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Langfristige Trends im Video-Streaming

Geschrieben von Medientage München | 05. Oktober 2022

Netflix, Prime Video und Co werden dieses Jahr voraussichtlich weltweit mehr als 70 Milliarden Euro umsetzen. Tendenz: weiter steigend. Auch hierzulande steht ein Reigen an neuen Angeboten an, die sich vor allem durch Werbung finanzieren sollen. Daneben gibt es weitere Trends im Video-Streaming, die das Genre in den nächsten Jahren prägen werden. Ein Überblick.

Mit Menschen, die Filme, Serien oder auch Sport streamen, lässt sich sehr viel Geld verdienen. Statista prognostiziert im abofinanzierten Streaming SVoD für 2027 ein globales Marktvolumen von rund 118 Milliarden Euro bei mehr als 1,6 Milliarden Usern.

Dieses Jahr dürften demnach weltweit rund 72 Milliarden Euro umgesetzt werden, gut 30 Milliarden Euro allein in den USA. Behält Statista Recht, dann legt der Umsatz pro Jahr um mehr als 10 Prozent zu. Die Zahlungsbereitschaft ist groß: "Der durchschnittliche Erlös pro Nutzer (ARPU, engl. Average Revenue Per User) im Segment Video-Streaming (SVoD) wird im Jahr 2022 voraussichtlich bei 62,28 Euro liegen."

Kein Wunder, dass sich die Bewegtbild-Branche mit verschiedensten Strategien um die Streaming-Fans bemüht. Dabei zeichnen sich verschiedene Trends ab, die das Segment langfristig prägen könnten.

 

Boom der regionalen Originals geht weiter

Mit Angeboten wie der spanischen Serie „Haus des Geldes“ hat nicht zuletzt Netflix bewiesen, dass die globalen Streaming-Dienste mit ihren Eigenproduktionen weit über Hollywood hinausgehen sollten.

Im Jahr 2020 gab es allein auf Netflix 130 neue Staffeln von Original-Serien. Amazon Prime Video produziert Berichten zufolge aktuell neue Originalserien im Vereinigten Königreich, in Italien, Deutschland, Spanien, Indien, Japan und Mexiko. Produktionsstandorte wie München profitieren.

 

Nostalgie wird zu Geld gemacht

Die Millennials streamen. Gerade sie haben die Anbieter mit Revivals der 1980er- und 1990er-Jahre im Visier. „Cobra Kai“ als Wiederbelebung von „Karate Kid“ ist das perfekte Beispiel dafür und aktuell mit einer neuen Staffel ein Hit für Netflix.

Nostalgie an sich verströmt eine der erfolgreichsten Serien von Amazon Prime Video, „The Marvelous Mrs. Maisel“, eine Reihe, die in den 1950er-Jahren spielt.

 

Franchises lassen sich gut vermarkten

Warum aufwändig neue Themen und Figuren bei einem immer fragmentierteren Publikum platzieren, wenn bestehende Franchises mit ihren treuen Communities gut funktionieren? Nehmen wir „Tom Clancy's Jack Ryan“ bei Prime Video, benannt nach der Figur aus den Bestseller-Romanen, Sie tauchte immer wieder in Blockbuster-Filmen wie „Jagd auf Roter Oktober“ auf. Das von Clancy entworfene Jack-Ryan-Universum feiert Amazons VoD-Dienst noch in diesem Jahr nach großen Erfolgen mit der dritten Staffel der gleichnamigen Serie, eine vierte ist bereits geplant.

Ganz zu schweigen vom aktuellen "Herr der Ringe"-Spin-off. „The Witcher“ und „Queer Eye“ sind weitere Beispiele für erfolgreiche Franchises, auch wenn sie von „Star Wars“ weit entfernt sind. Damit hat sich Disney 2012 eine Cash Cow eingekauft.

Die aktuelle Auswertung der Streaming-Suchplattform JustWatch für den Monat September spiegelt diese Entwicklungen:

 
Wöchentlicher Rhythmus hält bei der Stange

Alles auf einen Schlag und User können die Serien in einer Nacht „wegbingen“: So universal ist das Streaming-Rezept nicht mehr. Netflix und Co. spielen mit ihren Veröffentlichungszeitplänen. Mit wöchentlich eingestellten Episoden gibt es einfach länger Gesprächsstoff.

So setzen Dienste wie Disney+ für einige ihrer Sendungen auf diesen traditionellen Ansatz; aufwändig produzierte Inhalte wie „The Mandalorian“ sind wöchentlich veröffentlicht worden. Das macht Schule: Gerade fiebern die Menschen auf die nächsten Episoden des "Herr der Ringe"-Spin-off bei Amazon Prime Video hin.

