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Wie Verlage KI einsetzen

Geschrieben von Lisa Priller-Gebhardt | 10. August 2023

Das KI-Zeitalter ist in den Medienhäusern angekommen. Die Verlage loten Einspar-Potenziale aus und sind auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern. Die gibt es. Nicht nur in Redaktion und Produktion, sondern auch in Vertrieb und Vermarktung. Ein Überblick. 

 

Dass die Künstliche Intelligenz nicht zweifelsfrei zwischen Fakt und Fiktion unterscheiden kann, das weiß auch Philipp Welte, Vorstand Hubert Burda Media. Nach seiner Vita gefragt, antwortete das KI-Tool ChatGPT, Welte habe seine Karriere im Journalismus als Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung gestartet und sei im Aufsichtsrat des ZDF, sowie im Beirat von Google Deutschland. Das ist nicht nur „nicht intelligent, sondern kompletter Blödsinn“, sagte des  Vorstandsvorsitzende des MVFP in seiner Keynote anlässlich des Sommerfestes des Medienverbandes der freien Presse Bayern.

„Umso wichtiger ist es, dass wir als Zeitschriftenverlegerinnen und -verleger unsere zentrale Rolle als unabhängige und verlässliche Informationslieferanten wahrnehmen und verteidigen. Dazu gehört, dass unsere Inhalte von Menschen verantwortet werden, und nicht von Maschinen“, betonte der Erste Vorsitzende Horst Ohligschläger bei der MVFP-Veranstaltung.

 

So kommt KI bereits zum Einsatz

In den Verlagshäusern wird derzeit viel über die Künstliche Intelligenz diskutiert und darüber, wie sie nun einzusetzen sei. „Alle Großverlage experimentieren derzeit mit KI und bilden dazu auch ihr Personal weiter“, sagt Medienwissenschaftler Stephan Weichert.

Laut einer Studie, die die Unternehmensberatung Schickler zusammen mit dem Branchenverband WAN-IFRA erstellt hat, nutzt die Hälfte der Befragten KI wie beispielsweise das OpenAI-Tool ChatGPT in ihren Newsrooms. Jedoch im limitierten Umfang: Denn 70 Prozent von denen, die es einsetzen, gaben an, dass schätzungsweise nur bis zu 15 Prozent der Journalist:innen in den Nachrichtenredaktionen KI-Tools wöchentlich nutzen.

Laut der Befragung werden generative KI-Tools vor allem eingesetzt, um Arbeitsabläufe zu erleichtern. Die KI wird zum Assistenten, der Zusammenfassungen erstellt, Recherchen vereinfacht, Arbeitsabläufe verbessert und Texte redigiert.

Bisher noch eher selten wird die KI zur vollständigen Erstellung von Artikeln herangezogen, um Themenideen zu entwickeln oder um Inhalte zu übersetzen. „Im Moment sehen wir eine 3-Klassen-Gesellschaft, was den Einsatz von KI anbelangt. Es gibt Häuser in den USA haben das die New York Times oder die Washington Post vorgemacht –, die nach vorne schauen und alle Möglichkeiten ausloten. Dann gibt es diejenigen, die abwarten und sehen, was kommt, um dann beispielsweise Regionalausgaben mit KI zu gestalten. Dann gibt es noch die dritte Abteilung, die ängstlich und orientierungslos ist, oder ganz einfach den Einsatz von KI per se ablehnt, weil sie der Meinung ist, das habe mit Journalismus nichts zu tun“, sagt Weichert, der auch Mitgründer und Vorstand des Vocer Institut für Digitale Resilienz ist.

„Ein deutsches Verlagshaus, das weit vorne dabei ist, ist die Mitteldeutsche Zeitung. Sie hat ganze Ausgaben unter Einsatz von Midjourney und ChatGPT erstellt. „Das hat inzwischen viele Nachahmer gefunden“, so Weichert. Die Süddeutsche Zeitung nutzt künstliche Intelligenz schon länger. Beispielsweise, um große Datensätze auszuwerten. Ohne diese Technologie wären Berichte über die Panama Papers vermutlich nicht möglich gewesen. Es ging schließlich um die Auswertung von vier Terabyte Material.

