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VoD boomt: Die Herausforderungen der Branche

Geschrieben von Petra Schwegler | 08. April 2022

Namhafte Streaming-Anbieter haben sich in Bayern und vor allem in der Region München angesiedelt. Der erste VoD Gipfel des MedienNetzwerks Bayern, einer Tochter der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), sollte zusammen mit Anbietern, Produzenten und Medienpolitik aufzeigen, was den Standort so besonders macht, wie er noch leistungsfähiger werden könnte und welche Herausforderungen es auf dem Weg dorthin zu meistern gilt.

„Beim Thema VoD sind wir bei einer guten 8,5 von 10, also schon ziemlich weit. Bayern ist DER Streaming-Standort in Deutschland, vielleicht sogar in Europa, aber man kann ihn sicherlich noch weiterentwickeln und größer machen“: Mit diesen Worten machte BLM-Präsident Dr. Thorsten Schmiege (Foto oben, mit Moderatorin Sabrina Staubitz) beim ersten bayerischen VoD Gipfel unter dem Titel „Stream On“ deutlich, dass weder Medienpolitik noch Anbieterseite die Hände in den Schoß legen sollten.

Denn die Corona-Pandemie, der Fachkräftemangel, ein starker Wettbewerb im Boom-Segment auf nationaler, europäische und globaler Ebene oder auch steuerliche Fragen und die Fördersituation zählen zu den Herausforderungen, die den Streaming-Standort Bayern in den kommenden Jahren weiter formen werden.

 

Diese zentralen Fragen gilt es zu klären:

  • Welche Genres könnten ausgebaut werden?
    Es läuft bereits gut in der Region München. „Das 21. Jahrhundert ist das Zeitalter der Serien. Für die Filmwirtschaft bringt das große Chancen mit sich“, so Medienminister Dr. Florian Herrmann beim Gipfel. Für ihn ist aber auch klar: „In der Branche steckt noch unglaublich viel Musik, die stark von der Vielfalt der Anbieter geprägt sein wird.“ So sei Bayern bei der Produktion der für VoD-Anbieter relevanten Genres Fiktion und Information/Doku führend. Durch aufgrund der Corona-Pandemie reduzierten Möglichkeiten für Fiktion-Drehs werde sich dieser Trend voraussichtlich weiter verstärken, da pausierte Fiktion-Produktionen nachrücken werden, so Herrmann.
    Doch was ist mit Film, Shows und anderen beliebten Genres im Abruf? Hier wünschten sich die „Stream On“-Teilnehmenden noch mehr Möglichkeiten für neue Genres, abhängig auch davon, wie sich Finanzen, Förderung und Recruiting entwickeln.

  • Wie könnte die Förderung optimiert werden?
    „Wir produzieren vor allem unsere lokalen Inhalte gerne in München – mit optimalen Bedingungen“, betonte Tassilo Raesig, CEO von Joyn. Er merkte an: Eine Vereinfachung des Fördersystems in Deutschland könne die Attraktivität des Standorts noch unterstützen: „Das würde gerade kleineren Produktionsfirmen helfen, Planungssicherheit zu schaffen und an Fördermittel zu kommen.“
    Dr. Wolf Osthaus, Director Public Policy DACH bei Netflix, pflichtete dem mit Blick auf andere europäische Länder wie Spanien bei. Dort sei ein relativ selbst referierendes System entstanden, in dem vieles aufeinander einzahle und auch viel zurücklaufen würde. Im föderalen Deutschland mit unterschiedlichsten Fördertöpfen sei die Unterstützung für Produktionen doch recht unübersichtlich. Osthaus: „Das haben andere Länder in der EU in den vergangenen Jahren besser gemacht.“


    Tassilo Raesig mit Sabrina Staubitz (Foto: MedienNetzwerk Bayern)

