Hat die Digitalisierung die Medien im vergangenen Jahrzehnt bereits stark geprägt, so hat die Corona-Pandemie seit Frühjahr 2020 viele Entwicklungen in der Medienbranche regelrecht vorgespult. Die rasanten Veränderungen treffen noch dazu auf eine Gesellschaft im Wandel. Umso mehr lohnt ein Blick in die Zukunft und eine Analyse der Trends, die Audio, Bewegtbild, Buch, Print & Publishing sowie Werbung im kommenden Jahr prägen werden. Ein Ausblick, den das MedienNetzwerk Bayern mit dem Event Medientrends 2022 gewagt hat.
Interactive Experience, Empathy Movement, Data-inspired Storytelling, Next Level Internet, synthetische Medien, Community Centricity, Generation Corona, Revivalism, Creatfluencer, Hypegier, Transformational TV und War for Talents: Das MedienNetzwerk Bayern und Magnus Gebauer, Trend-Spezialist im Team Vernetzung & Strategische Partnerschaften des Unternehmens, haben diese Trends herausgearbeitet. Sie werden im nächsten Jahr aus ihrer Sicht eine wichtige Rolle einnehmen.
Vorangegangen waren umfangreiche Recherchen in Fachmedien, Besuche digitaler und physischer Konferenzen und persönliche Gespräche mit Branchenexpert:innen. Präsentiert wurden die Entwicklungen, die den vier Bereichen „Content & Storytelling“, „Technologie & Innovation“, „Mensch & Gesellschaft“ sowie „Prozesse & Entwicklungen“ zuzuordnen sind, im Rahmen der Digital-Veranstaltung "Medientrends 2022".
Zwar befinden wir uns laut Magnus Gebauer in der „Sternstunde des Datenjournalismus“. Dennoch bedarf es mehr, um User auch wirklich für Medien zu gewinnen und an sich zu binden. Empathie, das Einfühlungsvermögen in die Lebenswelt insbesondere junger Zielgruppen, gilt als Schlüssel für den Vertrauensaufbau.
Eva Deinert, Creative Producerin für digitale Entwicklungen beim Bayerischen Rundfunk, berichtete im Rahmen der #Medientrends22 vom großen Umdenken bei der Münchner ARD-Anstalt. Das Haus sei intensiv damit beschäftigt, zu hinterfragen und zu lernen, was User machen und was sie brauchen. „Es ist nicht mehr nur der Fernseher“, schmunzelte Deinert. Sie ließ die teilnehmenden Expert:innen und die Zuschauer:innen in den generellen Denkansatz des BR blicken: Über allem stehen dort inzwischen die Inhalte, die Idee. Und danach wird über die Wahl der Kanäle entschieden.
„Communities haben ein neues Level an Relevanz erreicht“, betonte Magnus Gebauer und führte den Messenger-Dienst Discord als Beispiel an, ein Ort, den inzwischen Marken nutzen, um die Bindung zu ihrer Gefolgschaft zu vertiefen.
Und es ist auch nötig, User bei der rasanten Weiterentwicklung des digitalen Raums an die Hand zu nehmen: Nach den alten und den Internet-Medien kommen zunehmend Medien, die mit KI künstlich erzeugt wurden. Auch, so schätzte der Trend-Experte, könnte das Deepfake-Entertainment 2022 noch umfangreicher werden. Es bedarf einer gewissen Führung, um zwischen sinnvoll und schädlich im Netz überhaupt noch unterscheiden zu können.
Dirk von Gehlen, Leiter Social Media und Innovation bei der Süddeutschen Zeitung, betonte: „Ich glaube, dass die Communities gut funktionieren, bei denen es Creators gelingt, den Mehrwert zu kommunizieren.“ Er riet Redaktionen, in dem Bereich Kompetenz aufzubauen.
Die bisher undefinierte Gen C, die vom Kleinkind bis zur Generation Z der Erwachsenen reicht, zeichnet eine besondere Medienaffinität aus. Martina Vollbehr, Co-Founder & Managing Director der pilot Agenturgruppe und verantwortlich für die Themen Insights und Strategie, konnte auf Basis einer hauseigenen Studienreihe seit Start der Pandemie berichten: Die Generation Corona bewegt vor allem der Verlust von Social Engagement in der realen Welt.
Fürs überwiegend digitale Orientieren haben Creatfluencer bei der jungen Zielgruppe nochmals enorm an Relevanz gewonnen. Sie lösten die Grenze zwischen Medienmoment und Content auf, so die Mediakennerin. Bei den Netz-Idolen sei Empathie gefragt an der Grenze zwischen der Ansprache Einzelner und der Ansprache der Massen, Leidenschaft und Authentizität sorgten für Identifikation.
Die Wortschöpfung aus Hype und Habgier zeigt: „Der Drang nach Hypes ist der Treibstoff der digitalen Medienwelt“, wie Trend-Experte Gebauer betonte. Hypes würden gepusht und durch die Medienwelt gejagt – dann zerplatzen und verschwinden sie nicht selten. Prominentestes Beispiel: Clubhouse. Deutlich wurde aber auch, wie Medien von Hypes profitieren können. So beflügele der neue starke Fokus auf News, Infos und Talk-Formate gerade die privaten Sender. Das prominenteste Beispiel für den positiven Erfolg dieses Hypes kam von ProSieben – mit den Dokus von Thilo Mischke.
Sara Weber mit Stephanie Schettler-Köhler und Petra Schwegler (Foto: MedienNetzwerk Bayern)
Unterdessen verschärfte sich der Bedarf an Spezialisten, vor allem, wenn es um neue Produktionsformen geht. Stephanie Schettler-Köhler, COO und seit diesem Jahr auch Vorständin der Produktionsgesellschaft PANTAFLIX, konnte berichten, dass sogar schon ganze Produktionen abgesagt werden mussten.
Zur kompletten Trendübersicht auf der Seite des MedienNetzwerk Bayern, das ebenso wie die Medientage München ein Unternehmen der Medien.Bayern GmbH ist, geht es hier entlang.
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