Deutliche Verschiebungen prägen das Bewegtbild-Jahr 2025. Diverse Studien belegen, dass Streaming, TV und Werbung enorm in Bewegung sind. Der Markt selbst ist geprägt durch Übernahmen und neue Partnerschaften. Und das Publikum schafft neue Fakten. Hier die wichtigsten Trends im Überblick: sie werden in zahlreichen Sessions der MEDIENTAGE MÜNCHEN 2025 zur Diskussion stehen.
Headlines wie diese, die aus den Federn der Bewegtbild-Beobachter:innen des Branchendienstes dwdl stammen, markieren eine Zäsur im Markt der klassischen Fernsehsender: „Monatsmarktanteile im August – Historisch: Die acht großen Sender erstmals unter der 50%-Marke“, “Ganz schwacher August – Keine Erholung in Sicht: TV-Werbemarkt tief im Minus“ oder „Jeannine Michaelsen: "Dem Fernsehen gehen die guten Shows aus". Währenddessen können die TV-Marken für ihre Streaming-Ableger Erfolge und steigende Abrufzahlen verkünden.
Mit diesen Entwicklungen aus dem Sommer 2025 dürfte sich der Wandel auf dem großen Bildschirm manifestieren, den die Anbieter mit ihren hybriden Angebotsformen durchaus selbst mittragen. BVoD first – also Mediatheken an erster Stelle – gilt für immer mehr Inhalte, die dann bei ProSiebenSat.1 exklusiv oder zuerst beim Streamer Joyn, bei RTL+ oder in den öffentlich-rechtlichen Mediatheken zu sehen sind. Beim Relaunch der Mediathek des ZDF hin zu einem „ZDF für alle“ gaben sich die Mainzer im März ein komplett neues Selbstverständnis: Egal, wo geguckt wird – Hauptsache, das Zweite steckt dahinter.
Ergo können die Senderfamilien den Verlust der über Jahrzehnte aufgebauten TV-Zuschauerzahlen durchaus noch verkraften, können sich mit kumulierten Fan-Zahlen aus den Abrufen im Netz trösten. Doch zum Feiern ist kaum jemandem zumute: Die Marktanteile der etablierten Sender (ZDF, Das Erste, RTL) bleiben zwar relativ stabil, aber das Gesamtvolumen der Zuschauenden schrumpft im klassischen TV.
Der Rückgang betrifft mittlerweile alle Altersgruppen, ist aber besonders stark bei den 14- bis 29-Jährigen. Noch etwa ein Viertel dieser Gruppe nutzt täglich klassisches TV. Die tägliche Sehdauer ist seit dem Pandemiejahr 2020 um fast 45 Minuten gefallen und beträgt nun unter drei Stunden pro Tag.
Und: Der Empfang über klassische Wege (Kabel, Satellit, Antenne) verliert stetig an Bedeutung: 2025 empfangen nur noch 28 Prozent der Haushalte per Kabel und 30 Prozent per Satellit. 57 Prozent der Menschen glauben laut Deloitte-Studie, dass Streaming das lineare Fernsehen künftig überholen wird.
Die lange Zeit abgesteckten Claims des analogen Fernsehens gibt es indes beim Streaming nicht. Im Netz treffen jene, die über Jahrzehnte unsere „Big Screens“ dominiert haben, auf globale Marken mit großem Expansionsdrang und Erfolg beim Publikum. Angetrieben von Platzhirschen wie Netflix oder Prime Video, gewinnt Streaming weiter Marktanteile.
Viele Haushalte nutzen dafür verschiedene Empfangswege parallel, insbesondere jüngere Zielgruppen verlagern ihren Konsum auf digitale Plattformen. So steigen die Streaming-Ausgaben, Nutzende akzeptieren Preiserhöhungen und setzen verstärkt auf Paketlösungen. Die Zahl der Bezahl-Abonnements bei Streaming-Plattformen liegt laut VAUNET inzwischen bei 22,1 Millionen. Im laufenden Jahr könnte sie auf 23,2 Millionen steigen, so die Prognose des Privatfunkverbands.
