Das Informationsbedürfnis der Deutschen ist hoch. Doch wir greifen auf andere Nachrichtenquellen zurück: Erstmals überholt das Internet in Deutschland das lineare TV als wichtigste Anlaufstelle der Menschen für News. Laut "Reuters Institute Digital News Report 2024" und der deutschen Teilstudie des Leibniz-Instituts für Medienforschung müssen darüber hinaus die gängigen Nachrichtenmedien im Netz um User kämpfen: Die Befragung dokumentiert die wachsende Bedeutung von kurzen Online-Nachrichtenvideos wie sie Social-Media-Plattformen bieten. Weiter im Trend: Lokales.
Zu den Fakten: Das Internet ist nicht nur eine regelmäßig genutzte Anlaufstelle für Nachrichten, sondern stellt erstmals in der Studiengeschichte seit 2012 auch mehrheitlich die wichtigste News-Quelle der erwachsenen Online-Bevölkerung in Deutschland dar. Der "Reuters Institute Digital News Report“ für 2024 bietet einen tiefen Einblick in die aktuellen Trends, wie wir Menschen Nachrichten nutzen – weltweit und speziell in Deutschland.
Hier sind die wesentlichen Erkenntnisse der Studie zusammengefasst:
Zunehmende Dominanz des Internets als Hauptnachrichtenquelle:
- Das Internet als Hauptnachrichtenquelle:
42 Prozent der befragten deutschen Erwachsenen nutzen das Internet als ihre primäre Nachrichtenquelle. TV wurde damit erstmals in der Langzeitbetrachtung auf Platz zwei gesetzt; das Fernsehen rangiert 2024 mit 41 Prozent knapp hinter Web-Angeboten. - Die wachsende Rolle von Social Media:
15 Prozent der Befragten beziehen ihre Informationen hauptsächlich aus sozialen Medien. Bei den 18- bis 24-Jährigen sind es sogar 35 Prozent, und für 16 Prozent der jungen Erwachsenen sind soziale Medien die einzige Nachrichtenquelle. Dabei sind Reuters zufolge WhatsApp, YouTube und Facebook die führenden Plattformen. Jüngere Erwachsene nutzen bevorzugt Instagram, YouTube und TikTok, um sich zu informieren.
Nachrichteninteresse und Nutzung
- Das Nachrichteninteresse bleibt stabil.
55 Prozent der erwachsenen Web User sind 2024 stark oder sehr stark an Nachrichten interessiert, was einen leichten Anstieg gegenüber 2023 (52 Prozent) darstellt. - Starke Nutzung digitaler Angebote:
67 Prozent der Erwachsenen nutzen wöchentlich digitale Nachrichtenangebote auf Websites, Apps oder sozialen Medien. Das Fernsehen bleibt mit 60 Prozent ebenfalls stark vertreten.
Eine aktuelle Ausgabe des "pilot Radars“, Studienreihe des Media-Networks pilot, bestätigt aktuell das weiterhin hohe Interesse der Deutschen an News sowie an klassischen Nachrichtenmedien. - Soziale Medien werden auch zu Nachrichtenplattformen:
Die pilot-Studie kommt zu dem Schluss: "Ein klarer Ausreißer ist der Newskonsum über Social Media. Hier zeigt sich, dass die vergleichsweise junge Gattung vermehrt von jungen Zielgruppen genutzt wird: 65 Prozent der 18- bis 29-Jährigen geben an, News häufig oder sogar hauptsächlich über diese Kanäle zu nutzen; bei den über 60-Jährigen sind es nur noch 25 Prozent. Ein ähnliches Gefälle, wenngleich auch schwächer ausgeprägt, zeigt sich bei der Weiterleitung von Nachrichten über Messengerdienste wie WhatsApp oder Telegram.“ - Der Trend geht hin zur Kürze:
Knapp die Hälfte der Erwachsenen (49 Prozent) schaut mindestens einmal pro Woche ein kurzes Online-Nachrichtenvideo zu den Themen internationale Nachrichten, Innenpolitik sowie Umwelt und Klima, das nur wenige Minuten oder noch kürzer dauert. 26 Prozent tun dies über die Plattform eines Nachrichtenanbieters, knapp dahinter rangiert Googles Videoplattform YouTube mit 23 Prozent. 18- bis 24-Jährige konsumieren Online-Nachrichtenvideos hingegen hauptsächlich auf YouTube, Instagram und TikTok. - Lokales als USP in einer digitalisierten Welt mit einer Vorherrschaft der globalen Plattformen:
Im Vergleich verschiedener Nachrichtenthemen interessieren sich der Studie zufolge anteilig die meisten Menschen für Lokalnachrichten (59 Prozent).
