Medientage München - Blog

Streaming als Motor deutscher Videoproduktionen

Geschrieben von Petra Schwegler | 05. November 2019

Was tun als deutscher Inhalteanbieter gegen die wachsende Bewegtbildkonkurrenz durch Netflix oder Amazon Prime? Und bald starten auch noch Apple TV+ oder Disney+? Heimische Streaming-Anbieter setzen auf lokale Inhalte und senderübergreifende Allianzen. Vor allem mit Premium-Eigenproduktionen könne Video on Demand (VoD) Made in Germany weiter punkten, so das Fazit bei den Medientagen München, .

Joyn-Chefin Katja Hofem betonte, dass Video on Demand über Online-Plattformen eine logische Weiterentwicklung für die Fernsehmacher darstelle: "Streaming saves Broadcasters." Noch steckt Joyn in den Kinderschuhen, hat nach Hofems Angaben seit Start im Sommer als Video-Aggregator von ProSiebenSat.1 und Discovery mehr als drei Millionen Downloads der App und fünf Millionen "monthly active user" eingesammelt. Ein Abo-Angebot (SVoD) soll in Kürze das werbefinanzierte freie Portfolio ergänzen, auch weitere Allianzen seien vorgesehen, so die Managerin. Sie und ihr Team planen darüber hinaus fürs kommende Jahr die Produktion eines Dutzends Originals.

Die Kombination von Advertising based Video on Demand (AVoD) mit kostenpflichtigen Premiumangeboten bezeichnete Constanze Gilles, Senior Vice President im Bereich Partner & Business Development bei Joyn, als Erfolgsweg. Daher werde der deutsche Aggregator mit beiden Vertriebsarten "Vollgas" geben. Constanze Gilles zeigte sich auch überzeugt davon, dass die Nutzer generell Werbung im Umfeld von Streaming akzeptieren.

Jan Wachtel, Geschäftsführer für digitale Medien & journalistische Inhalte bei der Mediengruppe RTL Deutschland, zeigte sich beim Streaming-Ableger TV Now selbstbewusst: "Wir sind ein Local Hero." Der Manager kündigte an, RTL werde künftig massiv in Inhalte investieren, um Streaming aus der Nische zu holen. "Video on Demand wird in der Mitte der Gesellschaft ankommen", so Wachtel.

Er hob zudem die wichtige Rolle eines Online-Aggregators hervor: "20 Prozent des Traffics bei RTL.de stammen von TV Now." Die "Konvertierung der Nutzer in Abonnenten“ funktioniere gut, betonte Wachtel, daher setze die Kölner Mediengruppe auf ein Hybridmodell mit Premiumangebot und werbefinanzierten Lockangebot (AVoD): "TV Now dient dazu, unsere Daten anzureichern.“ Ein wichtiges Argument bei der Vermarktung.

Das Wachstum geht weiter

Arnim Butzen, Vice President Commercial Management TV & Entertainment bei der Deutschen Telekom und zuständig für Magenta TV, bilanzierte nach einem Jahr im Markt eine Steigerung der VoD-Nutzung um 400 Prozent. "Wir liegen über den Erwartungen", betonte Butzen. Bald soll das Angebot auch auf Samsung-TV-Geräten vorinstalliert sein; für Dezember ist obendrein der Verkaufsstart eines eigenen OTT-Sticks geplant.

Der VoD-Markt in Deutschland vertrage noch weitere Anbieter, zeigte sich Pantaflix-Manager Manuel Uhlitzsch optimistisch. Das Vertrauen des Chief Commercial Officers der Plattform fußt auf der Annahme, dass die Nachfrage der Nutzer nach Content unersättlich, das Zeitbudget des Publikums beinahe unbegrenzt sei. Wenn der richtige Inhalt zur richtigen Zeit an den richtigen User gesendet werde …

Auch für etablierte Anbieter wie Sky Deutschland ist Streaming wichtig, wie Elke Walthelm als Executive Vice President Content fürs Unternehmen hervorhob. Beim Münchner Anbieter werden Pay-TV Inhalte via Sky Go seit mehr als einer Dekade gestreamt. Walthelm: "Es gibt ein Bedürfnis nach Streaming bei unseren Abonnenten." So baut Sky die Originals-Sparte kräftig aus. Einige Produktionen werden dazu nun auch in den europaweit vernetzten Sky Studios gebündelt.

Einzig der Werbemarkt wollte die Euphorie nicht so recht teilen. Für die Mediaagentur GroupM Germany forderte Marc Marienfeld, Managing Director der Agenturtochter [m]Platform, Verbesserungen bei der Daten-Qualität und die Möglichkeit der Aussteuerung zum Beispiel mit "Frequency Capping". Dadurch wird die Häufigkeit einer Werbeeinblendung für Nutzer reguliert. Unabhängig vom boomenden Streaming-Sektor postulierte der Agenturchef: "In Deutschland wird es noch auf Jahre hinaus lineares Fernsehen geben." Aber auch hier gilt: Die Branche ist im Umbruch, sie kommt kaum noch mit dem Produzieren von Inhalten nach, lautete das Fazit eines Workshops mit klassischen TV-Anbietern während der #MTM19.

Vertiefen wird das Thema "Streaming - Made in Germany" das MedienNetzwerk Bayern mit dem Media Date "Think global – produce local!“ am 13. November 2019 in München. Experten aus den Bereichen Free-TV, Pay-TV und Streaming sprechen über ihre Content-Strategien. Hier geht’s zur kostenfreien Anmeldung.

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