Medientage München - Blog

Addressable TV macht Fernsehen fit für die Zukunft

Geschrieben von Susanne Herrmann | 17. März 2020

Mit Connected TV hält Addressable TV (ATV) in der Vermarktung Einzug und bringt digitale Werbung und Fernsehen zusammen. So sind Targeting – nach Kriterien wie Tageszeiten, Wetter, Soziodemografie–, bannerähnliche Switch-Ins und sogar zielgruppenspezifische Spots anstelle des linearen Fernseh-Werbeclips möglich.
Sender- und vermarkterübergreifende ATV-Buchung bietet seit Sommer 2019 das Joint Venture d-force von ProSiebenSat.1 und der Mediengruppe RTL Deutschland an.  In der d-force-Geschäftsführung ist Alen Nazarian für den Bereich Produkt und Technologie verantwortlich. Seit 2016 ist er außerdem CTO des ProSiebenSat.1-Vermarkters SevenOne Media und der P7S1 Advertising Platform Solutions. Über "Connected TV-Markt – Alles auf Angriff?" diskutiert er auf der Konferenz "Connect! – The Future of TV" unter anderem mit dem Mediaprofi Christof Baron. Im Interview mit dem Medientage Blog führt er aus, was Addressable TV für das moderne vernetze Fernsehen bedeutet.

 

Herr Nazarian, was ist heute mit Addressable TV (ATV) alles möglich? 

Bereits sehr viel. Für die Werbekunden liegen die Vorteile auf der Hand: Addressable TV verbindet die Stärken von Fernsehen wie Reichweite und emotionales Bewegtbild mit denen digitaler Werbung.

So wird durch Addressable TV auch im Bereich der Fernsehwerbung die gezielte Aussteuerung von Werbung im linearen Programm über HbbTV-fähige Smart-TV-Geräte auf bestimmte Zielgruppen, also Targeting, möglich. Programmatic Addressable TV, wie es d-force bietet, ermöglicht neben der automa­tisierten und datenbasierten Buchung von kombinierten ATV- und Video-Kampagnen ein vermarkter­über­grei­fendes Kontaktklassenmanagement, das für Reichweiten­optimierung sorgt und dadurch maximale Budgeteffizienz für die Bewegtbildkampagne sicherstellt.

Spielt die Interaktion via Smart TV – Stichwort: Red Button – bereits eine nennenswerte Rolle bei der Ausspielung der Kampagnen?  

Wir sprechen hier von zwei unterschiedlichen Nutzungen von Smart TVs: Im Red-Button-Bereich geht es um die Interaktion der Nutzer mit ihren Smart-TV-Geräten, etwa um zusätzliche Inhalte der Sender anzusehen. Bei Addressable TV bewegen wir uns im linearen TV. Und das ist auch der entscheidende Vorteil dieser Werbeform.

Aber selbstverständlich können ATV-Kampagnen auch interaktiv ausge­legt werden, damit Zuschauer im Rahmen der Rückkanalfähigkeit zum Beispiel Informationen zum Produkt abrufen oder an Gewinnspielen teilnehmen können.

Zu den Vorteilen von ATV gehört, dass Werbekunden deutlich preiswerter auf den Fernsehschirm kommen. Fehlt das Geld nicht irgendwann im Werbetopf der Sendervermarkter?

Nein. Addressable TV führt letztlich die TV-Werbung auf ein neues Level – mit entsprechenden Wachstumschancen. Darüber hinaus sind ATV und klassische Fernsehwerbung ja kein Entweder-Oder.

Im Gegenteil: Oft werden klassische Fernsehkampagnen mit ATV ergänzt, um sie beispielsweise in der Reichweite zu verlängern oder in der Wirkung zu verstärken. Zum anderen sind die großen TV-Häuser aus gutem Grund sehr früh in die ATV-Thematik eingestiegen, da die personalisierte Ansprache die Chance auf Budgettöpfe bietet, die der klassischen TV-Werbung bisher eher verwehrt geblieben waren.

