Die Antwort von ProSiebenSat.1 und Discovery auf moderne Fernsehnutzung heißt Joyn: Mit der Doppelstrategie Freemium plus Premium fährt die Streaming-Plattform zweigleisig. Joyn bündelt kostenlose Inhalte und Live-TV auch anderer Free-TV-Programme, seit Ende November erweitert um das kostenpflichtige Joyn PLUS+ mit Live-TV in HD und sechs Pay-TV-Sendern, Formaten von Maxdome sowie lokalen Eigenproduktionen.
Was die Vorteile dieser Strategie sind, wer Joyn und Joyn PLUS+ nutzt und wo die Reise des Fernsehens hingeht, weiß Alexandar Vassilev. Der CEO und Geschäftsführer der Joyn GmbH und frühere Google-Manager ist für das strategische Wachstum und die Entwicklung der Plattform verantwortlich.
Vassilev spricht auf der Konferenz "Connect! – The Future of TV" und hier im Blog der Medientage darüber, worauf es im Streamingmarkt ankommt.
Herr Vassilev, Joyn gibt es zum einen gratis, zum anderen kostenpflichtig als Joyn PLUS+. Geht diese Parallelstrategie auf?
Unser Ansatz funktioniert extrem gut, wie auch die Zahlen belegen. Zum Jahresabschluss erreichte Joyn im Dezember vergangenen Jahres 39 Prozent mehr User als im Vormonat. Darüber hinaus verbuchten wir mehr als sieben Millionen Nutzer monatlich über die verfügbaren Endgeräte. Die Joyn-App wurde bisher mehr als sechseinhalb Millionen Mal heruntergeladen.
Gerade auch die jungen Nutzer, denen das klassische Fernsehen vielleicht kein fester Begriff mehr ist, entdecken diese Form bei uns wieder. Gleichzeitig binden wir Zuschauer, die reine Mediatheken- und Streaming-Nutzung gewohnt sind. Dies ist vor allem auf unser Freemium-Modell zurückzuführen.
Und wie entwickelt sich Joyn PLUS+?
Wir sind mit dem Start von Joyn PLUS+ sehr zufrieden. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir keine konkreten Zahlen nennen können.
Welche Inhalte werden vor allem im Streaming-Angebot gern gesehen?
Drei unserer beliebtesten Formate auf Joyn sind "Jerks", "Check Check“ sowie "Slavik – Auf Staats Nacken". Neben unseren Originals sind Previews sehr beliebt. Mit solchen Highlight-Formaten erreichen wir natürlich eine breite Zielgruppe, weshalb sie häufig aufgerufen werden. Sie sind sozusagen die Kirsche auf der Torte.
Zusätzlich bieten wir Inhalte, die die Bedürfnisse einer spezifischeren Zielgruppe erfüllen oder die unsere Nutzer je nach Stimmungslage auswählen können – sie wollen gelegentlich einfach nur abschalten, sich fesseln lassen oder mitlachen. Genau das ist es, was eine gute Streaming-Plattform ausmacht.
Hat im modernen Fernseh- beziehungsweise Bewegtbildzeitalter Information noch eine Chance oder dreht sich alles um Unterhaltung?
Wir glauben, dass unsere Nutzer vielfältige Bedürfnisse haben. Deshalb braucht es auch mehr als nur Unterhaltung. Wir wollen ein breites Spektrum anbieten und uns nicht an bestimmte Genres binden. Dank unserer starken Partner können wir unseren Nutzern auch Content anbieten, bei dem es sich nicht ausschließlich um Unterhaltung dreht.
Zudem glauben wir daran, dass Information und Unterhaltung durchaus Hand in Hand gehen kann. Wir präsentieren dem Zuschauer eine große Bandbreite an Non-Fictional-Content, der bisher auch sehr gut angenommen wird.
Worauf basieren die Vorschläge, die der Zuschauer auf der Startseite von Joyn bekommt?
Unser Joyn-Team besteht mittlerweile aus mehr als 300 Mitarbeitern. Über die Hälfte davon arbeitet stets an der Optimierung unserer Plattform. Dass wir alle unter einem Dach arbeiten, erleichtert es uns, schnell auf Ereignisse und Events zu reagieren und dementsprechend anzupassen. Beispielsweise konnten unsere Nutzer zur Oscar-Verleihung bereits auf der Startseite in eigene eigene Welt rund um die Academy Awards eintauchen.
Auf Highlight-Formate wie Previews, exklusive Inhalte und vor allem unsere eigenen Originals sind wir sehr stolz. Deshalb möchten diese Inhalte unseren Nutzern direkt zu Beginn ans Herz legen.
Zudem arbeiten wir daran, Vorschläge immer besser personalisieren zu können und diese auf die Nutzungsgewohnheiten der Nutzer anzupassen.
Es sind also die Mitarbeiter, die Empfehlungen kuratieren – oder Algorithmen?
Derzeit werden die meisten Inhalte tatsächlich von unseren Mitarbeitern kuratiert. Nach und nach kommen hierfür Algorithmen zum Einsatz, die stets von unseren Teams optimiert werden.
Streaming, sagten Sie kürzlich, rettet vielleicht das lineare Fernsehen. Inwiefern?
Lineares Fernsehen ist wesentlicher Bestandteil unseres Angebots. Unser Live-TV-Share von knapp 50 Prozent im Vergleich zur Joyn-Mediathek beweist, dass dieses Angebot extrem gut angenommen wird.
Deshalb sind wir der Ansicht, dass der Zuschauer auch zukünftig auf Live-TV setzen wird. Lineares Fernsehen lebt davon, sich zurückzulehnen, sich zu entspannen und nicht selbst aktiv auswählen zu müssen, und löst so das Problem der Content-Discovery. Gerade Shows sowie Sport-Events werden bevorzugt live gesehen. Der Nutzer steht im Anschluss lediglich vor der Frage, auf welchem Gerät er die Inhalte schauen möchte.
Unser lineares Angebot kommt ebenfalls den jüngeren Zuschauern zugute, die mit dem Internet aufgewachsen sind. Mit Joyn haben wir die Möglichkeit, die jüngere Generation an die Lean-Back-Erfahrung des linearen Fernsehens heranzuführen.
Das Motto des Medientage Specials "Connect!" lautet "The Future of TV". Wie sieht die Zukunft des Fernsehens aus?
Joyn zeigt anschaulich, dass Fernsehen und Streaming sich nicht zwangsläufig kannibalisieren. Wir sind davon überzeugt, dass sich die beiden Welten auch in Zukunft optimal ergänzen, da sie unterschiedliche Nutzerbedürfnisse erfüllen. Der VoD-Konsum hat in den letzten Jahren unzählige Fans gewonnen, aber die Lean-Back-Qualität und Tagesaktualität des Fernsehens besitzt weiterhin große Attraktivität für die Zuschauer.
Joyn-CEO Alexandar Vassilev trifft beim Medientage Special "Connect! – The Future of TV" auf Henning Tewes, TV Now. Die beiden Wettbewerber stellen sich 5 Fragen zum Streaming in 10 Minuten. Die Konferenz findet dieses Jahr erstmals in den Design Offices München Atlas statt.
Bitte beachten Sie den neuen Termin: Die Veranstaltung findet nun am 23. Juni 2020 statt.
Hier geht’s zum Programm und zur Anmeldung.