In welcher Realität bewegt sich die Audio-Branche im Jahr 2024? Diese Frage stellt der Audio-Gipfel der MEDIENTAGEN MÜNCHEN 2024 in den Mittelpunkt. Denn es hat sich viel getan im Ökosystem, neue Verbreitungswege und die Digitalisierung haben für das klassische Radio eine nie dagewesene Konkurrenzsituation geschaffen.
Gerade Lokalradio gehört zu jenen Absendern, die tapfer dagegenhalten und sich bewähren. Warum ist das so? Marco Morocutti steht seit Jahresbeginn an der Spitze von RADIO NRW. Im Interview gibt er Einblicke in seine Sicht auf den Markt. Die Entwicklungen, Herausforderungen und Wege in eine erfolgreiche Zukunft wird der Radiomanager zusammen mit weiteren führenden Köpfen der Branche beim Audio-Gipfel beleuchten.
Herr Morocutti, sie mischen seit mehr als zwei Jahrzehnten im NRW-Lokalfunk mit, haben ihn mitgeprägt und sind seit Jahresbeginn Geschäftsführer bei RADIO NRW. Wie fühlt sich der "Seitenwechsel" zum Mantelprogrammlieferanten an?
Den Wechsel zu RADIO NRW sehe ich nicht als "Seitenwechsel“, vielmehr stehen wir im NRW-Lokalfunk gemeinsam auf der gleichen Seite. Aber ein Perspektivwechsel, der mein Bild weiter vervollständigt hat, ist es ganz sicher.
Im Verlauf dieses Jahres haben wir innerhalb des Unternehmens viel verändert. Mit der bisherigen Entwicklung bin ich sehr zufrieden und selbst überrascht von dem Tempo, mit dem wir in vielen Themen vorangekommen sind. Die Aufgabe bei RADIO NRW macht mir große Freude und ich bin stolz, die Zukunft des NRW-Lokalfunks in neuer Rolle weiter aktiv mitgestalten zu dürfen.
Sie gehören zu den Expert:innen des Audio-Gipfels der #MTM24, der unter dem Motto "Listen to Reality" steht. Was ist Ihre Sicht auf die Realität des Mediums Radio im Jahr 2024?
Die Rahmenbedingungen für das Medium Radio haben sich in den vergangenen Jahren erheblich gewandelt. Verändertes Mediennutzungsverhalten, das Erreichen der Generation Z und die Diversifizierung der Angebote sind die Realität der gesamten Branche.
Gerade die mittlerweile größere Angebotsvielfalt in NRW über DAB+ und UKW stellt für uns im NRW-Lokalfunk eine neue Situation dar, die wir für die Gattung positiv bewerten und unternehmerisch gern als "Challenge“ annehmen.
Welche Herausforderung steht für Sie dabei im Vordergrund?
Die Kunst ist, adäquat auf die veränderte Marktsituation zu reagieren. Der Anteil variabler Kosten in Radiounternehmen ist gering. Rückläufige Nettoerlöse bedeuten in Verbindung mit beispielsweise Personalkostensteigerungen oder höheren Fixkosten durch die zusätzliche Verbreitung von DAB+ letztlich sinkende Unternehmensergebnisse.
Die im Vordergrund stehende Herausforderung ist daher, die richtige Balance zwischen nicht vermeidbaren Kostenreduzierungen und notwendigen Investitionen in Marktfähigkeit und Zukunft zu finden.
Ist das Modell des Lokalfunks in NRW dem noch gewachsen?
Ja, selbstverständlich. Mit Blick auf den Hörermarkt dürfen wir uns nach wie vor über überdurchschnittlich hohe Reichweiten und eine in der letzten ma Audio 2024 II sehr positive Entwicklung freuen. Unser USP "Lokalität“ und über 30 Jahre etablierte, starke Marken gehen mit einer hohen Hörer- und Kundenbindung einher. Bei aller Bescheidenheit – nicht umsonst sind RADIO NRW und der Lokalfunk seit Jahrzehnten mit Abstand privater Marktführer in Deutschland.
