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Wie die Macht der Desinformation gebrochen werden kann

Geschrieben von Bettina Pregel // BLM | 25. November 2022

Je größer die Krisen, desto größer die Macht der Desinformation in der digital vernetzten Welt. Ein guter Grund, das Thema „Fake News in Krisen­zeiten: Gefährdet Desinformation die Demokratie?“ in den Mittelpunkt der Augsburger Mediengespräche 2022 zu stellen. Auf Einladung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) und der Augsburger Radio- und TV-Sender kamen Mitte November rund 200 Gäste ins Hotel Maximilian’s.

 

„Gerade in Krisenzeiten bekommen die Menschen immer weniger belastbare Informationen, denen sie vertrauen können“, sagte BLM-Präsident Dr. Thorsten Schmiege zum Auftakt der Publikumsveranstaltung. Das führe zu Verunsicherung und zu teils aufgeregten Debatten. Er plädierte deshalb dafür, „die Diskussion um Fake News zu versachlichen“.

Durch Medien­kom­petenz-Vermittlung, wie sie etwa der Medienführerschein Bayern mit der Unterrichtseinheit „Fakt oder Fake?“ bietet, und durch Regulierung könne und müsse gegengesteuert werden, so Schmiege. Im Rahmen ihrer Regulierungsauf­gaben prüften die Medienanstalten auch in Online-Medien, ob die journalistische Sorgfaltspflicht eingehalten wird.

Dr. Thorsten Schmiege mit Ellen Heinrichs (Quelle: BLM/trendyOne)

 

Journalismus: Kulturtechnik, die seriös von unseriös trennen kann

Sorgfaltspflicht und Qualitätsjournalismus sind der Dreh- und Angelpunkt, wenn es um die Frage geht, wie die Medien der zunehmenden Verbreitung von Desinformation begegnen können. Darüber war sich das Podium mit Gästen aus Wissenschaft, Medien, Ausbildung und Regulierung einig.

Das hatte auch der Medienwissenschaftler Prof. Dr. Bernhard Pörksen in seiner Keynote betont: Journalismus sei nicht bloß ein Beruf. „Es ist eine Kulturtechnik, die richtig von falsch und seriös von unseriös trennen kann.“ Eine Faustregel dafür: Prüfe erst, publiziere später. Höre die Gegenmeinung und befrage verschiedene Quellen. Nur so könnten die „Ideale des Qualitätsjournalismus zu einer Ethik der Allgemeinheit werden“.

Prof. Dr. Bernhard Pörksen  (Quelle: BLM/trendyOne)

Welche Macht Desinformation entfalten kann, verdeutlichte Pörksen eindrucksvoll am Beispiel von Misha Katsurin aus der Ukraine, der seinen Vater in Russland erst mit der Website „Papa believe me“ und Tonbandaufnahmen von Leidtragenden des Krieges davon überzeugen konnte, wer die wirklichen Agressoren im Ukraine-Krieg sind. Ein Beispiel, das seine Ausgangsthese „Information ist schnell, Wahrheit braucht Zeit“ untermauert.

Doch wie lässt sich diese gefährliche Entwicklung stoppen?

Pörksen sprach sich für eine „redaktionelle Gesellschaft der Zukunft“ aus. Dazu brauche es drei Dinge: eine stärkere Verankerung von Medienkompetenz als Schulfach, die konsequente Umsetzung von Qualitätsjournalismus und eine stringente Regulierung, insbesondere wirk­mächtiger Plattformen wie Google & Co.

 

Alle können etwas gegen die Verbreitung von Fake News tun

In der redaktionellen Praxis wird die Arbeit professioneller Faktenchecker immer wichtiger. Denn der Umfang gezielter Falschinformationen im Netz sei mittlerweile „regelrecht explodiert“, berichtete Gudrun Riedl vom Faktenfuchs bei BR24. Mit einem Social Listening-Tool könne die Redaktion Desinformation schon früh aufspüren.

Schon in der Ausbildung lernt der Nachwuchs einfache Tools für den Faktencheck kennen. Lea Thies, Leiterin der Günter-Holland Journalistenschule, nannte als Trick für „jedermann“ zum Beispiel die Google-Rückwärtssuche zur Überprüfung der Echtheit von Bildern.

Manipulierte Bilder, Videos und Informationen in der lokalen Berichterstattung aufzuspüren, hat sich Thomas Laschyk mit seinem Enttarn-Blog volksverpetzer.de zum Ziel gesetzt. Er appellierte an das Publikum: Jeder und jede könne etwas gegen Fake News tun, nicht nur Journalisten und Journalistinnen.

 

Keine Falschnachrichten teilen

„Misstrauisch bleiben“, ist deshalb die Empfehlung von Ellen Heinrichs, (Foto oben, Mitte. Quelle: BLM/Trendyone), Gründerin des Bonn Institute für Journalismus und konstruktiven Dialog. Denn: „Wir sind so verkabelt, dass wir gerne glauben, was in unser Weltbild passt.“ Damit nannte sie einen wesentlichen Grund für die rasante Verbreitung von Fake News. Alle könnten etwas dazu beitragen, die Macht der Desinformation zu begrenzen: Indem sie Falschnachrichten nicht teilen und dadurch deren Reichweite erhöhen.

Die Augsburger Runde - Lea Thies, Dr. Thorsten Schmiege., Ellen Heinrichs, Jan Klukkert und Gudrun Riedl
(Quelle: BLM/trendyOne)

Eine Nachlese zu den Augsburger Mediengesprächen gibt es hier. Eine Zusammenfassung der Diskussion ist in der Mediathek des Lokalsenders a.tv zu sehen.


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