 

Dokumentarische Miniserien

Netflix zeigt gerade in zehn intensiven, aber auch verstörenden Folgen das Töten des US-Killers Jeffrey Dahmer. Mit dem True-Crime-Format fängt sich der Streamer sowohl Spitzenwerte als auch heftige Kritik ein. Und setzt auf den Erfolg der dokumentarischen Miniserien.

Ausgelöst haben dürfte den Boom des Genres nicht zuletzt die 2020 ausgestrahlte True-Crime-Doku „Tiger King“ bei Netflix. 64 Millionen sollen die tiefen Einblicke in das Leben eines exaltierten Raubtierhalters im ersten Monat gesehen haben.

 

Traditionelle TV-Marken besetzen das Feld

Abgesehen von den Mediatheken hiesiger Sender überlassen auch internationale traditionelle TV-Marken ihre Zielgruppen nicht den neuen Bewegtbild-Platzhirschen.

ViacomCBS hat viele Ambitionen. NBCs Peacock, das im Juli 2020 in den USA an den Start ging, ist inzwischen auch in Deutschland präsent. Discovery+ wird derzeit im deutschen Markt verankert.

 

Mut zur Kürze

Immer weniger Menschen haben viel Medien-Freizeitbudget. Kurzvideos helfen dabei, die kleineren Zeitabschnitte, die ihnen zur Verfügung stehen, auszufüllen. Gerne auch mobil.

Die großen Streaming-Dienste und auch die Mediatheken der Sender haben das seit geraumer Zeit erkannt. Netflix hat Originalserien in Kurzform im Angebot, darunter anfangs „Special“ mit einer Länge von 12 bis 17 Minuten pro Folge.

Aktuelle Beispiele aus den VoD-Portalen der Öffentlich-Rechtlichen sind „Normaloland“ oder „Ruby“ mit nicht einmal 25 Minuten Länge und einer klaren Ausrichtung auf ein jüngeres Publikum.

 

Streaming vermischt sich mit Sozialen Medien

Klar ist, dass die Google-Plattform YouTube ganz vorn rangiert beim Bewegtbildkonsum. Sie ist die zweitbeliebteste Website der Welt, verfügt über einzelne Kanäle mit über 200 Millionen Abonnent:innen. Daneben wächst vor allem TikTok explosionsartig an. Das videobasierte soziale Netzwerk ist für viele junge Menschen DIE soziale Plattform. Die Qualität der Inhalte hat ebenfalls zugenommen, da User versuchen, ihren Clips ein professionelles Aussehen zu verleihen.

Die Abo-finanzierten Streaming-Dienste tragen selbst zur Konkurrenz im Social Web bei. So enthält der "Netflix Is A Joke"-YouTube-Kanal viele kurze und kostenlose Clips der längeren Stand-up-Specials. Doch vielleicht reicht zuweilen auch der kurze Clip-Einblick?

 

Mehr Video-Streaming-Qualität und -Geschwindigkeit

Apropos mobil: Immer mehr Technologien ermöglichen das Streaming von Videos mit höherer Auflösung ohne Geschwindigkeitseinbußen. 5G verspricht für unterwegs eine enorme Steigerung der Bandbreite und der Reaktionsfähigkeit mit Geschwindigkeiten, die bis zu 20 Mal höher sind als bei 4G. Daneben unterstützt der Standard auch viel mehr Geräte an einem bestimmten Ort.

Auf Anbieterseite wirkt unter anderem der Videokompressionsstandard Versatile Video Coding (kurz VVC); er soll die erforderliche Bitrate um die Hälfte reduzieren. Amazon, Apple, Facebook, Google, Samsung und Mozilla unterstützen andere Codec der nächsten Generation und versprechen ebenfalls eine Verringerung der Bitrate.

 

Unterstützung durch Werbung

Wenn Haushalte vermeiden können, für drei bis vier verschiedene Dienste bezahlen zu müssen, werden sie das tun. Hier setzt werbegestütztes Streaming an. Das Angebot wächst gerade rasant, während SVoD vor allem bei Jüngeren schrumpft, Inflation und Krisen hinterlassen ihre Spuren. Pluto TV und Roku bieten dank Werbung komplett kostenlose Streaming-Unterhaltung und auch viele Spartenangebote, Stichwort FAST.

Andere Dienste wie Peacock bieten eine zweistufige Preisgestaltung: eine günstigere (oder kostenlose) Stufe mit Werbung und eine Premiumstufe ohne Werbung. Mit Freevee ist neuerdings auch Amazon in diesem Segment aktiv. Und die klassischen SVoD-Anbieter planen werbefinanzierte Varianten und verbreitern das AVoD-Angebot

 

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