Ein wichtiges Fazit der 30. Lokalrundfunktage ist das klare Bekenntnis von Medienpolitik und Anbietern zur Bedeutung der Medienvielfalt für den demokratischen Diskurs. Lokales Fernsehen und Radio spielen dabei eine tragende Rolle – heute wie in Zukunft. Mit vielen To dos: Das große Interesse an Trends, Technologien und Produkten der Branche dokumentierten rund 700 Teilnehmende aus den lokalen Radio- und Fernsehstationen, die am 5. und 6. Juli nach Nürnberg reisten, um sich bei den #LRFT22 zu informieren und auszutauschen.
Im Rahmen des Radio Summits diskutierten Valerie Weber, Programm-Geschäftsführerin Content & Digitales bei Audiotainment Südwest, Claudia Dinges, Programmdirektorin bei Antenne Deutschland, Marc Haberland, Geschäftsführer des RTL Audio Centers Berlin und Radio-Gong-96,3-Chef Johannes Ott darüber, wie sich auch kleinere Radiostationen für die digitale Zukunft aufstellen können.
Das Radio braucht sinnstiftende Inhalte, um in der digitalen Welt weiterhin eine Rolle zu spielen. Wenn es um die digitale Transformation geht, dann sollten die Macher:innen Selbstvertrauen an den Tag legen – sie ist ein offensives Projekt, kein defensives. Und: Die kleinen Player werden dabei die „Killer-Ideen“ haben, die großen die Power, sie umzusetzen.
Aus der Runde kam daher der Aufruf zu Kooperation auf allen Ebenen und zu mehr Mut, Dinge auszuprobieren und auch scheitern zu lassen. Um aktuelle und zukünftige Projekte zu finanzieren, sollten die Anbieter bei der Kapitalisierung breit denken: Radio ist „nur“ ein Verbreitungsweg. Der Job der Sender sei es, Kund:innen und Hörer:innen zusammenzubringen - auf welchem Weg auch immer. Claudia Dinges und Valerie Weber riefen dazu auf, das Radio von morgen neu zu erfinden. Johannes Ott ergänzte, Innovation koste Geld, aber Allianzen könnten helfen, um gegen finanziell übermächtige Anbieter zu bestehen.
Zuvor hatte es zum Auftakt der Lokalrundfunktage Lob von Dr. Markus Söder gegeben - angesichts starker FAB-Reichweitenzahlen für Lokalradio und Lokal-TV. Bayerns Ministerpräsident versprach auch weiterhin Unterstützung: „Lokalrundfunk in Bayern ist eine einzige Erfolgsgeschichte. Wir werden alles dafür tun, dass die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen erhalten bleiben, dass Lokalfernsehen und Lokalradio auch in Zukunft in Bayern möglich sind.“
BLM-Präsident Dr. Thorsten Schmiege hob bei der Eröffnungsrede des Events die Relevanz des Rundfunks vor Ort hervor: "Lokaler Rundfunk ist nicht nur relevant, sondern systemrelevant. Das haben wir vor allem in den letzten Jahren gelernt“, spielte Schmiege auf die Herausforderung der Corona- und Krisen-Jahre an. Es brauche daher einen Dreiklang aus Inhalt, Auffindbarkeit und Innovationsgeist. Die Globalisierung setze die lokale Welt unter Druck. Schmiege forderte die Anbieter auf: „Da müssen alle Sender mitziehen. Eine bayernweite Plattform könnte hier die Lösung sein.“
Dr. Florian Herrmann, MdL, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien, hob beim Panel „Globale Krisen im Lokalen“ hervor, was das Radio vor Ort leisten kann:
Daneben gab es bei den Lokalrundfunktagen viel Inspirierendes für die Programmmacher:inner. Beispiel: Wie gehen Radio und Fernsehen mit dem Gendern um? Eine Lösung, die in der Diskussion mit der Journalistin Christine Olderdissen aufgezeigt wurde: Gendern ja, aber behutsam, mit Blick auf die verschiedenen Zielgruppen und auch auf das Bedürfnis nach einfacher, verständlicher und inklusiver Sprache.
Aber ein 1:30-Beitrag im Radio - wie kann man da noch gendern? Thomas Apfel hält bei Radio Galaxy Coburg zum einen nicht mehr an strikten Zeitkorsetten fest und Olderdissen rät: Einmal beide Geschlechter benennen und später zur allgemeinen Branchenbezeichnung wechseln.
Rund um lokales Fernsehen standen Themen wie „Programmideen für mehr als einen Kanal“, „Mediatheken & Plattformen“, „neue Ansätze im Recruiting“ sowie „Werbung im Lokal TV“ im Fokus. Sowohl Sascha Devigne, Chefredakteur von Studio 47 in Duisburg, als auch Doris Grau aus der Geschäftsführung von Antenne Bayern, betonten, wie relevant es sei, auf Augenhöhe mit jenen Menschen zu sprechen, die man für eine Karriere in den Medien begeistern möchte.
Phillip Heger vom Sachsen Fernsehen machte ein Learning aus der Arbeit mit Mediatheken und Streams deutlich: „Die Entwicklung zeigt, dass Menschen wieder bereit sind, längere Videos anzuschauen und der Trend davon weggeht, nur möglichst kurze Clips zu erstellen.“
Auch im TV-Track wurde deutlich: Es führt kein Weg mehr an Kooperationen vorbei. Für den Schulterschluss plädierte etwa Fabian Burgey vom Addressable-TV-Spezialisten smartclip: Nationale und lokale Sender müssten Allianzen schaffen gegen den gemeinsamen Gegner, die großen US-Player. Google, Facebook und Co würden bereits die Hälfte der globalen Werbeausgaben auf sich vereinen.
Die Verleihung der BLM Hörfunk- und Lokalfernsehpreise und des Galaxy Music Award, der in diesem Jahr an ClockClock ging, standen ebenfalls auf dem Programm des 1. Konferenztages. Außerdem wurden im Rahmen der Eröffnung die Ergebnisse der Funkanalyse Bayern 2022 präsentiert. Hier ist der Mitschnitt der Auftaktveranstaltung abrufbar.
An Tag zwei der Lokalrundfunktage standen exklusive Masterclasses, Workshops und Vorträge in den Häusern der Location-Partner auf dem Programm. Hier ging es um Themen wie „Die 10 häufigsten Fehler im deutschen Privatradio“, „Smart TV -Trends und Potenziale für lokales Fernsehen“ oder aber auch Aggregatoren, Plattformen und digitale Distribution.
Nach zwei Jahren Pandemie konnten die Lokalrundfunktage zum 30-jährigen Jubiläum wieder vor Ort in Nürnberg stattfinden. Insgesamt diskutierten mehr als 70 Expert:innen über die Zukunft des lokalen Radios und Fernsehens in der digitalen Welt.
Bilder von den Lokalrundfunktagen gibt es hier oder bei den jeweiligen Workshops im Programm zum Download.
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