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Future Video: Das sagt die Branche zur Zukunft von Bewegtbild

Geschrieben von Petra Schwegler | 17. Mai 2023

Die Branche hat sich in den vergangenen Jahren bereits massiv verändert und wird sich bis 2030 nochmals massiv verändern: So könnte zusammengefasst werden, wie Vertreter:innen aus TV, Streaming, Beratung, Mediaagenturen, Forschung oder auch aus großen Digitalunternehmen den Bewegtbildmarkt im Rahmen des #MTM SPECIALS Future Video beurteilt haben. Die Tageskonferenz in München beleuchtete viele Facetten der Entwicklungen. Ein Überblick.

 

Aus Sicht von Dr. Thorsten Schmiege haben sich die Veränderungen im Bereich von Streaming, Connected TV oder auch Social TV in den vergangenen Jahren massiv beschleunigt. Der BLM-Präsident brachte es bei Future Video auf den Punkt:

In seiner Keynote verdeutlichte Matthew Bailey, wo im globalen TV- und Video-Ökosystem die wichtigen Wachstumsbereiche liegen: bei Werbefinanziertem im Stream und bei Social Video.

Bis 2028 könnte der globale Markt der FAST Channels die Umsatzgrenze von 13 Milliarden Dollar toppen, also das Angebot an kostenlosem werbegestütztem Streaming-TV, berichtete der britische Marktforscher von OMDIA. Eine wachsende Rolle spielen dabei Live-Sportinhalte.

Der Marktforscher ging davon aus, dass soziale Videoplattformen – einschließlich YouTube, Meta und TikTok – immer mehr Einfluss auf die weltweiten TV- und Videowerbeeinnahmen haben werden. Zumal Social Video die jungen Nutzer:innen bindet:

Die ersten exklusiven Ergebnisse der aktualisierten Burda-Studie „Screens in Motion“ bestätigen diverse Aussagen von OMDIA, heruntergebrochen auf den deutschen Markt.

Der Fernseher bleibt demnach hierzulande das Gerät Nummer eins für Bewegtbild, sogar bei den Jungen bis 29 Jahre – wobei in dieser Zielgruppe vor allem über das Smartphone geguckt oder gestreamt wird.

Nach Genres bleibt Burda zufolge TV das Terrain von Nachrichten (leicht abnehmend), Filme und Dokus. Im Stream werden Filme, Serien und Dokus bevorzugt, in Social Videos Tutorials und Musikvideos.

Der Startbildschirm spielt auch laut Burda-Forscherin Marion Sperlich eine immer größere Rolle. Dennoch werde dann auch damit „gezappt“ und der EPG genutzt, wenn Menschen spontan gucken wollen. Unter 30-Jährige brauchen am längsten für die Auswahl ihres Programms – es vergehen schon mal 17 Minuten, bis sie wissen, was sie sehen möchten.

 

„Streaming wächst als werberelevantes Umfeld“

Eine Studie von SamsungAds und GroupM bestätigte Trends der Analysen von OMDIA und Burda. Und: „Streaming wächst als werberelevantes Umfeld“, betonte Christian Russ von SamsungAds bei #MTM SPECIAL Future Video. „Es gibt ganz klar eine Daseinsberechtigung für kostenloses werbefinanziertes Streaming.“

Die User ziehen mit und nehmen im Gegenzug die geringeren Kosten an – 18 Prozent der Befragten wollen ihre Streaming-Ausgaben reduzieren.

Benedikt Frey, der bei Samsung hinter dem deutschen FAST-Service mit inzwischen 115 Channels steht, will bestmöglichen Content für die Zuschauenden zusammenstellen.

ZDF Studios als kommerzielle Tochter des ZDF liefert solch relevanten Content an Samsung. Linette Zaulich aus dem Mainzer Team sagte über die Beweggründe: „FAST ist eine besondere Form, Content zu bündeln unter einer Marke, die gut funktioniert.“

Viele Inhalte, viele Player, viele Umfelder: Michael Beuth von Mediaplus hob bei Future Video die Bedeutung von einheitlichen Daten bei der Vermarktung hervor. Der Mediaexperte verwies auf ein „sehr deutsches Thema“: Der Werbekunde buche, was er messen kann. So sei das gelernt aus dem TV und der etablierten Reichweitenmessung der AGF Videoforschung.

Die Kunst für Anbieter liegt darin, nicht nur auf einer Plattform vertreten zu sein, sondern auch an dem Drumherum intensiv zu arbeiten: Zugang, Bezahlsysteme, Finanzierungsform, Inhalte. So beschrieb Dr. Bernd Riefler von veed analytics die To-dos für Unternehmen im Bereich Streaming. Auch dem klassischen TV gab Riefler gute Chancen. Was sein muss? Livecharakter, Shows, Sport: „Das sind weiterhin Lagerfeuermomente.“ Der Bewegtbildexperte empfahl für solche Events eine Social-Media-Begleitung.

 

Reichweiten müssen vergleichbar werden

Wie trägt die Reichweitenmessung der Wanderung des Publikums vom TV hin zum Stream Rechnung?

Kerstin Niederauer-Kopf hob bei #MTM SPECIAL Future Video vor, dass in den vergangenen Jahren verschiedene Messansätze hinzugekommen sind, um auch die Nutzung von Streams zu bewerten. Bereits im Herbst 2022 hat die AGF die Ausweitung des crossmedialen Reichweiten-Systems verkündet: „X Reach kann erklären, wo sich die Zuschauenden hinbewegen und befinden.“

Christian Bachert von Mediaplus und Marion Rathmann als Programmchefin von Warner Bros. Discovery Deutschland bestätigten die Verschiebung der Zuschauermassen hin zum Stream. „Die Herausforderung besteht darin, eine echte Vergleichbarkeit zu schaffen. Es geht um die Frage der Wertigkeit der verschiedenen Kanäle“, so Rathmann.