Herausforderungen und Vertrauen in Nachrichtenmedien
- Die Skepsis gegenüber Nachrichten aus sozialen Medien:
41 Prozent der TikTok-Nutzer haben Schwierigkeiten, zwischen vertrauenswürdigen und unseriösen Nachrichten zu unterscheiden, heißt es in dem Reuters-Werk. Bei Plattformen wie WhatsApp und Google Search sind die Bedenken geringer. - Das sind die Vertrauensfaktoren:
Transparenz darüber, wie Nachrichten entstehen, hohe journalistische Standards und eine faire Repräsentation werden von den Befragten als wichtige Vertrauensfaktoren hervorgehoben.
Nachrichtenvermeidung und Erschöpfung
- Aktive Nachrichtenvermeidung nimmt zu:
14 Prozent der Erwachsenen versuchen oft, Nachrichten zu vermeiden, und 69 Prozent tun dies inzwischen gelegentlich. Beide Werte sind im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozentpunkte gestiegen. - Erschöpfung durch Nachrichtenüberfluss:
41 Prozent der Menschen fühlen sich durch die Menge an verfügbaren Nachrichten erschöpft, ein signifikanter Anstieg im Vergleich zu 2019 (26 Prozent ).
Nutzung von Künstlicher Intelligenz im Journalismus
- Es gibt eine Skepsis gegenüber KI-generierten Nachrichten:
Rund die Hälfte der Befragten fühlt sich dem "Reuters Institute Digital News Report 2024“ zufolge unwohl bei Nachrichten, die hauptsächlich durch KI produziert werden. Es gibt jedoch eine größere Akzeptanz, wenn Nachrichten mit Hilfe von KI, aber überwiegend von menschlichen Journalisten erstellt werden. - Jüngere Menschen sind offener für KI:
Jüngere Altersgruppen sind tendenziell offener gegenüber der Nutzung von KI im Journalismus als ältere.
Seit 2012 untersucht der "Reuters Institute Digital News Survey" jährlich über Repräsentativbefragungen generelle Trends und nationale Besonderheiten der Nachrichtennutzung. Die Studie basiert auf den Antworten von fast 100.000 Befragten aus 47 Ländern und wurde in Deutschland im Januar 2024 durchgeführt. Sie bildet repräsentativ die internetnutzende Bevölkerung hinsichtlich Alter, Geschlecht, Region und Bildung ab. Das Leibniz-Institut für Medienforschung/Hans-Bredow-Institut verantwortet seit 2013 als Kooperationspartner die deutsche Teilstudie; die Landesmedienanstalten und das ZDF haben die diesjährige Erhebung unterstützt.
TV verliert generell beim Publikum ...
Eine aktuelle Burda-Studie macht daneben deutlich, dass sich jeder Vierte generell vom klassischen Fernsehen verabschiedet hat. Die aktuelle Ausgabe von "Screens in Motion“ weiß über unser Nachrichtenbedürfnis: Öffentlich-rechtliche Fernsehsender sind bei den TV-Fans weiterhin die Hauptquelle für Informationen zu aktuellen Ereignissen.
Allerdings sank die Quote vor allem bei den jüngeren Menschen bis 29 Jahren. Die informieren sich – wie es auch das Reuters Institute und pilot vermitteln – verstärkt in Sozialen Medien.
Lokales Fernsehen und Radio machen ihrem Publikum die Vielfalt vor der eigenen Haustür erlebbar. Die Sender stärken Zusammenhalt und Demokratie, zumal gerade die kleinen Geschichten vor Ort helfen, das große Ganze zu begreifen.
Wie die Sender diese Aufgaben auch in Zukunft mit einer wachsenden Zahl an Herausforderungen leisten können, wird am 25. und 26. Juni im Rahmen der LOKALRUNDFUNKTAGE 2024 im NCC Mitte NürnbergMesse zur Debatte stehen. Inspiration, Innovationen und eine Vielzahl spannender Expert:innen aus dem In- und Ausland prägen das diesjährige Programm.
Interessiert an weiteren Themen? Dann steht der Blog der Medientage für Euch bereit. Die Medienthemen können auch gehört werden: im Podcast der Medientage München.
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