  • Wo bekommen (noch mehr) Produktionen Fachkräfte her?
    Im Bereich VoD sehen sich die Akteure am Medienstandort Bayern bereits auf der Überholspur. Viele der laut Brand Index zehn beliebtesten Streaming-Dienstleister in Deutschland sitzen demnach in München: Amazon Prime Video, Disney+, Sky, Joyn und DAZN. Dazu kommt eine breite Produktionslandschaft mit international erfolgreichen Produktionshäusern wie Bavaria, Constantin, Leonine oder Warner.
    Doch wo viel gestreamt und produziert wird, braucht es auch viele und vielleicht sogar noch mehr Mitarbeiter:innen. Schmiege: „Der VoD-Gipfel zeigt deutlich, dass das Thema Fachkräfte alle Akteure im VoD-Bereich betrifft – gerade bei Produktionsleitern herrscht Mangel. Dieses Problem können wir gemeinsam anpacken“, versprach der BLM-Präsident. Er verwies auf bereits bestehende Initiativen wie die Medien.Bayern GmbH (zu der auch auch die Medientage München gehören) und die dort verankerte Marke Start into Media; sie würden Anbieter und Nachwuchs zusammenbringen und die Ausbildung von Talenten vorantreiben. Auch die Bedeutung von Bildungseinrichtungen wie der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) werde vor dem Hintergrund des aktuellen „War for Talents“ noch weiter zunehmen.
    Die Anbieter sind beim Recruiting auch selbst sehr kreativ und aktiv geworden: „Mit Grow Creative haben wir eine ganze Abteilung, die sich mit dem Thema Nachwuchs befasst“, so Wolf Osthaus. „Wir sehen, dass es ein gemeinsames Industriethema ist, da die Menschen, die wir ausbilden, am Ende frei entscheiden, wo und für wen sie arbeiten.“ Elke Walthelm, Executive Vice President Content bei Sky Deutschland, ergänzte: „Das ist für mich das wichtigste Take Away des Gipfels – dass wir dieses Thema gemeinsam mit Produktionsfirmen und der Politik angehen.“


    V.l.: Dr. Wolf Osthaus, Elke Walthelm, Tassilo Rasig und Sabrina Staubitz im Studio der Talkrunde des VoD-Gipfels
    (Foto: MedienNetzwerk Bayern)

  • Wie kann das Umfeld noch mehr optimiert werden?
    An TV-Standorten wie München und Köln haben sich über die Jahrzehnte auch viele namhafte Produzenten angesiedelt, das Fördersystem wurde danach ausgerichtet. Davon profitiert nun auch die Streaming-Bewegung. Beispiel Standort Bayern: Der FilmFernsehFonds Bayern (FFF) war neben der Film- und Medienstiftung NRW (FMS) mit 7,5 Millionen Euro in 2021 größter regionaler Förderer für Serienproduktionen.
    Auch Netflix, so Wolf Osthaus, setze einem großen Teil der deutschen Originals in Bayern um: „Film- und Fernsehproduktion ist ein dichtes Geflecht an Fachkräften, an Infrastruktur, an Wertschätzung auch von Seiten der Politik – das sind alles Komponenten, in denen Bayern stark ist. Es ist ein ganz starkes Netzwerkthema.“
    Alles in allem wirkt der Netflix-Manager schon ganz zufrieden mit dem Bewegtbild-Standort Bayern, an dem der international tätige Anbieter keinen eigenen Sitz hat. München zeichne eine „unglaublich dichte Mischung aus Talent und Infrastruktur“ aus.

  • Was könnte steuerlich noch getan werden?
    Vergleiche zwischen den europäischen Standorten wurden beim VoD Gipfel mit anschließender Streaming-Runde auch bei der steuerlichen Unterstützung gezogen – vor allem von den Teilnehmenden, die europa- oder gar weltweit tätig sind. Sky-Managerin Elke nannte auch England als erfolgreiches Beispiel, wo in den kommenden Monaten die neuen Sky Studios in Elstree ihre Arbeit aufnehmen sollen.
    Sie zeigte sich in der Diskussion für den deutschen beziehungsweise bayerischen Standort zuversichtlich; wenn neben der bestehenden Förderung zusätzlich über ein Steuermodell nachgedacht würde, „wie es nun auch im Koalitionsvertrag angedacht ist, würde es für große Produktionen die Dinge finanziell viel planbarer machen und zeitlich entschlacken“.
    Dem pflichtete Netflix-Mann Osthaus bei. Bayern sei dabei, gerade „sehr viel richtig zu machen“. 


    Zuversichtliche Talkgäste: Dr. Wolf Osthaus, Elke Walthelm (Foto: MedienNetzwerk Bayern)

Alles in allem überwogen beim ersten bayerischen VoD Gipfel die Freude über das Erreichte und die Zuversicht: „Die VoD-Branche ist einer der innovativsten und zukunftsgerichteten Teilbereiche der Medien“, betonte Medienminister Herrmann.
Viele Anbieter – sowohl nationale als auch internationale – hätten ihren Sitz bereits in Bayern und würden dazu beitragen, „den Medienstandort wirtschaftspolitisch zu stärken und noch attraktiver zu machen“. 

Die Diskussionsrunde „Stream On“ kann hier eingesehen werden:

 

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