„Die Welten müssen konvergent sein!“, bekräftigte Niederauer-Kopf. Das Digitale müsse am gemeinsamen Tisch von Sendern, Werbeverantwortlichen, Digitalunternehmen und Forscher:innen der bekannten Goldwährung der AGF-TV-Reichweiten hinzugefügt werden.

 

Klügere Werbung für das AVoD-Umfeld

Der Kreativvermarkter SevenOne AdFactory hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Werbung an neue Umgebungen anzupassen. Die Learnings kommen aus der eigenen Welt: Mit Joyn hat der Mutterkonzern ProSiebenSat.1 eine Art Aggregator als Mediathek, der bekannte TV-Inhalte ebenso bündelt wie Twitch-Influencer oder Originals, die extra für Joyn produziert werden.

Das Rezept von Maximilian Klopsch, Geschäftsführer des Vermarkters SevenOne Media: „Wir wollen nicht nur das Standardgeschäft rund um AVoD machen, wir wollen Manufaktur-AVoD!“. Darunter fällt kluge Integration der Marken, so Klopsch. Darunter fällt virtuelles Placement, in dem bestehende Szenen dank KI-Tools neu ergänzt werden, Filmplakate digital überschrieben. Oder klassisches Product Placement als Ausgangspunkt für spielerische neue Formate.

In einem zweiten Workshop im Rahmen des #MTM SPECIALS machte Maximilian von Perfall deutlich, wie YouTube Shorts auf Bewegtbildmarken einzahlen können.

Das Fazit des Google-Managers:

 
So tickt Netflix

Einen Einblick in den „Maschinenraum“ von Netflix erlaubte Dr. Elmar Nubbemeyer als Datenspezialist des Unternehmens beim #MTM SPECIAL Future Video. Er beschrieb das Grundverständnis hinter allem, wonach das Unternehmen seinen „Mitgliedern“ das Maximum für die Abogebühr bieten wolle.

Das Geheimnis der persönlichen Empfehlungen des Streamimg-Platzhorsches?

Daneben würde viel Forschung investiert. Der viel beschworene Algorithmus hinter Empfehlungen sei indes nichts Statisches. „Wir passen den Algorithmus in immer kürzeren Abständen an und arbeiten ständig an Verbesserungen“, berichtete der Münchner mit Wohnort USA.

Dennoch: „Man kann nicht aus jedem Titel einen Hit machen“, räumte Nubbemeyer ein. „Es geht letztendlich um die Qualität von Geschichten. Das lässt sich am Ende des Tages nicht komplett analytisch erklären.“

 
Wie geht es weiter?

Dr. Robert Richter, Google TV, Markus Härtenstein, waipu.tv, Haruka Gruber, DAZN und Dr. Thorsten Schmiege, BLM blickten schließlich ins Jahr 2030. Die Manager aus verschiedenen Teilbereichen der Branche waren sich einig, dass die Komplexität des Bewegtbildkosmos‘ in den kommenden sechs bis sieben Jahren weiter zunehmen wird. In hoher Geschwindigkeit.

„Es wird der Technologie-Switch stattfinden. Wir lösen Kabel und Satellit ab“, prognostizierte Markus Härtenstein.

Plattformen, die es für Anbieter zu bespielen gilt, skizzierte Haruka Gruber am konkreten Beispiel DAZN – die Sportmarke mit Zugang über Browser und App, daneben der Auftritt auf Social-Plattformen und die Partnerschaften mit Plattformbetreibern wie Exaring aka waipu.tv, wo der Streamer DAZN vertreten ist. Oder auch Samsung TV Plus mit dem exklusiver Sport-FAST-Chanel von DAZN.

Schlussdiskussion mit Perspektive bei Future Video: Robert Richter, Google TV, Dr. Thorsten Schmiege, BLM, Markus Härtenstein, waipu.tv, Haruka Gruber, DAZN und Moderatorin Vera Cornette, pib. (Foto: Medien.Bayern GmbH, Alex von Spreti)

 

Der Medienaufsicht ist die Vielfalt wichtig, die auch in Zukunft auf den gängigen Wegen gewahrt werden soll. „Alle Inhalteanbieter müssen die gleichen Chancen haben“, betonte BLM-Präsident Schmiege. Er zeigt sich überzeugt, dass die User 2030 voraussichtlich nicht mehr wahrnehmen werden, ob sie linear oder on demand schauen.

Kann es in Deutschland die große gemeinsame Plattform geben, wie sie zuletzt ProSiebenSat.1 vorgeschlagen hat? Härtenstein verwies auf vorhandene Services der "Superaggregatoren" wie Telekom Magenta und schlug vor, doch zunächst einmal noch mehr zu kooperieren.

Gruber plädierte aus Sicht von DAZN dafür, in den nächsten Jahren die Macht des großen Bildschirms für die Bewegtbildbranche zu stärken – unter anderem durch einen einheitlichen Standard bei der Reichweitenmessung als Grundlage für eine nachhaltige Vermarktbarkeit von Werbeumfeldern in allen Kanälen. 

Robert Richter war sich sicher: „Bis 2030 werden wir auf jeden Fall noch mehr Content sehen, mehr Apps, mehr Anbieter. Dadurch wird es noch schwieriger werden, sich zu entscheiden.“  

 

Bilder vom Event und eine Nachlese im Liveblog sind hier zu finden: 

            

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