Medientage München - Blog

Wir streamen immer mehr

Geschrieben von Petra Schwegler | 30. Januar 2025

Die Streaming-Nutzung in deutschen Haushalten nimmt auf hohem Niveau weiter zu. Das gilt für Audio wie für Bewegtbild. Zu den Treibern gehören Musik, Podcasts, die Vorherrschaft des Smartphones sowie das wachsende Angebote an Video-Streaming-Angeboten.

 

Nehmen wir nur das Musikstreaming. Das Jahr 2024 hat neue User-Rekorde gebracht. In Deutschland haben BVMI und GfK Entertainment über 236 Milliarden Streams gezählt – elf Prozent mehr als im Jahr 2023. Damit hat sich das Volumen in sechs Jahren mehr als verdoppelt. Heiligabend 2024 war mit 927 Millionen Abrufen der meist gestreamte Tag aller Zeiten. Ein Tag, der das Vorjahres-Christfest nochmals um fast 100 Millionen Streams überrundet hat.

BVMI und GfK sehen Musikstreaming weiterhin im Aufwärtstrend; gelistet werden in ihrer Analyse absolute Abrufzahlen der Streaming-Dienste wie Spotify, die sowohl werbefinanzierte als auch Premium-Streams beinhalten.

Hier die Wachstumskurve:



Der Online-Audio-Monitor 2024 bestätigt diese Höchstwerte im Rahmen der untersuchten Online-Audio-Nutzung, die 2024 den Wert von 74,2 Prozent aller Deutschen erreicht hat. Musik-Streaming bleibt dabei führend, die Podcast- und Hörbücher-Nutzung nimmt deutlich zu. Besonders junge Menschen (14 bis 29 Jahre) hören regelmäßig Podcasts.

Ein Treiber dieser Entwicklung ist wiederum das omnipräsente Smartphone, das beim Abruf zum Hauptgerät geworden sind.



Das Streaming-Plus im Audiobereich wird durch die wachsende Vorliebe der Deutschen für Podcasts weiter befeuert. Das Hörgenre zählt zum Audio-Streaming, aber mit der Besonderheit, dass Podcasts auch offline gehört werden können. Der Audible Hörkompass 2024 kommt zu dem Schluss, dass sich das Hörverhalten zunehmend von festen Sendezeiten löst und On-Demand-Angebote bevorzugt werden.

Der aktuelle egta-Report aus dem Kreis der Mediaforschenden berichtet auf Basis diverser Studien und Prognosen, dass YouTube zum wichtigster Podcast-Hörkanal wird, besonders für Gen Z und Millennials. Deutschsprachiger Pop, Country und Folk wachsen demnach im Streaming-Bereich. Des Weiteren  hält der Verband fest, dass im Bereich Audio und Bewegtbild Streaming gegenüber anderen Verbreitungswegen inzwischen dominiert; klassische Medien passen sich demnach an. 

 

Video-Streaming in starker Konkurrenz zum TV 

Für den Videobereich sind die Wachstumsraten ähnlich beachtlich. Doch laut Deloitte Media Consumer Survey 2024 hat sich gerade der Markt für Video-on-Demand-Bezahlabonnements (SVoD) gegenüber dem klassischen Fernsehkonsum auf einem hohen Niveau eingependelt. 64 Prozent der Befragten hatten demnach 2024 Zugriff auf mindestens einen kostenpflichtigen Streaming-Dienst, ebenso viele wie im Vorjahr. Die durchschnittliche Zahl der Abos pro Haushalt liegt bei 2,5, ein Wert, der gegenüber 2021 kaum gestiegen ist (2,2).

Was dagegen zunimmt, sei die Nutzung der vorhandenen Abos, heißt es von Deloitte: Fast jede:r Zweite gibt an, diese intensiver zu verwenden als noch vor zwölf Monaten. Und: Alles eine Frage der Kosten in klammeren Zeiten; werbefinanzierte Streaming-Modelle gewinnen der Analyse zufolge an Bedeutung.

