TikTok, Insta, YouTube, dazwischen ChatGPT: Junge Menschen informieren sich in kurzen Häppchen, lassen sich von Algorithmen den Feed sortieren und spüren zugleich, dass Social Media zu viel wird. Studien zeigen: KI ist Alltag, politische Inhalte kommen immer öfter aus dem "For You"-Feed – und gerade deshalb wächst der Wunsch nach mehr Transparenz, Medienbildung und klaren Regeln.
Jugendliche zwischen zwölf und 19 Jahren sind fast permanent online – und Tools der Künstlichen Intelligenz (KI) gehören für sie längst dazu: Über neun von zehn nutzen mindestens eine KI-Anwendung, meist wöchentlich oder häufiger, besonders ChatGPT. KI wird vor allem für Schule, Hausaufgaben und schnelle Infos eingesetzt und rückt damit neben Suchmaschinen wie Google zur zentralen Recherche-Anlaufstelle auf.
Parallel bleiben YouTube und Streaming selbstverständlich, während Social Media – vor allem Insta und TikTok – den Alltag takten, auch wenn jüngste Digitalstudien erste Nutzungsrückgänge bei großen Plattformen in der Altersgruppe 16 bis 18 anzeigen.
Für Nachrichten und Politik sind soziale Medien zur wichtigsten Quelle der 16- bis 27-Jährigen geworden: Rund drei Viertel der Teens und Twens holen sich politische Informationen vor allem über Plattformen wie TikTok und Instagram, deutlich vor Schule, Familie oder klassischen Medien. Influencer:innen werden so zu News-Gatekeepern, deren Kurzvideos oft die erste Begegnung mit einem Thema sind. Dabei mischen sich Information, Unterhaltung und Meinung – und der Überblick, was recherchiert und was reine Haltung ist, verschwimmt für viele.
Algorithmen sortieren Politik
Politik landet immer häufiger über den "For You"-Feed im Blickfeld der Jüngsten. Besonders TikTok, aber auch Instagram, YouTube und X sortieren, welche Parteien wie oft im Feed auftauchen – und dabei werden Inhalte an den politischen Rändern deutlich häufiger angezeigt als Beiträge der Mitte. In Testprofilen tauchten AfD-Videos teilweise schon nach wenigen Minuten auf, während SPD-Inhalte deutlich später kamen.
Die Studie "Digitalisiert, politisiert, polarisiert?" zur Bundestagswahl 2025 belegt: Empfehlungsalgorithmen auf TikTok, Instagram, YouTube und X pushen Inhalte politischer Ränder deutlich stärker in die Feeds junger Nutzer:innen als Beiträge der Parteien der Mitte. Interaktionen und Machart scheinen politische Sichtbarkeit deutlich mitzusteuern – mit Folgen für Wahrnehmung und mögliche Polarisierung.
TikTok als Nachrichtenbühne und Chance für Medienhäuser
Mehr als die Hälfte der Zwölf- bis 19-Jährigen in Deutschland nutzt TikTok mindestens wöchentlich, meistens über die personalisierte For-You-Page – und damit mitten im algorithmischen Empfehlungssystem.
Viele wissen zwar, dass "der Algorithmus" ihren Feed bestimmt. Sie können aber kaum erklären, nach welchen Kriterien Inhalte wirklich sortiert werden und wie sie ihre Feeds aktiv steuern könnten. Genau hier setzt die Forderung nach "digitaler Handlungsfähigkeit" an: Jugendliche sollen besser verstehen, wie Empfehlungslogiken funktionieren und welche Spuren ihr eigenes Verhalten hinterlässt.
Für Medienhäuser ist das ein Weckruf – und eine Chance. Redaktionen wie SWR Aktuell gehen mit eigenen TikTok-Kanälen dorthin, wo die jungen Leute ohnehin sind: Sie erklären Wahlen, checken Gerüchte, ordnen Landespolitik in 30 bis 60 Sekunden ein. Gleichzeitig nutzen Redaktionen neue Linkfunktionen, um aus viralen Clips heraus auf vertiefende Artikel, Analysen und Live-Blogs zu verweisen.
Wenn Social Media zu viel wird
Trotz intensiver Nutzung nimmt die Skepsis der "Generation Smartphone" gegenüber Social Media zu: Befragungen zeigen, dass eine Mehrheit der Jugendlichen und jungen Erwachsenen findet, sie seien zu viel online und wünschten sich insgesamt weniger Social Media im Alltag.
Sie spüren den Druck, immer Up-to-date zu sein, und fühlen sich von Hate Speech, Fake News und Dauervergleich gestresst. Sie schalten Benachrichtigungen ab, legen das Handy bewusst weg – und fordern mehr Hilfe, um zu verstehen, wie Algorithmen funktionieren und wie sie ihren Feed selbstbestimmter steuern können.
Gewünscht werden mehr Medienbildung im Unterricht, klare Regeln für Smartphone-Nutzung in der Schule und niedrigschwellige Beratungsangebote rund um digitalen Stress, Hate Speech und Verschwörungsnarrative.
Das Bild ist komplex: Junge Menschen sind so gut vernetzt und informiert wie nie – aber ihre Sicht auf Politik und Welt hängt stärker denn je von Plattformlogiken ab, die sie kaum durchschauen.
Genau deshalb rücken Medienbildung, Transparenz der Algorithmen und kreative News-Angebote auf TikTok, Insta und Co. in den Mittelpunkt: Damit aus schnellen Clips nicht nur Stimmung, sondern auch Haltung, Wissen und demokratische Teilhabe entsteht.
Auch wenn die MTM als Konferenz bis zum 21. Oktober 2026 pausieren: Wir bleiben präsent! Die Zusammenfassungen wichtiger Panel-Diskussionen sowie Bildmaterial der 39. MEDIENTAGE MÜNCHEN stehen im Info-Bereich der MEDIENTAGE-Homepage und auch im MTM-Blog bereit. Bilder für den Download (Quelle: Medien.Bayern GmbH/MEDIENTAGE MÜNCHEN) sind in der Mediathek zu finden.
Zudem können zahlreiche MTM-Themen gehört werden: im Podcast "This is Media NOW".




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