Medientage München - Blog

Online-Medien brauchen multiple Erlössäulen

Geschrieben von Petra Schwegler | 16. Dezember 2021

Ippen Digital hat mit dem Kauf von Buzzfeed Deutschland und der Bündelung des viele Marken umfassenden Digitalgeschäfts unter der Marke IPPEN.MEDIA nochmals an Marktmacht gewonnen. Daneben unterstrich das Unternehmen mit dem Start von Ippen Investigativ unter der Leitung von Daniel Drepper, mit Investitionen in Projekte wie china@IPPEN.MEDIA oder Afghan Diary mit Natalie Amiri und die digitale Lokal-Strategie, die Marie Todeskino verantwortet, den qualitativen Ausbau des Inhalteangebots im Netzwerk.
Doch wie können diese Investments refinanziert werden? Darüber spricht Benjamin Marx, Geschäftsführer von Ippen Digital, im Blog der Medientage München.

 

Herr Marx, Sie stellen Ihr Haus als die erste Zeitungsgruppe vor, die mit ihrem Digitalengagement den Turnaround geschafft hat. Sehen Sie Ippen noch als klassischen Verlag?

IPPEN.MEDIA hat auf jeden Fall und das hoffentlich noch lange ein klassisches Verlagsgeschäft. Ich glaube darüber hinaus, dass sich die Arbeit in unseren Verlagen gar nicht so fundamental von der Arbeit bei anderen Regionalzeitungsgruppen unterscheidet. Aber wir haben eben noch mehr Unternehmensarme, beispielsweise im Medizin-Technik-Umfeld, oder eben einen gut laufenden Bereich Online-Publishing.

Ich weiß, dass es einige Verlage gibt, die ihre Online-Bereiche als eine Erweiterung des Zeitungsgeschäfts sehen. Dank unseres Gründers Jan Ippen war das bei uns nie so. Er hat sich große Verdienste erworben, ein Umfeld zu schaffen, in dem Online als eigenständige Säule wachsen kann.

 

Eine KPMG-Studie zu Verlagstrends beobachtet im Markt vor allem zwei Dinge, die sich verändert haben: das Wissen bei Publishern, dass aus Kundenbeziehungen neue Erlöse entstehen können und eine wachsende Zahlungsbereitschaft bei Usern. Was macht Ippen Digital mit diesem „Schatz“? 

Wir glauben sehr stark daran, dass Online-Medien multiple Erlössäulen haben müssen. Gleichzeitig glauben wir daran, dass man den User, die Userin in das Zentrum der Überlegungen stellen muss.

Würde man klassisch herangehen, könnte man sagen: “Wir produzieren teuren lokalen Content, also muss der jetzt auch irgendwie verkauft werden.” Damit macht man sein eigenes Problem hohe Kosten in der Content-Produktion - letztlich zum Problem der Kunden.

Wir gehen anders heran und fragen uns, was unsere Kund:innen brauchen, was ihnen weiterhilft, wofür sie bereit wären, Geld auszugeben. Ob das ein eBike ist oder ein Online-Kurs zur Leinenführigkeit für Hundebesitzer:innen oder eben auch mal lokale Nachrichten.

 

Stichwort „Reader Revenue“ und „User Revenue“: Welche neuen Erlösquellen stehen bei Ippen Digital im Fokus?

Wir sind in einem ständigen Prozess, sehr viel auszuprobieren. User Revenue ist derzeit ein Schwerpunkt unserer Überlegungen und Tests. Wir haben alleine im dritten Quartal 2021 über 30 Produkte in ganz unterschiedlichen Kategorien ausprobiert, von Masken bis hin zu Sleepwear. 

 

Wo ziehen Sie bei E-Commerce die Grenzen?

Zu E-Commerce wollen wir gar keine Grenzen ziehen, im Gegenteil, wir halten es für sehr vorteilhaft, möglichst viel Wissen und Erfahrung im E-Commerce Bereich zu erlangen und sie mit unserer Expertise im On- und Offline Publishing zu ergänzen

Aber wir sind natürlich kein übergreifender Online-Shop. Unser Ziel ist es momentan nicht, dass wir zum Beispiel alle Laptop-Modelle aller Hersteller anbieten können. Uns reicht es, eine Auswahl von zum Beispiel drei Modellen anbieten zu können, die wir dann aber zu sehr attraktiven Konditionen haben.