Auch der egta-Überblick macht deutlich, dass sich Streaming bei den Nutzungszeiten immer mehr ans Fernsehen annähert. Beispiel USA: Erwachsene schauen dort täglich 2 Stunden 55 Minuten fern, streamen aber auch 1 Stunde und 49 Minuten. Wenig erstaunlich, dass aus Werbesicht Connected TV stark wächst, zumal sich zum hohen TV-Konsum über immer mehr vernetzte Empfangsgeräte ein stark wachsendes Streaming-Angebot dazugesellt. Neue Werbeformate und personalisierte Werbung im CTV würden wichtiger, rät die egta. Noch halten Live-Events, Sport und Nachrichten das klassische TV stark, besonders in Kanada und europäischen Markt. 

Hierzulande dokumentiert die crossmediale Ausweisung der Reichweitendaten durch die AGF längst, wie sehr sich das Sehverhalten geändert hat. So manche TV-Produktion gewinnt erst in der Mediatheken-Variante beim Publikum. 

 

Wettstreit der Anbieter

Apropos YouTube: Beim Video-Streaming hat die Google-Plattform bei der Gesamtnutzung die Nase vorne. 68 Prozent der über 14-jährigen Deutschen greifen zumindest "selten" das Angebot aus dem Hause Alphabet auf. Laut der ARD/ZDF-Medienstudie 2024 erreichen öffentlich-rechtlichen Mediatheken von ARD und ZDF jeweils knapp die Hälfte der Bevölkerung auf dieser Basis. Dahinter rangieren Amazon Prime Video, Netflix sowie Disney+.

Wie sich der Markt der aufteilt, hat JustWatch visualisiert. Darin fließen die Aktivitäten von drei Millionen Nutzenden der Streaming-Suchmaschine in Deutschland ein (Wählen ihres Streaming-Dienstes, Klicken auf Streaming-Angebote, Markieren von Titeln):

 

Wie geht es weiter?

Mittelfristig erwarten Expert:innen durch die linearen, werbefinanzierten und kostenfreien Spartenangebote im Stream unter dem Label FAST weiteres Wachstum. Aktuell ordnet das britische Marktforschungsunternehmen Omdia Deutschland unter den Top-5-Märkten des werbefinanzierten Streaming-Segments ein. Bis 2027 könnten hierzulande bis zu 200 Millionen Euro mit FAST Channels umgesetzt werden, fast drei Mal so viel wie heute. 

In einer Diskussion im Rahmen der digitalen Eventreihe Tasting Talks wurde deutlich, dass es Unterschiede in der Adoption zwischen den USA und Europa gibt. Während "Free Ad Supported Streaming Television" als hybrides Modell, das Elemente des traditionellen Fernsehens mit den Vorteilen von Streaming-Diensten verbinde, in den USA als willkommene Alternative zu traditionellen Kabelnetzen betrachtet wird, stellen unter anderem die starken öffentlich-rechtlichen Sender und die historisch gewachsene Struktur des Free-TV-Marktes für Zuschauende den Wechsel in den Stream (noch) in Frage.

Dennoch ergänzen Mediatheken wie RTL+ ihr Angebot immer mehr mit FAST-Angeboten, die kostengünstig sehr spitze Nischen ansprechen können. Und eben auch zusätzliche Erlöse versprechen. 

Auch wenn die Studien teils zu unterschiedlichen Detailergebnissen kommen: Prognostiziert wird in allen Analysen, dass wir immer mehr streamen werden. In Ton und Bild. 

#BigScreenVideo!
Alles wächst auf dem großen Bildschirm zusammen: Fernsehen und Streaming sind schon da, Social TV und Gaming ziehen nach, Zukunftsmodelle richten sich danach aus. Der Big Screen wird zur zentralen und vernetzten Anlaufstelle für Publikum, Publisher und Promotion. Mit Folgen für Menschen, Medien und Marken, für Media- und Business-Modelle, für die Infrastruktur oder auch die Technologiehersteller. 
Darüber wollen wir beim #MTM SPECIAL FUTURE VIDEO 2025 sprechen! Die Konferenz findet am 01. April 2025 im House of Communication in München statt und widmet sich der Zukunft von Video: Trends im TV und Streaming und bei der Werbefinanzierung stehen auf dem Programm von #FuVi25. 


Mehr Lesenswertes rund um die Themen der MEDIENTAGE MÜNCHEN steht im Blog der Medientage bereit. Inspirierendes kann auch gehört werden: im Podcast der MEDIENTAGE MÜNCHEN.