Das Publikum schafft neue Fakten: Eine Simon-Kucher-Studie vom Frühjahr zeigt, dass die monatlichen Ausgaben der Deutschen für Streaming-Abos erstmals auf durchschnittlich 30 Euro gestiegen sind, was einer Erhöhung von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Das „Superbundle“-Modell wird populärer: 41 Prozent nutzen Bundle-Angebote mit mehreren Streaming-Diensten.
Der Appetit ist bei vielen größer als der eigentliche Hunger nach neuen Inhalten: 26 Prozent der Befragten empfinden, dass sie mehr Streaming-Dienste haben als benötigt, die durchschnittliche Abo-Anzahl steigt aber weiter.
Werbung folgt den Zuschauer:innen, Fans und Budgets ziehen um. Daher wird der Shift vom TV hin zum Stream deutlich bei den Ausgaben für Reklame. So sind laut den Marktforschenden von Nielsen die Brutto-Werbeausgaben im August um 6,8 Prozent auf 2,31 Milliarden Euro gefallen – der niedrigste Wert des Jahres.
Im Fernsehen beläuft sich der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr auf 9,8 Prozent, wodurch die Werbeeinnahmen der Vermarkter auf nur noch 1,02 Milliarden Euro sinken. Besonders drastisch zeigt sich der Einbruch bei ProSiebenSat.1 mit einem Minus von 18,2 Prozent. Fernsehen war über lange Jahre „des Werbers Liebling“ – geht auch diese Ära nun zu Ende?
Bewegtbild im Netz zieht dagegen Fans wie Werbungtreibende an. Dieser Boom spiegelt sich auch im fetten Umsatzplus bei den Big-Tech-Plattformen wider: Alphabet, Amazon und Meta haben ihre Werbeerlöse im zweiten Quartal 2025 überraschend stark gesteigert. Der Google-Mutterkonzern Alphabet erzielte einen Zuwachs von 10,4 Prozent. Amazon erhöhte seine Werbeumsätze um 22 Prozent – die höchste Rate seit Anfang 2024. Meta legte im Jahresvergleich um 21 Prozent zu. Vieles davon ist auch auf expansive Video-Strategien zurückzuführen.
Dazu passt, dass Streaming unter anderem über die werbefinanzierten Live-FAST-Kanäle rasant zulegt, wie eine Deloitte-Studie belegt. Zuschauer:innen-Engagement und Werbeinteresse steigen demnach deutlich. Immer mehr Streaming-Anbieter kombinieren klassische Abos mit kostenlosen, werbefinanzierten Kanälen – wie auch die RTL-Familie in ihrer Streaming-Offerte.
Hilfreich für die hybride Content- und Werbestrategie der Senderfamilien ist Connected TV, das über smarte und vernetzte TV-Geräte möglich wird. CTV etabliert sich als wichtiger Kanal: 54 Prozent nehmen Werbung dort wahr und 55 Prozent akzeptieren sie als „vollkommen in Ordnung“. Immer mehr Menschen ziehen (auch aus Kostengründen) werbefinanzierte Inhalte kostenpflichtigen Abonnements vor. Das Streaming verlagert sich somit zunehmend in den werbefinanzierten AVoD-Bereich. CTV hilft allerdings auch den Vermarktern des klassischen Fernsehens; es bindet TV ins digitale Ökosystem ein.
Um mithalten zu können im Konzert der internationalen Streaming-Marken, gehen immer mehr Anbieter strategische Partnerschaften ein. Die WOW-Amazon-Allianz könnte erst der Anfang sein: "Strategische und innovative Partnerschaften sind essenziell für unseren Streaming-Erfolg", betont etwa Evelyn Rothblum, Chief Transformation Officer bei Sky Deutschland.
Diese Aussage trifft den Kern der aktuellen Marktdynamik: Ohne starke Partner wird es für deutsche Streaming-Anbieter zunehmend schwer, in einem hart umkämpften Markt zu bestehen. So ist auch zu verstehen, warum RTL den Pay-TV- und Streaming-Anbieter Sky übernehmen möchte. Mit guten Chancen auf Erfolg.
Die MEDIENTAGE MÜNCHEN 2025 finden vom 22. bis 24. Oktober unter dem Motto WTFuture bei der Serviceplan Group im House of Communication in München statt.
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