Und wir werden sicher auch weiter in interessante spezialisierte Online-Shops investieren, wenn diese unser bisheriges Portfolio klug ergänzen.

 

Kundenbezogene Daten gelten als das A und O neuer Geschäftsmodelle. Wie überwinden Sie Einschränkungen durch die DSGVO?

Datenschutz ist oder sollte zumindest für jeden, der in der Branche tätig ist, ein ganz hohes Gut sein. Denn am Ende geht es um das, was vor jeder Transaktion steht, um Vertrauen. Ohne Vertrauen sind ihre Kundenbeziehungen nicht viel wert.

Natürlich ist nicht jedes Gesetz immer frei von Widersprüchen, umso wichtiger ist es, damit proaktiv umzugehen.

Wir testen beispielsweise gerade ein neues Nachrichtenprodukt, das dem Nutzer, der Nutzerin transparent Auskunft darüber gibt, warum ihnen ein Artikel angezeigt wird, und mit dem sie dann auch selbstbestimmt die Entscheidung treffen können, ob das für sie vorteilhaft ist –  also ob sie die bessere Auswahl schätzen, weil sie leichter durch den Nachrichtendschungel finden oder ob sie das einschränken wollen, um stattdessen lieber eine generische Ansicht zu sehen.

 

Ihr Haus gilt in der Branche vielen als Vorreiter, Ippen Digital wächst gerade stark. Was fehlt Ihnen jetzt noch zum Glück?

Wir sind sehr ehrgeizig und trotz aller Erfolge treibt uns intern immer noch Gott sei Dank der Hunger, immer besser zu werden.

Aber, und da stehen wir nicht alleine da, im Recruiting die richtigen Leute zu finden, ist sicher im Moment die größte Herausforderung also die, die auf die Position matchen, die schnell verfügbar sind, die zu unserem Spirit passen, diejenigen mit der richtigen Mischung aus selbst anpacken und Strategien schmieden.

Glücklicherweise haben wir da ein tolles Inhouse-Recruiting-Team, was diesen Schmerz etwas lindert, aber digitale Talente sind bei uns immer willkommen.

 

Neben Buzzfeed-Chefredakteurin Sabrina Hoffmann, die über die Inszenierung von Themen für junge Zielgruppen im digitalen Raum gesprochen hat, war auch Benjamin Marx Teil der Medientage 2021.

Hier die Aufzeichnung der Session rund um die Monetarisierung von Inhalten:

 

Zur Person:

Bei Mitgeschäftsführer Benjamin Marx liegen die strategische Ausrichtung von Ippen Digital, Commercial, Administration und die operative Führung. Er leitet das Unternehmen gemeinsam mit Gründer und Geschäftsführer Jan Ippen, der hauptsächlich für die technologische Entwicklung zuständig ist.
Bevor Marx Anfang 2015 die Geschäftsführung von Ippen Digital übernahm, war er mehrere Jahre lang stellvertretender Chefredakteur der Lausitzer Rundschau und später Koordinator der digitalen Aktivitäten der Saarbrücker Verlagsgruppe. Als solcher entwickelte er unterschiedliche Digitalstrategien für die damals drei Häuser des Verlags und für das digitale Zusatzgeschäft. Davor arbeitete Benjamin Marx als Web-Programmierer und war Auslandskorrespondent Nahost für Radio, Fernsehen und Zeitungen.
Neben Ippen Digital führt Benjamin Marx auch die Munich Online GmbH (MOL) und damit das Onlinegeschäft der Ippen Mediengruppe für München und Oberbayern.

 

Die Zusammenfassungen vieler Sessions der 35. MEDIENTAGE MÜNCHEN sowie Bildmaterial stehen in der Mediathek der Medientage-Homepage und im Blog der Medientage bereit. 


Die Medienthemen können auch gehört werden: 
im Podcast der Medientage München.