Newsletter sind und bleiben beliebt. Das ist nichts Neues. Neu ist jedoch die Entwicklung hin zum Newsletter als strategisches Mittel, das Publishern immer ähnlicher wird. Ein Beispiel dafür ist das US-Unternehmen Substack, das diesen Trend durch neue Geschäftsmodelle zwischen Werbefinanzierung und Paid Subscription vorantreibt. Deutsche Newsletter-Machende diskutierten übers Medium im Rahmen der #MTM22.
Newsletter sind in der Regel auf thematische Nischen fokussiert und werden auf eine Anwendungssituation hin optimiert. Nutzer:innen könnten dementsprechend verschiedene Newsletter abonnieren, um unterschiedliche Interessen abzubilden. Egal ob täglich oder mit anderer Frequenz: Diese regelmäßigen News-Services mit kuratierten und selbst erstellen Inhalten sind oft sehr aufwändig gemacht. Wichtig ist auch das Thema Persönlichkeit bei Newslettern.
Gute Beispiele für all diese Punkte sind die Mailangebote der Journalistin Sham Jaff, Sport1-Chefredakteur Pit Gottschalk und Medienjournalist Daniel Fiene. Sie waren zu Gast bei den 36. Medientagen München. Sie brachen eine Lanze für den Newsletter als „Snackable Content“ mit einer „nicht nervigen Präsenz im Mailaccount“ (Fiene) und vielen weiteren Vorteilen:
Der #newsletter als Medium ist nicht veraltet - verbindet die guten Eigenschaften der Vergangenheit mit digitalem Standard, meint @pitgottschalk von #feverpit'ch. Der @fiene nennt ihn ein fantastisches Format, da er alle Möglichkeiten einer digitalen Darstellung bedient. #MTM22 pic.twitter.com/h7YyIKEiWR
— MEDIENTAGE MÜNCHEN (@medientage_mtm) October 19, 2022
Was alle Referent:innen einte: Sie sind Journalist:innen mit einer Leidenschaft für ihre Themen. Seit 2014 sendet Jaff den wöchentliches Newsletter what happend last week aus, der sich vor allem mit sozialer Gerechtigkeit und dem Klimawandel in Regionen der Welt auseinandersetzt, die in westlichen Medien eher unter den Tisch fallen.
Der Fußball-Newsletter FeverPit‘ch von Gottschalk entsteht in der Freizeit des Sportmanagers, bis Mitternacht, um gegen 6.10 Uhr als „morgendliche Sportzeitung“ in den Mailfächern der Abonnent:innen zu landen. Das Werk ist private Leidenschaft des Sport1-Chefredakteurs, der sein umfangreiches Wissen über Fußball pointiert zur Einordnung nutzt.
Daniel Fiene versteht die Marke Was mit Medien und speziell den Newsletter als „Begleitung für Medienschaffende im Medienwandel“.
Zugang zum Wohnzimmer und Erlösmöglichkeiten
Aus Sicht von Pit Gottschalk bietet der Newsletter für Autor:innen entscheidende Vorteile; er könne Inhalte gut transportieren und das persönliche Branding als Vorteil dazu packen. „So kann man als Journalist die Stimme erheben und in die Wohnzimmer gelangen“, betonte der erfahrene Sportmedienmacher.
Wenn darüber ein Mehrwert geschaffen werde, könne man auch Erlöse erzielen. Im Falle von FeverPit’ch wies Gottschalk etwa auf sein Buch „Kabinengeflüster“ hin, das via Link gekauft werden kann. Oder aber der Newsletter speise feste Kolumnen bei etablierten Medien, für die der Fußballreporter bezahlt wird.
Doch in der Regel kommt FeverPit’ch ohne Bezahlschranke daher, „weil die Leute das überwiegend so wollen“, berichtete Gottschalk bei den Medientagen München. Geht es ums Bezahlen, verlinkt der Reporter „raus zu Steady, um die Bezahlbereitschaft sauber abwickeln zu können“. Steady sei eine gut geeignete Plattform für die „Zahlung von Mitgliedschaften“.
Daniel Fiene sah für die Monetarisierung von Newslettern mehrere Ansätze. Erlöse könnten Kern des Produkts sein, indem der Newsletter wie eine Zeitung verkauft werde. Kommt ein Membership-Modell zum Einsatz, das eine Community prägt, lasse sich der Zugang zur Community verkaufen. Fiene führte hier ebenfalls „kluge Tools wie Steady“. „Diese Monetarisierungsform ist viel nachhaltiger als das Verkaufen einzelner Mails“, betonte der Medienjournalist. Kostenlose Newsletter könnten daneben als Reminder für Bezahlangebote eingesetzt werden, um Fachbücher, Bezahlevents oder einen kostenpflichtigen Podcast zu bewerben.
Kann man vom Newsletter-Machen leben?
"Wer ein zweites Boot baut, kann es nicht so verkehrt machen“, witzelte Daniel Fiene mit Blick auf Gabor Steingart, der aus seinem beliebten Morning-Briefing Newsletter am Ende mit The Pioneer „eine millionenschwere Unternehmung“ gemacht habe.
Eine Sache war dem Was-mit-Medien-Macher wichtig: Um Erfolg zu haben, müsse der Absendende am Ball bleiben. Ein täglicher Newsletter sei dabei gar nicht nötig, vielmehr eine verlässliche Regelmäßigkeit. Auch machte er Mut, einfach etwas auszuprobieren: „Man kann Newsletter starten, die zunächst gar nicht so fix sein müssen. Daraus können sich letzten Endes Dinge wie die Selbstständigkeit ergeben.“
Auch für klassische Medienanbieter ist der Newsletter ein Medium mit Vorzügen: Aktuell empfiehlt der Journalist Brian Morrissey auf seiner Blog-ähnlichen Substack-Seite The Rebooting, Zeitschriftenkonzepte durch kluge Beiboote zukunftsfähig zu machen und sie in einen „Kosmos“ einzubetten. Dazu zählt der US-Autor unter anderem Newsletter und Community-Elemente.
Die Zusammenfassungen wichtiger Panel-Diskussionen sowie Bildmaterial der 36. MEDIENTAGE MÜNCHEN stehen in der Mediathek der Medientage-Homepage und auch im Blog der Medientage bereit.
Die Medienthemen können auch gehört werden: im Podcast der Medientage München.
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