Richtig ist natürlich, dass das Modell des Zweisäulensystems in NRW komplex ist. Mein Eindruck ist aber, dass die Bereitschaft zu Veränderungen und der Wunsch, gemeinsam daran zu arbeiten, innerhalb des NRW-Lokalfunks groß ist. Transparenz und Vertrauen sind die Basis für jedes erfolgreiches Miteinander.
Hier sehe ich uns auf einem guten Weg und bin überzeugt davon, dass wir es schaffen werden, mit dem Lokalfunk in NRW auch in Zukunft erfolgreich zu sein.
Vor allem Lokalradio hat mit seiner Barrierefreiheit, im Vergleich zu Lokalzeitungen mit Bezahlschranken, eine große Bedeutung bei der Vermittlung gesellschaftlich relevanter Themen. Wird den Sendern in NRW mit entsprechender Wertschätzung von Politik und Gesellschaft begegnet?
Die emotionale Bindung zu und die Identifikation mit den Lokalsendern in NRW ist groß. Gerade lokal erfahren unsere Sender großen Zuspruch in der Gesellschaft und der Politik, zumal diese auf vielfältige Weise am Lokalfunk beteiligt sind, beispielweise als Mitglieder in den lokalen Veranstaltergemeinschaften.
Das Aufgreifen lokal und gesellschaftlich relevanter Themen aus dem Lebensalltag unserer Hörer:innen ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor, der sehr positiv bewertet wird.
Und auch auf landespolitischer Ebene spüren wir viel Wertschätzung und Unterstützung für den Lokalfunk. Er hat sich über Jahrzehnte als feste und wichtige Instanz in NRW etabliert.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten für die Zukunft von Radio: Wie würde er lauten??
Audio "boomt“. Das sind beste Ausgangsvoraussetzungen auch für das Radio.
Mein Wunsch sowie meine feste Überzeugung sind, dass das Radio bei allen Veränderungsnotwendigkeiten seine starke Position innerhalb des Audiomarktes behaupten kann. Dass der informative, emotionale und unterhaltende Charakter als Massenbegleitmedium in Zukunft seine Daseinsberechtigung behält, das würde ich mir wünschen, daran müssen wir arbeiten.
Aber ich bin sicher, dass uns dies als Branche gelingen wird. Im Radio steckt die Leidenschaft so vieler Menschen, das muss einfach belohnt werden!
Zur Person:
Marco Morocutti ist seit dem 1. Januar 2024 Geschäftsführer der RADIO NRW GmbH in Oberhausen. Im Jahr 2021 baute er als Geschäftsführer der audiowest GmbH eine gemeinsame Vermarktungs- und Servicegesellschaft der Verlagshäuser Lensing Media, Westfälischer Anzeiger und rubens auf. Dort vermarktete er sechs erfolgreiche Lokalradios in Nordrhein-Westfalen.
Dem NRW-Lokalfunk ist Marco Morocutti seit vielen Jahren eng verbunden. Der Diplom-Kaufmann ist ein ausgewiesener Kenner des Lokalradio-Systems in Nordrhein-Westfalen. Zu seinen Expertisen gehören u. a. Change-Management, Unternehmensentwicklung, Vertrieb und Marketing sowie die Konzeption und Umsetzung von Digital-Strategien.
Morocutti hat darüber hinaus über 24 Jahre in verschiedenen Führungspositionen beim Medienhaus Lensing gearbeitet und war u. a. auch Geschäftsführer der Radiosender Antenne Unna, Radio 91.2 und Radio Vest. Zuvor war er für den Zeitungsverlag im Vertrieb und in der Logistik tätig.
'Marco Morocutti ist zudem Mitglied des Aufsichtsrats beim Audio-Vermarkter RMS Hamburg, Beiratsmitglied der Radiozentrale sowie kooptiertes Mitglied im Vorstand bei VAUNET.
Die MEDIENTAGE MÜNCHEN 2024 finden vom 23. bis 25. Oktober unter dem Motto "Realities" bei der Serviceplan Group im House of Communication in München statt.
Tickets sind online erhältlich!
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Zudem können zahlreiche Medienthemen passenderweise auch gehört werden: im Podcast "This is Media NOW".