Mit dem Einsatz der KI lässt sich natürlich auch Personal sparen. Eines der Häuser, das aufgrund von KI großes Effizienz-Potenzial sieht, ist der Medienkonzern Axel Springer. Er hat mit seiner Nachricht, ein spezielles Team für generative KI aufzusetzen und im Zuge der Umstellung Entlassungen vorzunehmen, da mehr Ressourcen in die Erstellung von Originalinhalten fließen soll, für großen Aufruhr gesorgt. Die Rede war von Blattmacher:innen, Redaktionsleiter:innen, Foto-Redakteur:innen. Doch es wird wohl auch noch andere Bereiche treffen. „Viele Verlage kaufen Grafik als Dienstleistung dazu. Ich gehe davon aus, dass dieser an Subunternehmen outgesourcte Bereich auch bald eingespart wird“, so der Kommunikationswissenschaftler.

Mit dem Einzug von KI fallen Jobs weg, andere entstehen. So sucht Ippen Digital, das auf seinen Online-Angeboten jeden Tag zahlreiche, mit maschineller Unterstützung verfasste Artikel veröffentlicht, derzeit AI Prompt Redakteure, sowie AI Ingenieure für die Standorte München, Stuttgart und Frankfurt.

 

Wie lassen sich mit KI zusätzliche Geschäftsfelder erschließen?

Unterdessen geht es nicht nur darum, neue Inhalte zu produzieren oder Arbeitsabläufe zu erleichtern, es sollen auch neue Erlösquellen erschlossen werden.

Der Vorsitzende der Geschäftsführung des Spiegel-Verlags, Thomas Hass, räumte beim MVFP-Empfang ein, dass es derzeit mit OpenAI, dem Unternehmen hinter GPT und dem Bildgenerierungstool DALL-E, Gespräche gebe, um ein gemeinsames Geschäftsmodell aufzubauen. Eines, das Open AI erlaubt, die Inhalte der Spiegel-Datenbank mit einzuspeisen.

Dafür gibt es seit kurzem ein internationales Beispiel: Die Nachrichtenagentur AP hat mit Open AI einen Vertrag geschlossen. Die KI-Firma erhält damit die Lizenz für den Zugang zum Nachrichtenarchiv von AP, um seine Modelle mit Daten zu füttern und so zu trainieren. Die Nachrichtenagentur wiederum darf sich die Technologie von OpenAI zunutze machen.

 

In Vertrieb und Vermarktung lässt sich mit KI Geld verdienen

Auch die Erlösfelder Vertrieb und Vermarktung sind spannend: Tageszeitungen experimentieren beispielsweise mit der dynamischen Steuerung der Paywall. Die KI-Datenanalyse kann prognostizieren, wie viel Reichweite – und damit Werbeeinnahmen – ein Artikel einspielen wird. Und ob es schlauer ist, einen Artikel vor oder hinter die Paywall zu stellen.

Außerdem setzen Verlage KI in der Online-Vermarktung ein bei der Angebotserstellung, der Buchung und der Personalisierung von Werbemaßnahmen. Laut Fachmagazin Horizont nutzt die Springer-Marke Welt KI, um die Fußballergebnisse der Regionalliga in Texte umzuwandeln, die dann als Werbeformat vermarktet werden.

Und Burda lässt Teile seiner Werbeangebote über „Robotic Process Automation“ erstellen. Da macht die KI hoffentlich einen besseren Job, als bei der Recherche zu Philipp Weltes Vita.

 

Die MEDIENTAGE MÜNCHEN 2023 finden vom 25. bis 27. Oktober bei der Serviceplan Group im House of Communication in München statt. Dabei blicken wir im Rahmen zahlreicher Sessions zum Thema KI auf Trends,  Herausforderungen und Aufgaben für die Kommunikationsbranche im Umgang mit Künstlicher Intelligenz.

Interessiert an Themen rund um die Medienbranche? Dann ist hier im Blog der Medientage München noch mehr Lesenswertes zu finden.
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