Schon allein die Formulierungen in der aktuellen Ausgabe „Trends 2021“ der Langzeitstudie ARD/ZDF-Massenkommunikation machen deutlich: Unsere Mediennutzung wandelt sich rasant und nachhaltig. Wo noch vor ein paar Jahren die Rede von „TV“ und „Radio“ war, analysieren die öffentlich-rechtlichen Forscher:innen nun „Bewegtbild“ und „Audio“. Eigentlich auf Aussagen zur Nutzungsdauer der einzelnen Gattungen ausgerichtet, gibt das Werk viel preis über die Art, wie wir heute Medien nutzen. Eine Übersicht.
Eines vorweg: Geprägt wird die aktualisierte ARD/ZDF-Studie vom „Trend zum Zeitsouveränen“. Audio- und Bewegtbildangebote werden vor allem dann immer stärker abgefragt, wenn sie abrufbar sind und sich nicht an bisher bekannten linearen Schemata orientieren.
Einer der Treiber dieser Entwicklung ist dem Werk zufolge das Smartphone. Mobile Devices spielen bei der Mediennutzung über den Tag hinweg inzwischen eine ähnlich große Rolle wie der Tagesbegleiter Radio oder der nahezu überall selbstverständliche Einrichtungsgegenstand, das TV-Gerät. Einige Veränderungen beim Medienkonsum gehen damit einher.
Die Grafik veranschaulicht die Entwicklung der vergangenen Jahre:
Im Erhebungszeitraum während der „dritten Welle“ der Corona-Pandemie von Ende Januar bis Ende April 2021 verbrachten die Menschen weiterhin viel Zeit zu Hause. Generell ergibt sich bei der Mediennutzung in Deutschland über alle Gattungen hinweg bei den ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends 2021 folgendes Bild:
- 99 Prozent der vom Institut GIM 2001 repräsentativ befragten, deutschsprachigen Personen ab 14 Jahren nutzen täglich Medien. Und das im Schnitt mehr als sieben Stunden pro Tag (429 Minuten netto), die Mediennutzung ist damit im Corona-Alltag um weitere fünf Minuten gestiegen.
- Vor allem Bild und Ton spielen dabei eine Rolle: „Die Tagesreichweiten von Bewegtbild (89 Prozent) und Audio (85 Prozent) sind deutlich höher als die von Textmedien (45 Prozent). Auch bei den Nutzungsdauern liegen Video/Fernsehen und Audio/Radio vorn, bei weiter leichter Verschiebung zu Bewegtbild“, heißt es in dem Werk.
- Wiederum 71 Prozent der täglichen Zeit vor Bewegtbild-Inhalten entfallen auf lineares Fernsehen und aufgenommene Sendungen, zeitsouverän werden zu 29 Prozent Inhalte aus dem Internet abgerufen. „Inklusive der Angebote von TV-Sendern in Mediatheken und bei YouTube entfällt drei Viertel der Nutzungszeit auf TV-Inhalte“, lautet das Fazit. Wobei Netflix und Co als kostenpflichtige Streaming-Dienste weiter auf dem Vormarsch sind. Allerdings ermittelt das Forscherteam, dass auch die Nutzung von TV-Inhalten in Mediatheken und bei YouTube steigt. YouTube insgesamt stagniere, so die Studie.
- Zurück zur Zeitsouveränität: Die Fernsehsender werden dabei von den Autor:innen gleichermaßen als „Profiteure und Verstärker“ des Trends bezeichnet. Denn: Ihre Mediatheken erreichen innerhalb einer Woche mittlerweile 38 Prozent der Bevölkerung, ein Plus von fünf Prozentpunkten. „Neben den 30- bis 49-Jährigen (Anstieg der Wochenreichweite von 42 auf 50 Prozent) entdecken auch immer mehr Ältere die Vorzüge von TV-Sendungen und Filmen auf Abruf (50- bis 69-Jährige: 37 Prozent Wochenreichweite, plus neun Prozentpunkte)“, heißt es in der Analyse.
- Auch die ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends 2021 zeichnet im Großen und Ganzen ein von der Corona-Pandemie gezeichnetes Bild bei der Mediennutzung: „Fernsehen bleibt stabil, Radio legt wieder zu.“ Die täglichen Audio-Reichweiten steigen und liegen mit 85 Prozent nur knapp hinter dem Bewegtbild.
- Das Radio ist dabei „unangefochtener Spitzenreiter“ und erreicht mit 76 Prozent täglich mehr Menschen denn je. Bei den 14- bis 29-Jährigen übertrifft Radio 2021 auch bei der Hördauer wieder knapp die Musik-Streamingdienste.
- Und auch hier wird festgehalten: Podcasts sowie Radioinhalte auf Abruf erhöhen ihre Reichweiten gegenüber dem Vorjahr deutlich.
- Konnten Printmedien während des Corona-Jahres vor allem im Digitalbereich von höheren Reichweiten aufgrund des gestiegenen Informationsbedürfnisses berichten, so heißt es nun in der ARD-ZDF-Studie, dass Texte weiter an Tagesreichweite verlieren und nur noch auf 45 Prozent kommen würden: „Artikel im Internet erreichen dabei pro Tag 20 Prozent der Menschen, etwa genauso viele wie gedruckte Zeitungen und Zeitschriften mit 19 Prozent.“ Nur noch 58 Prozent der Bevölkerung nutzen mindestens einmal wöchentlich eine gedruckte Zeitung oder Zeitschrift, aber inzwischen lesen 75 Prozent Artikel in digitaler Form.
Natürlich prägt der Absender der Studie die Ergebnisse, ARD und ZDF haben die Erwartungen an die Zukunft der Medien mitabgefragt. Demnach sagen 81 Prozent der Menschen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk unverzichtbar bleibe, 91 Prozent stufen regionale Inhalte in den Medien als wichtig ein und 89 Prozent geben zu Protokoll, dass verlässliche Informationen künftig wichtiger würden.
Als Stärken des öffentlich-rechtlichen Rundfunks werden die journalistische Qualität (70 Prozent) und die gesellschaftliche (71 Prozent) Relevanz der Inhalte angeführt. „Besonders hoch sind die Zustimmungswerte hier bei den jüngeren Befragten“, freuen sich die öffentlich-rechtlichen Absender:innen.
Die wichtigsten Trends sind hier in einer Grafik hinterlegt.
Die MEDIENTAGE MÜNCHEN finden dieses Jahr vom 25. bis 29. Oktober statt. Sie stehen unter dem Motto New Perspectives. Dabei blicken wir auf die Zeit nach der Corona-Pandemie und zeigen neue Perspektiven, Geschäfts- und Arbeitsmodelle auf, die dem veränderten Medienkonsum Rechnung tragen.
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