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Big Tech: Wie fangen wir die GAFAM ein?

30. November 2023

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Wenige digitale Plattformen bündeln das Gros der Aufmerksamkeit – eine Handvoll US-Digitalkonzerne beherrschen somit die Öffentlichkeit der Zukunft. Und nicht nur das: Die Monopolisten haben massiven Einfluss auf den Werbemarkt und die freie Marktwirtschaft. Lösungen, um die Macht der Konzerne wie Alphabet oder Meta effizient zu begrenzen – darauf zielten bei den MEDIENTAGEN MÜNCHEN Medienwissenschaftler Professor Martin Andree und Expert:innen im Rahmen des Europatags ab.

 

Die wahre Konkurrenz wirkt im Silicon Valley: Die publizistische und wirtschaftliche Macht der digitalen Großkonzerne wie Meta, Amazon, Alphabet, Microsoft und Apple müsse unmittelbar begrenzt werden. Dr. Martin Andree (Foto oben; Medien.Bayern GmbH), Gründer des Kölner Startups AMP Digital Ventures, warnte im Rahmen der #MTM23, dass andernfalls nicht weniger als eine „dauerhafte Aushöhlung demokratischer Gesellschaften“ drohe.

Die Übermacht der GAFAM (Akronym für die oben genannten größten IT-Unternehmen der Welt) habe bereits dazu geführt, dass diese Plattformen die politischen Diskurse bestimmten. Mit dieser Warnung untermauerte der Medienwissenschaftler während der MEDIENTAGE MÜNCHEN seine radikale Forderung, dass „Big Tech“ wegmüsse.

 

"Digitalkonzerne zerstören Demokratie und Wirtschaft"

Andree veranschaulichte das drohende Szenario in Wirtschaft und Politik mittels verschiedener Diagramme, die die Konzentration der publizistischen und wirtschaftlichen Macht der genannten Konzerne illustrierten.

Der Buchautor kam zu dem Ergebnis, dass schon heute eine fast vollständige Konzentration der Reichweiten bei weniger als zehn Marktteilnehmern läge. In diesem Szenario hätten sowohl öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunk als auch Medienhäuser, Markenplattformen oder E-Commerce-Anbieter keinen nennenswerten Einfluss mehr auf politische und wirtschaftliche Prozesse. „Das freie Internet und unabhängige analoge Medien wurden bereits abgeschafft“, erklärte der Wissenschaftler.

Martin Andree begründete diese Entwicklung mit mehreren Faktoren:

  • Die Plattformen haben erreicht, dass Menschen dabei sein wollten, weil Freunde und Bekannte ebenfalls dabei seien.
  • Dadurch entsteht eine enorme Sogwirkung.
  • Darüber hinaus haben die Konzerne geschlossene Standards geschaffen, die andere Anbieter konsequent ausschließen.
  • Schließlich zahlen die Digitalkonzerne in der Regel keinerlei Honorare für Inhalte und sind von jeglicher Verbreiterhaftung befreit.
  • Die größte Macht üben die Big-Tech-Riesen jedoch dadurch aus, dass Links von ihren Plattformen vor allem zu eigenen Inhalten führten.

Andree prognostizierte, dass – sollte es in diesem Bereich keine Regulierung geben – der publizistische und wirtschaftliche Anteil der Digitalkonzerne bis 2029 bei mehr als 75 Prozent liegen werde. Dies sei nicht zuletzt deshalb zu befürchten, weil in dieser Zeit bis zu 90 Prozent der Werbebudgets an Google und Co. fließe. Grundsätzlich seien sich alle politischen Akteur:innen zwar einig, dass diese demokratiegefährdende Marktmacht der großen Tech-Konzerne begrenzt werden solle. Im Moment, so warnte Andree, sei das Bewusstsein für die Dringlichkeit des Problems allerdings noch zu wenig ausgeprägt.


Der Medienwissenschaftler schlug bei den #MTM23 „einfache und kostengünstige Maßnahmen“ für schnelle Erfolge vor: Verpflichtungen der Konzerne zu offenen Standards, Trennung von Verbreitungsweg und Inhalt oder ein Verbot, strafbare Inhalte zu monetarisieren, wären sofort umsetzbar. „In spätestens zwölf Monaten wäre der Spuk vorbei“, sagte Andree, der unter anderem als Privatdozent für digitale Medien an der Universität zu Köln tätig ist.

Insgesamt plädierte er dafür, in einem weltweiten Verbund das Problem anzugehen und so die weitere Machtkonzentration der Big-Tech-Konzerne wirksam zu unterbinden.

