
In einer Zeit, in der Fake News und Filterblasen die Schlagzeilen dominieren, gibt es eine ermutigende Nachricht: Die Menschen erkennen zunehmend den Wert klassischer Medien vor Ort. Die "Zeitungsfacetten 2025"-Studie der Score Media Group zeigt, dass regionale Tageszeitungen nicht nur überleben, sondern in der digitalen Transformation sogar bedeutsamer für die Menschen werden.
Der Inhalt zählt für die Menschen, der Kanal ihres Konsums verändert sich: Auch diese Studie bestätigt den Trend. Die diesjährige Ausgabe der "Zeitungsfacetten" des Vermarkters Score Media Group zeigt einen deutlichen Wandel im Leseverhalten: Während 62 Prozent der Befragten mindestens wöchentlich regionale Tageszeitungen nutzen, verliert die gedruckte Ausgabe weiter an Boden (43 Prozent, minus vier Prozentpunkte seit 2020).
Gleichzeitig wachsen die digitalen Angebote kontinuierlich – Online-Auftritte erreichen 42 Prozent der Leser (plus sechs Prozentpunkte), während E-Paper den stärksten Zuwachs verzeichnen: 32 Prozent nutzen diese digitale Variante des Tagesblatts, was einer beeindruckenden Steigerung von 68 Prozent gegenüber 2020 entspricht. Den stärksten Zuwachs verzeichnen jedoch E-Paper-Ausgaben. Inzwischen nutzen 32 Prozent der Befragten diese digitale Variante der Zeitung. Dieser Trend unterstreicht die wachsende Akzeptanz für hybride Medienformate, die Print-Optik mit digitaler Flexibilität verbinden.
Alles in allem belegt die neunte Auflage der Gattungsstudie aus Sicht der Score Media Group, die sich "nationale Vermarktungsplattform regionaler Medienmarken" nennt und E-Paper, Online und Print im Portfolio führt, "einmal mehr die hohe Bedeutung der Medieninhalte der regionalen Publishing-Häuser in einer zunehmend fragmentierten Medienwelt".
Aus diesen Gründen:
Das demokratische Fundament wird stärker
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 63 Prozent der 5000 online Befragten betrachten regionale Tageszeitungen als unverzichtbar für die Demokratie – und dieser Wert steigt der Studie zufolge kontinuierlich. Das ist bemerkenswert in einer Zeit, in der traditionelle Medien oft unter Druck stehen.
Was macht regionale Medien so wertvoll? Sie geben ihrer Region eine Stimme (69 Prozent der Befragten bestätigen das) und leisten einen wichtigen Beitrag zur freien Meinungsbildung (64 Prozent). In einer zunehmend polarisierten Welt wirken sie als Anker für demokratische Werte und lokale Identität. Immerhin hat kürzlich eine Langzeitstudie zum Medienvertrauen der Universitäten Mainz und Düsseldorf ergeben, dass sich das Vertrauen der Deutschen in Medien 2024 stabilisiert und sogar leicht erhöht hat.
Die digitale Revolution ist in vollem Gange
Der Wandel hin zur digitalen Nutzung ist nicht mehr aufzuhalten – und das ist auch gut so. Die E-Paper-Nutzung ist in nur fünf Jahren um beeindruckende 68 Prozent gestiegen. Besonders interessant: Das Smartphone hat sich als bevorzugtes Lesegerät etabliert. 67 Prozent der E-Paper-Leser nutzen ihr Mobiltelefon, mehr als die Hälfte sogar hauptsächlich.
Diese Entwicklung zeigt, wie sich Medienkonsum fundamental verändert hat. Menschen wollen ihre lokalen Nachrichten nicht mehr nur am Frühstückstisch lesen, sondern flexibel unterwegs, in der Bahn oder in der Mittagspause.
Crossmedial ist das neue Normal
Besonders spannend: Die Zukunft liegt nicht im Entweder-Oder, sondern im Sowohl-als-auch. Wer ein Print-Abonnement besitzt, nutzt häufig auch digitale Kanäle. 66 Prozent der Print-Abonnenten lesen zusätzlich das E-Paper, 40 Prozent greifen auf kostenpflichtige Online-Angebote zu.
Diese crossmediale Nutzung zeigt, dass verschiedene Formate unterschiedliche Bedürfnisse erfüllen. Das gedruckte Papier für das entspannte Wochenend-Lesen, das E-Paper für unterwegs und die Website für aktuelle Breaking News.
Werbung wird (wieder) akzeptiert
Eine der überraschendsten Erkenntnisse der aktualisierten "Zeitungsfacette"-Studie: Die Werbeakzeptanz steigt. 46 Prozent der zahlenden Online-Nutzer:innen finden, dass Werbung einfach dazugehört – ein Anstieg um drei Prozentpunkte. 39 Prozent empfinden Reklame auf bezahlten Angeboten sogar als relevant.
