Der Run der Medienunternehmen auf Beteiligungen jenseits des Kerngeschäfts lässt nach. Mehr noch: Nach gut einem Jahrzehnt voller Investitionen gehen Zukäufe in diesem Jahr sogar zurück, wie eine Studie der weltweit tätigen Strategieberatung EY-Parthenon aufzeigt. Ein weiteres Ergebnis lautet: "Die Corona-Krise erhöht den Druck auf Anpassung der Geschäftsmodelle." Die Details.
Eine Art Konsolidierung im Beteiligungsmarkt der großen deutschen Medienhäuser registriert die Strategieberatung EY-Parthenon. Das international aktive Team erstellt die Studie zu M&A- und Digitalisierungstrends in der deutschen Medienindustrie bereits seit fast einem Jahrzehnt – und hält nun im aktuellen Werk "Konzentration bitte!" fest: "Die Beteiligungsaktivität sinkt zum ersten Mal seit über zehn Jahren."
Deutsche Medienunternehmen haben demnach erstmals seit Beginn ihrer Diversifikationsoffensive vor mehr als 10 Jahren ihre Investitionen in Beteiligungsgesellschaften "merklich reduziert und sich verstärkt auf ihre bestehenden Marken fokussiert".
Welche Veränderungen EY-Parthenon registriert
- Insgesamt haben sich der Analyse zufolge die Beteiligungs-Aktivitäten der Branche um sieben Prozent verringert.
- "Die Beteiligungsverkäufe oder Einstellungen von Geschäftstätigkeiten betrafen vor allem werbefinanzierte Geschäftsmodelle und B2B/ B2C-Services und fanden sowohl im Inland als auch im Ausland statt", heißt es in dem Werk. In den Bereichen Content, Plattformen und E-Commerce bleiben die Unternehmen am Ball- dort, wo wichtige neue Einnahmequellen entstanden sind.
- "Besonders stark gingen dabei die Inkubator-Beteiligungen zurück (-19 %), während reine Finanzinvestitionen – abseits vom Kerngeschäft – mit beachtlicher Geschwindigkeit gegen den Trend wuchsen (+24 %)." Will heißen: Die Unternehmen der Medienbranche investieren weniger in Startup-Beteiligungen, um so Zugriff auf deren Innovationen zu erhalten. Investitionen über Inkubatoren werden aktuell – anders als noch 2019 – laut EY-Parthenon "im größeren Rahmen abgestoßen bzw. eingestellt“. Das gelte insbesondere für "digitale aktivere" Medienhäuser wie Axel Springer und ProSiebenSat.1 oder auch Ströer.
- Im Gegenzug sieht EY-Parthenon Venture-Capital Beteiligungen von Medienhäusern "mit beachtlicher Geschwindigkeit positiv gegen den Trend“ (+24 %) wachsen. Allein die Beteiligungsfonds von Springer, Burda, ProSiebenSat.1, DuMont und Holtzbrinck hätten ihre Portfolios um 17 Finanzinvestitionen (15 %) erweitert. Überwiegend (79 %) mit Minderheitsbeteiligungen. EY-Parthenon geht davon aus, dass diese Anteile später wieder veräußert werden sollen.
- Neben Springer, ProSiebenSat.1 und Ströer hat der Analyse zufolge auch Gruner + Jahr den Vorjahreskurs fortgesetzt und sein Portfolio bereinigt. Burda indes habe "entgegen dem allgemeinen Trend" seine Beteiligungen ausgeweitet.
- Die Studie geht auch auf die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Medien ein, die trotz Reichweitenplus im Lockdown deutliche Rückgänge im Anzeigengeschäft hinzunehmen haben. Der zeitliche Druck, Unternehmen und Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln, sei in der Krise weiter gestiegen, heißt es.
Dabei müssten Medienhäuser die Balance zwischen der internen Transformation, dem externen Wachstum und der Eingliederung neuer Geschäftsmodelle austarieren. "Interne Hürden bei der Anpassung des Geschäftsmodells in der Krise können durch gezielte Zukäufe oder Neugründungen überwunden werden", rät Sebastian Priebe, Associate Director von EY-Parthenon.
- Anders beim Vorgehen als Inkubator: Hier führe die Corona-Krise dazu, "dass das Verhältnis von Aufwand und Ertrag künftig häufiger hinterfragt und ggf. kurzfristig gehandelt werden sollte".
Priebe zieht ein Fazit aus der Studie "Konzentration bitte! – M&A und Digitalisierungstrends in der deutschen Medienindustrie": "Die Zeit der Experimente scheint vorbei, Medienhäuser fokussieren sich zunehmend und stärken ihre erfolgreichen Kern-Investments."
Gerade die aktuelle Corona-Krise werde die Investitionsstrategien von Unternehmen langfristig verändern, auch die Szenario-Planungen werden deutlich komplexer, wie aus der parallel veröffentlichten Publikation "Beyond COVID-19" hervorgeht.
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