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Berichten über Wirecard: Gratwanderung für Medien

3. Mai 2021

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Wirecard-Enthüller Dan McCrum wurde bei seinen Recherchen massiv behindert. Und auch nach Bekanntwerden des „größten Betrugsskandals der Nachkriegsgeschichte“ bleibt der Fall des inzwischen insolventen Zahlungsdienstleisters ein schwieriges Terrain für Journalist:innen und Filmemacher:innen: McCrum wurde einst von der BaFin angezeigt, RTL hat juristischen Ärger mit einem Film über die Wirecard-Affäre.

 

Als „dunkelste Stunde“ im Rahmen seiner Aufdeckung des Wirecard-Skandals bezeichnete Dan McCrum die Strafanzeige, welche die deutsche Finanzaufsicht BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) 2019 gegen ihn erstattet hatte. „Eine deutsche Strafanzeige, die zusammenbrach“, betonte der Journalist der Wirtschaftszeitung „Financial Times“ im Gespräch mit Richard Gutjahr bei den digitalen Medientagen München 2020.

Dan McCrum startete bereits 2015 seine Recherchen rund um des inzwischen insolvente Zahlungsdienstleistungsunternehmen mit Sitz in Aschheim bei München für eine Artikel-Serie der „FT“. Doch es war ein steiniger Weg, um von Wirecard „erfundene Gewinne“ und „geschönte Bilanzen“ zu enthüllen. Am Anfang seiner Recherchen über die Wirecard AG hätte er nicht gedacht, dass er den „größten Betrugsskandal der Nachkriegsgeschichte“ aufdecken würde, sagte McCrum bei den #MTM20. Was ihn im Nachhinein am meisten überrasche, sei, wie lange die Wirecard-Verantwortlichen für die öffentlich erhobenen Vorwürfe wie zum Beispiel falsche finanzielle Angaben, nicht zur Rechenschaft gezogen wurden. „Wirecard hatte mächtige Player an seiner Seite“, so McCrum.

Die Rolle der Bundesregierung sei ihm noch nicht klar geworden, und er sei auf die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestag gespannt, führte der Enthüllungsjournalist im Oktober 2020 weiter aus. Inzwischen, rund ein halbes Jahr später, musste mit Bundeskanzlerin Angela Merkel die letzte Zeugin unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit die Fragen der Abgeordneten beantworten – bevor die Regierung nun Konsequenzen aus dem System Wirecard zieht.

 

 

FT-Recherche zu Wirecard traf auf viel Widerstand 

Zurück zu Dan McCrum. Die ersten Informationen zu „fragwürdigen Vorgängen“ bei der AG habe er von einem „Leerverkäufer“ an der Börse erhalten, schaute der Reporter bei den Medientagen 2020 zurück. Wenn er Fragen an die zu den Vorgängen Verantwortlichen von Wirecard gestellt habe, habe die Antwort gelautet, „dass das alles sehr komplex sei und er das nicht verstehen könne“.

Die Manager von Wirecard hätten den Zweifel an ihren Machenschaften als einen Vorteil ausgespielt, erklärte der Enthüllungsjournalist. „Ich erhielt ständig Antworten auf meine Fragen, die keinen Sinn ergaben“, sagte McCrum. Daher habe er so lange gefragt, bis er Antworten erhalten habe, die Sinn ergeben hätten.

Auf die Frage von Richard Gutjahr, welchen Gefahren er im Rahmen seiner Enthüllungsrecherchen ausgesetzt gewesen sei, erwiderte der britische Journalist, er sei „Ziel von Hackerangriffen“ geworden. „Von da an arbeitete ich drei Monate in einem Bunker mit einem Laptop ohne Internetverbindung, um Informationssicherheit zu haben“, so McCrum.

 

Vorverurteilung? RTL kämpft um Filmfassung

McCrums Hartnäckigkeit wurde belohnt, Wirecard ist Geschichte. Doch auch nach Bekanntwerden der Vorfälle tun sich Medien schwer im Umgang mit der Materie.

So hat RTL juristischen Ärger mit einem Film über die Betrugsaffäre. Der Kölner Privatsender strahlte am vorvergangenen Donnerstag zur besten Sendezeit den Doku-Thriller "Der große Fake – Die Wirecard-Story" mit Christoph Maria Herbst in der Hauptrolle aus, rund eineinhalb Millionen schauten zu. Allerdings hatte nur wenige Stunden zuvor das Oberlandesgericht (OLG) München eine einstweilige Verfügung gegen die gezeigte Fassung der Produktion erlassen. Demnach hätte die Film nicht in der Form ausgestrahlt werden dürfen: Ein Kläger sieht sich durch den Thriller vorverurteilt. Ein Vorwurf, den das OLG ernst nimmt, ist doch der eigentliche Mammutprozess noch schwebend.

"Die beanstandete Darstellung ist in Bezug auf den Antragsteller vorverurteilend, insbesondere weil nach dem maßgeblichen Verständnis eines unvoreingenommenen Zuschauers der Verdacht geäußert wird, dass über Wirecard auch Kinderpornografie und Terrorismus mitfinanziert worden ist und der namentlich genannte Antragssteller als ‚Statthalter in Dubai‘ hierbei eine maßgebliche Rolle gespielt hat", heißt es in der Entscheidung des Gerichts. RTL wurde in der Verfügung bis zu 250.000 Euro Ordnungsgeld angedroht.

Doch die Kölner wehrten sich. "Wir halten die Entscheidung des OLG München für formal und inhaltlich falsch", sagte ein RTL-Sprecher der Nachrichtenagentur dpa. "Ohne Anhörung ein Verbot auferlegt zu bekommen, nachdem es das Landgericht München zuvor anders entschieden hat, verletzt unser Recht auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren. Die Entscheidung ist für uns deshalb nicht akzeptabel. Wir prüfen derzeit sämtliche in Betracht kommenden rechtliche Schritte gegen die einstweilige Verfügung und werden diese auch einleiten."

Der 90-Minüter "Der große Fake – Die Wirecard-Story" unter Regie von Raymond Ley verbindet Filmszenen mit Dokumentarischem. Neben Herbst als Ex-Konzernlenker Markus Braun ist Franz Hartwig als Topmanager Jan Marsalek zu sehen. Nina Kunzendorf spielt eine fiktive Journalistin, die dem rasanten Aufstieg der AG misstraut und mit einer Kollegin dank Investigativ-Recherche Ungereimtheiten aufdeckt.

Die Produktion ist auf der RTL-Streaming-Plattform TVNOW in leicht abgewandelter Fassung zu sehen.

 


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