Und: Jede:r zweite zahlende Online-Nutzer:in empfindet Bewegtbildwerbung als modern und angemessen, während 45 Prozent einen konkreten Mehrwert darin erkennen. Vier von zehn Befragten bestätigen gegenüber der Score Media Group, die vor einem Jahr einen Video-Vermarkter übernommen hat, die aufmerksamkeitsstarke Wirkung von Videoanzeigen. Etwa 40 Prozent der User schauen sich demnach Bewegtbildwerbung nicht nur gerne an, sondern haben auch bereits mehrfach darauf geklickt – ein Zeichen für die hohe Interaktionsbereitschaft mit diesem Werbeformat.
Das ist ein Paradigmenwechsel. Nach Jahren des Ad Blockings und der Werbevermeidung scheinen Menschen zu verstehen, dass Qualitätsjournalismus finanziert werden muss. Besonders, wenn Werbung gut gemacht und relevant ist, wird sie nicht als Störfaktor, sondern als Mehrwert wahrgenommen.
Newsletter: Der unterschätzte Kommunikationskanal
Ein echtes Highlight der Studie ist die Entwicklung bei Newslettern. Bereits ein Viertel der regelmäßigen Leser:innen hat mindestens einen Newsletter abonniert, und die Nachfrage nach lokalen Inhalten ist laut Studie groß. 30 Prozent beziehen bereits lokale News Updates, weitere 43 Prozent können sich das vorstellen.
Newsletter schaffen eine direkte, persönliche Verbindung zwischen Medienmarke und Lesenden. Sie landen direkt im Posteingang und werden oft mit höherer Aufmerksamkeit gelesen als Artikel auf Websites. Dabei ist die Bereitschaft zur regelmäßigen Kommunikation hoch: 80 Prozent wünschen sich demnach mindestens wöchentlich Post, ein Drittel sogar täglich.
Die Gratwanderung der Personalisierung
Ein besonders interessanter Aspekt ist der Wunsch nach personalisierten Inhalten. 58 Prozent der Leser:innen wünschen sich individualisierbare Newsletter, bei zahlenden Online-Nutzern sind es sogar 64 Prozent. Sie erkennen den Mehrwert: 80 Prozent sind überzeugt, dass individualisierte Inhalte besser zu ihren Interessen passen.
Gleichzeitig zeigt sich aber auch die Kehrseite der Personalisierung. 29 Prozent befürchten, durch zu enge Auswahlkriterien wichtige Informationen zu verpassen. 42 Prozent sind unsicher, welche Inhalte wirklich relevant sind. Diese Ambivalenz zeigt, wie wichtig es ist, die Balance zwischen Personalisierung und journalistischer Vielfalt zu finden.
Was bedeutet das für die Zukunft?
Die Studienergebnisse zeichnen ein optimistisches Bild für den regionalen Journalismus. Menschen schätzen lokale Berichterstattung nicht nur, sie sind auch bereit, dafür zu bezahlen und Werbung zu akzeptieren. Der digitale Wandel wird nicht als Bedrohung, sondern als Chance genutzt.
Carsten Dorn, Geschäftsführer der Score Media Group, bringt es auf den Punkt: Newsletter verbinden "lokale Relevanz mit persönlicher Ansprache" und schaffen "wirksame Kontaktpunkte zwischen Medienmarke, Leserschaft und Werbungtreibenden".
Die Botschaft ist klar: Regionale Medien haben eine Zukunft – wenn sie den digitalen Wandel mutig mitgehen und dabei ihre Kernstärke nicht vergessen: authentische, relevante Berichterstattung über das, was vor der Haustür passiert.
So steht es um konkrete Erlöse
Die Studie "Zeitungsfacetten 2025" basiert auf einer Online-Befragung von mehr als 5000 Personen und wurde von der Score Media Group durchgeführt. Sie bestätigt in Teilen Studienergebnisse und Entwicklungen vom Jahresbeginn. So hat der Verlegerverband BDZV verkündet, dass Zeitungen im Vorjahr ihre Gesamterlöse mit 7,5 Milliarden Euro stabil halten konnten, die Paid-Content-Umsätze dagegen um 18 Prozent auf 1,45 Milliarden Euro jährlich angewachsen sind. Regionale Tageszeitungen setzen dabei vor allem auf E-Paper, überregionale Titel hingegen verstärkt auf Paywall-Modelle.
Erfolgreiche Beispiele wie die Rheinpfalz und die wochentaz zeigen, dass gezielter digitaler Umbau funktioniert – während gedruckte Auflagen langfristig weiter sinken und einzelne Titel wie die ZEIT durch Fokussierung auf "Quality Time" am Wochenende punkten können.
Hinzu kommt: Verlage kompensieren den Print-Rückgang zunehmend durch diversifizierte Geschäftsfelder wie Events, Podcasts und Vermarktungsdienstleistungen. Doch gerade in dünn besiedelten Regionen drohen "Nachrichtenwüsten" durch das Verschwinden von Lokalzeitungen.
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