Das erschließt den Sender­vermarktern nicht nur neue Kundenzielgruppen, sondern eröffnet auch erhebliche Wachstumspotenziale.

Mit wem konkurriert ATV um die Werbeeinnahmen: mit anderen TV-Anbietern, mit Streamingdiensten, mit Google und Facebook? 

Das Fernsehnutzungsverhalten hat sich in den vergangenen Jahren verändert und wird sich mit neuen technologischen Möglichkeiten aus der Digitalisierung weiter verändern. Trotz neuer Angebote und weiterer Fragmentierung der Medien ist TV nach wie vor mit weitem Abstand das meistgenutzte Medium.

Hinzu kommen Entwicklungen wie die Second- und Third-Screen-Nutzung. Die Medienhäuser hinter d-force haben aber ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal: hochwertigen Content und sichere Werbeumfelder. Denn diese bieten das optimale Umfeld für Kampagnen. Daher sind Addressable TV und programmatische ATV-Kampagnen in redaktionell hochwertigen Angeboten eine leistungs­starke Option für Werbungtreibende.

Zu d-force haben sich die zwei größten Privatsenderfamilien zusammengetan, die sonst im harten Wettbewerb stehen. Wie gelingt die Kooperation? 

Sehr gut. Mit d-force haben ProSiebenSat.1 und die Mediengruppe RTL unter anderem Forderungen der werbungtreibenden Industrie aufgegriffen, Addressable TV in den Reichweiten gebündelt und harmonisiert einfach und effizient buchen zu können.

Insofern ist der Charme von d-force von den Werbekunden sehr schnell verstanden worden, und das neue Unternehmen hat sehr schnell Fahrt aufgenommen.

Sind die Werbekunden und Kreativagenturen schon bereit für ATV?

Auf jeden Fall. Die relevanten Online-Mechaniken und -Systematiken sind gelernt und etabliert – und werden inzwischen auch in anderen Mediengattungen erwartet. Das gilt selbstverständlich auch für TV.  Dass gerade die Werbekunden sich sehr intensiv mit dem Thema auseinandersetzen, sieht man nicht zuletzt an der sehr positiven Resonanz auf d-force als nächste Ausbaustufe von ATV.

Programmatic ATV steht zwar noch relativ am Anfang, auch weil das programmatische Ökosystem hier noch einiges an Harmonisierungen im Hinblick auf Daten, Währungen etc. leisten muss. Auch steht das Thema dynamischer Content im Bewegtbildbereich natürlich vor komplexeren Anforderungen, wenn man die kreativen Potenziale hier voll ausschöpfen will. Insofern sind die Kampagnenkonzepte und die Umsätze mit Programmatic Advertising im Addressable TV noch deutlich ausbaufähig.

Aber das Geschäft entwickelt sich positiv.

Das Motto der Veranstaltung „Connect“ lautet „Future of TV“: Wie sieht die Zukunft des Fernsehens aus? 

Fernsehen wird immer digitaler und personalisierter werden – in allen seinen Facetten, das heißt von der Form der Nutzung und den Endgeräten über die Inhalte und Distribution bis zur Werbung und Vermarktung.

Der Fernseher als Big Screen wird sicher kein Auslaufmodell sein – er wird nur viel individueller genutzt und adressiert werden. Insofern ist die Verknüpfung von digitaler Welt und Bewegtbildwelt genau der richtige Schritt, um Fernsehen flexibler und offener zu gestalten und damit fit für die Zukunft zu machen.  

Der Digitalexperte und d-force -Technikchef Alen Nazarian debattiert auf dem Medientage Special "Connect! – The Future of TV" mit Christof Baron, Media for Excellence. Die Konferenz findet dieses Jahr erstmals in den Design Offices München Atlas statt.

Bitte beachten Sie den neuen Termin für die Veranstaltung: 23. Juni 2020. 

Hier geht’s zum Programm und zur Anmeldung.