 

Warten auf die DSA-Feinjustierung

Wichtiger Baustein im Kampf gegen die Wirkmacht der GAFAM ist im europäischen Raum der Digital Services Act (DAS). Bis zum Inkrafttreten sind aus Sicht der nationalen Regulierungsbehörden und der betroffenen Anbieter noch wesentliche Strukturfragen zu klären. Formaljuristisch muss der Bundestag schnellstmöglich die Regelung als nationales Recht anerkennen und ein entsprechendes Gesetz im Parlament verabschieden.

Noch wichtiger ist eine verbindliche Benennung der Behörden, die in Deutschland mit der Durchsetzung des DSA betraut werden sollen, sowie eine Festlegung der Verfahren, wie diese Behörden zusammenarbeiten sollen. In diesem Punkt zeigten Expert:innen bei einer Europatag-Diskussion im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN große Einigkeit.

MTM23_EU_DSADr. Wolfgang Kreißig und Dr. Julia Marquier (Foto: Medien.Bayern GmbH)

 

Welche Rolle spielen die Medienanstalten?

Das EMR – Institut für Europäisches Medienrecht und die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) gingen als Veranstalter des Europatages der Frage nach, wie sich die Beteiligten auf das Einbinden und Umsetzen des DSA in Deutschland vorbereiten. Noch ist unklar, ob und wie die Landesmedienanstalten zum Zuge kommen. Dr. Wolfgang Kreißig, Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) und Präsident der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LfK), warb bei den #MTM23 für seine Zunft: „Die Landesmedienanstalten verfügen über Expertise und Erfahrung in den Themen, die der DSA behandelt, zum Beispiel beim Jugendmedienschutz. Wir bereiten uns bereits jetzt intern darauf vor, dass wir diese Funktionen ausfüllen.“

Geregelt werden soll per DAS etwa die effektivere Möglichkeit der Verfolgung und Sanktionierung von Urheberrechtsverletzungen. Als passendes Instrument führte Kreißig die „Trusted Flaggers“ ins Feld. Dabei könnten natürliche oder juristische Personen, die über entsprechendes Fachwissen in der Kennzeichnung verfügen, Inhalte auf einer Plattform als illegal und/oder schädlich markieren.

Wo dieses Verfahren angesiedelt werden könnte? „Den Landesmedienanstalten könnte man ohne Weiteres diesen Status zuerkennen. Ich glaube jedoch, dass dieser Mechanismus vor allem für andere Behörden vorgesehen ist“, sagte der DLM-Vorsitzende. Darauf erwiderte Dr. Julia Marquier von der Bundesnetzagentur, wo sie das Referat für Netzneutralität, Plattformmonitoring und Künstliche Intelligenz leitet, dass es ab Inkrafttreten des nationalen Digitale-Dienste-Gesetz die Möglichkeiten in ihrer Behörde gebe, per Online-Formular einen Antrag zur Anerkennung als Trusted Flagger zu stellen.

 

Wie durchsetzungsstark kann der DSA werden?

Die großen und sehr großen Plattformen würden durchaus auf die vorgesehenen Regeln und Sanktionen reagieren, berichtete Dr. Martin Rupp, Head of Regulatory Affairs & Public Policy für Sky Deutschland. Angesichts der Androhung von Strafzahlungen in Millionenhöhe sei die Sensibilität der Plattformen gegenüber Verstößen gewachsen, so der Rechtskenner. Zudem werde der DSA ermöglichen, einen Gesamtblick auf die Plattformbetreiber zu werfen.

Julia Marquier ergänzte bei der MTM23-Diskussion, sie stelle fest, dass man nun ein realistisches Bild davon bekomme, wer wie oft und in welchem Umfang Bestimmungen zum Urheberrecht und/oder zum Jugendschutz verletzen würde. Das mache das Einleiten von entsprechenden Verfahren deutlich einfacher. Man habe das bereits bei der Plattform X (vormals Twitter) feststellen können, sagte sie. Dort wurden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen angepasst und DSA-konform gestaltet.

Auch die grenzüberschreitende Verfolgung von Verstößen gegen den DSA könnte einfacher und schneller möglich sein, gab die Spezialistin für Netzthemen zu verstehen. In informellen Gesprächen, die die Bundesnetzagentur bereits vor der offiziellen Verabschiedung der Verordnung mit anderen nationalen Digital Services Coordinators (DSC) führe, ist Marquier zufolge deutlich geworden: Allen Seiten ist klar, dass der erfolgreiche Kampf gegen illegale Inhalte auf Online-Plattformen nur transnational und koordiniert geführt und gewonnen werden kann.

Ob der DSA zumindest in Teilen Martin Andrees Forderung, „Big Tech muss weg!“ gerecht werden kann, muss sich erst noch zeigen.

 


Die Zusammenfassungen wichtiger Panel-Diskussionen sowie Bildmaterial der 37. MEDIENTAGE MÜNCHEN stehen in der Mediathek der Medientage-Homepage und auch im Blog der Medientage bereit.

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Die Medienthemen können auch gehört werden: im Podcast der Medientage München.

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