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Wie "Politfluencer" Jugendliche erreichen

Geschrieben von Bettina Pregel // BLM | 03. Dezember 2024

Mit Rezo und seinen reichweitenstarken Videos hat es begonnen. Mittlerweile spielen "Politfluencer" eine wesentliche Rolle für die Meinungsbildung der jungen Zielgruppe. Darüber hat die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) mit der Kommunikationswissenschaftlerin Desiree Schmuck am Rande der 29. Fachtagung des Forums Medienpädagogik der BLM gesprochen.

 

Welche Rolle spielen "Politfluencer" für die Meinungsbildung Jugendlicher und junger Erwachsener?

Jugendliche nutzen heutzutage zunehmend Social Media für politische Information. Instagram, TikTok, YouTube und Snapchat sind laut Studien sogar ihre wichtigsten Quellen, um sich über politische Themen zu informieren und Nachrichten zu konsumieren.

Außerdem werden Social-Media-Persönlichkeiten immer wichtiger: Hier zeigt der Digital News Report seit Jahren, dass die Social-Media-Persönlichkeiten sogar eine stärkere Bedeutung für den Nachrichtenkonsum der jungen Zielgruppe haben als die traditionellen Nachrichtenmedien.

Das bedeutet: Politische Influencer können potenziell eine wichtige Rolle für die Meinungsbildung junger Menschen spielen.

Desiree Schmuck

 

Die "Politfluencer" sind aber nicht nur eine Nachrichtenquelle für Jugendliche und junge Erwachsene, sondern wirken sich auch auf deren politische Beteiligung aus.

 

Inwiefern hat Ihre aktuelle Studie "Who Relies on Social Media Influencers for Political Information?" diese Erkenntnisse bestätigt?

In dieser Studie haben wir untersucht, welche Personengruppen Influencer zur politischen Information nutzen. Das Ergebnis: Es sind vor allem junge Männer und Personen, die sich ohnehin schon politisch engagieren und sich gut auskennen. Aber auch jene, die sagen, sie wissen eigentlich wenig über Politik.

Außerdem hat sich gezeigt, dass parasoziale, also einseitige Beziehungen mit Medienpersönlichkeiten eine Auswirkung auf die Nutzung von Influencern als politische Informations­quelle haben. Wichtig ist auch die Wahrnehmung, dass Influencer Themen spannend aufbereiten und Interesse für neue Themen wecken können.

Univ.-Prof. Dr. Desiree Schmuck im Gespräch mit Moderator Michael Schwägerl (Foto: BLM/Jan Scheutzow). 

 

In welcher Weise und auf welchen Kanälen erreichen Influencer junge Menschen mit politischen Themen?

Das ist von Land zu Land anders. Aber in Deutschland sind das vor allem YouTube, Instagram, TikTok und auch Snapchat. Im Vordergrund stehen dabei meinungsbetonte Formate wie so genannte Reaction Videos. Dafür nehmen sie Ausschnitte aus politischen Debatten und kommentieren diese in einer lockeren Art.

Auf TikTok sind das "Stitches", also Videos, in denen auf Inhalte anderer Creators reagiert wird. Die Influencer übernehmen hier also eine traditionelle Meinungsführerrolle, indem sie Inhalte einordnen, erklären und kommentieren.

 

Fallen Ihnen Beispiele beziehungsweise bestimmte Profile dazu ein?

Begonnen hat alles mit Rezo und seinem Video "Die Zerstörung der CDU". Damit wurde die Aufmerksamkeit auf Influencer als politische Kommentatoren und Kommentatorinnen gelenkt, sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Wissen­schaft. Aber es gibt natürlich auch andere Beispiele wie Louisa Dellert, die österreichische Influencerin Daria Daria oder den Podcast Hoss & Hopf.

Allen diesen Formaten gemein ist, dass sie das Privatleben politisieren, also Zusammenhänge zwischen persönlichen Erzählungen und gesellschaftlichen Problemen schaffen. Dabei geht es immer um das Einweben von politischen Themen in Lifestyle-Content.

 

Welche Chancen bietet Politfluencing der zunehmenden "News Avoidance" junger Menschen entgegenzusteuern?

Grundsätzlich bietet das Politfluencing durch seine unterhaltende und moderne Darstellung das Potenzial, junge Menschen für politische Inhalte zu begeistern. Dabei gibt es aber große Qualitätsunterschiede: von hochwertigen Erklärvideos, bis zur Verbreitung von Fehlinformationen aufgrund mangelhafter Recherche.

Jugendliche wieder für Nachrichten und politische Information zu begeistern, funktioniert am besten, wenn Komplexität reduziert, Interesse geweckt und Orientierung geboten wird.

Desiree Schmuck

 

Denn generell sinkt ja nicht das politische Interesse der jungen Menschen, sondern das Interesse an klassischen Nachrichtenmedien. Das liegt daran, dass der Hauptzu­gang zu Nachrichten über Social Media erfolgt, wo die Formate eben kurz und "snackable" sind.

 

Was können denn klassische Nachrichtenmedien wie Zeitung, Radio und Fernsehen ändern, um im Wettbewerb um die junge Zielgruppe zu punkten?

Die Nachrichtenmedien sollten sich an die Social-Media-Logik anpassen und versuchen, trotzdem qualitativ hochwertige Beiträge zu produzieren, indem sie sich an schnelle Schnitte, kurze Beiträge und eine altersgerechte Präsentation gewöhnen.

So eignen sich etwa auf TikTok junge Moderierende, zu denen Jugendliche einfacher eine Beziehung aufbauen können, besser als ein 50-jähriger Nachrichten­moderator.

Junge Menschen konnten sich bei der 29. Fachtagung des Forums Medienpädagogik der BLM einbringen
(Foto: BLM/Jan Scheutzow)


Mehr Infos
zur Fachtagung Medienpädagogik "Wie erreichen journalistische Nachrichten junge Menschen? Aufgaben für die Medienpädagogik in Zeiten von Podcasts, Politfluencern und KI-Content" sind hier zu finden.

 

Zur Person: 
Desiree Schmuck (Dr. phil., Universität Wien) ist Professorin für Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Medienwandel und Medieninnovation am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissen­schaft der Universität Wien sowie affiliiert mit dem Media Psychology Lab der KU Leuven in Belgien. Ihre Arbeit konzentriert sich dabei insbesondere auf die Nutzung und Wirkung von digitalen Medien im Kindes- und Jugendalter sowie politisches Engagement in digitalen Umgebungen.

Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) veröffentlicht regelmäßig Beiträge zu fachspezifischen Themen im Blog der MEDIENTAGE MÜNCHEN. Die MEDIENTAGE MÜNCHEN sind eine Initiative der Medien.Bayern GmbH – einer Tochtergesellschaft der BLM.

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