netzwerke ein möglichst großes Publikum an die eigenen Inhalte heranzuführen.

Zum Start im Oktober 2023 ordnete MEEDIA-Autor Jens Schröder ein: „All diejenigen, die möglichst viele Menschen über ihre aktuellen Inhalte informieren wollen, werden an den WhatsApp-Channels nicht vorbei kommen. Nirgends erreicht man auf Anhieb eine so große Menge an Menschen wie hier.“ Schröder bezeichnete die Channels als „Gamechanger“.

Um diese Reichweiten geht es: Zwei Milliarden Nutzende weltweit zählte Statista im Januar bei WhatsApp, das damit gleichauf mit Instagram liegt (hinter Facebook mit 3,05 und YouTube mit 2,5 Milliarden und vor TikTok mit 1,56 Milliarden Usern weltweit). 

Zuvor hatte die ARD/ZDF-Onlinestudie für den hiesigen Markt ausgegeben, dass 84 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung im Alter von über 14 Jahren sich zumindest einmal wöchentlich auf WhatsApp tummeln. Auch wenn Telegram über ähnliche Broadcast-Kanäle verfügt, kommt die Plattform auf vergleichsweise magere 13 Prozent. Die populärsten Social Networks wie Facebook und Instagram liegen bei 35 und 31 Prozent, TikTok bei 14 Prozent. Der Social-Media-Atlas 2023 bestätigt den Hang der Deutschen zum Meta-Messenger.

 

Das macht die Channels aus

Daneben bietet der WhatsApp Broadcast-Service Besonderheiten, die gerade für Medien interessant sind:

  • Die WhatsApp-Kanäle verursachen keine Kosten. Voraussetzung ist einzig ein Konto beim SMS-Nachfolger. Die Telefonnummer des Absenders ist nicht sichtbar. Die Abo-Zahlen sind unbegrenzt.
  • Die Nachrichten erscheinen nicht im Chatfenster, sondern in einem separaten „Aktuelles“-Tab.
  • Ein WhatsApp-Kanal ähnelt im Prinzip einem Gruppenchat, in dem nur der Absender schreiben kann, vergleichbar mit einem Blog.
  • Es gibt keine Rückkopplung. User können nur mit Likes und Emojis auf News reagieren, aber nicht kommentieren. Die Betreuung wie unter Kommentarleisten auf den Websites oder bei Facebook-Posts ist weit weniger aufwändig.
  • Publisher nutzen die Reaktionsform in Emojis und machen etwa Umfragen, um Engagement bei den Usern hervorzurufen.
  • Fotos, Videos und Nachrichten aus den Broadcast-Channels können von Abonnent:innen geteilt und an Freunde oder auch Gruppen innerhalb von WhatsApp weitergeleitet werden. Auch wenn sich die Reichweite von teilbaren Bildern und Clips nicht nachverfolgen lässt, erhöht diese Funktion die Sichtbarkeit vieler Themen.
  • Kanäle sind öffentlich und können leicht gefunden werden. In der Suche erscheinen nur verifizierte Channels.
  • In der persönlicheren Umgebung können auch einzelne Reporter:innen-Kanäle eingerichtet werden. So hat Paul Ronzheimer aus dem Bild-Team einen eigenen Broadcast Channel bei WhatsApp eingerichtet.
  • Für jeden WhatsApp-Kanal ist es möglich, eine Glocke zu aktivieren, um nicht ungesehen im „Aktuelles“-Tab zu verschwinden. Gibt es im Channel eine neue Nachricht, erhalten Abonnent:innen eine Benachrichtigung. Viele Publisher weisen expliziert darauf hin, die Glocke zu aktivieren.
  • Um den eigenen WhatsApp Channel zu bewerben, können Hinweise in Online-Beiträgen mit Link zum Kanal oder aber QR-Codes in Print platziert werden.
  • Nach 30 Tagen werden alle Inhalte eines Channels wieder gelöscht. Administrator:innen können früher geteilte Bilder, Links oder Status-Meldungen entfernen.

Auch aus User-Sicht haben die WhatsApp Channels Vorteile:

  • Die Kanäle sind von den Chats getrennt. Die Personen bzw. Kanäle, denen man folgt, sind für andere Abonnent:innen nicht sichtbar.
  • Publisher haben keinen Zugriff auf die Nutzerdaten oder Telefonnummern.
  • Als Kanal-Inhaber sind keine „Reichweiten“ wie bei Instagram oder Facebook einsehbar. Man bleibt für den Absender also anonym.

Die Zahl der Medienmarken im Broadcast-Service von WhatsApp wächst täglich, ebenso die Zahl der Abonnent:innen. Der Zugang wird leicht gemacht: Wer einem solchen Channel beitreten möchte, kann das direkt über den Messenger oder auch über einen speziellen Einladungslink tun.

Des Weiteren gibt das Unternehmen, das seit genau zehn Jahren zu Meta gehört, detaillierte Tipps, wie ein Channel eingerichtet werden sollte:

 

Grundsätzlich sind die neuen Channels für alle interessant, die auch Newsletter an ihre Abonnent:innen aussenden würden.

 

Hosentaschenfernsehen vs Big Screen: Wie gucken und streamen wir künftig? Welche Trends setzen sich durch? Welche Media- und Business-Modelle sichern zukunftsfähige Content-Strategien fürs (vernetzte)TV, für den Stream, Video on Demand oder auch für Social Video? Welche Player haben mit ihren Technologien und Anwendungen das Sagen? Und wer sind die Gatekeeper von morgen?
Antworten auf diese Fragen gibt das #MTM SPECIAL FUTURE VIDEO 2024. Die Konferenz findet am 24. April 2024 im House of Communication in München statt und widmet sich der Zukunft von Video: ein Tag mit Insights von namhaften Branchenexpert:innen und wegweisenden Konzepten von Unternehmen aus der Bewegtbildwelt. Auch die Social-Media-Strategie der Medienhäuser soll vertieft dargestellt werden!

Die Zusammenfassungen wichtiger Panel-Diskussionen sowie Bildmaterial der 37. MEDIENTAGE MÜNCHEN stehen in der Mediathek der Medientage-Homepage und auch im Blog der Medientage bereit.
Die Medienthemen können auch gehört werden: im Podcast der Medientage München. Die aktuelle Ausgabe 123 hinterfragt die Entwicklungen in Social Media zwischen Plattformen, Medien und Gesellschaft.