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Publisher im Digital Change: Die Zeit drängt

7. Juni 2023

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Der demografische Wandel bedroht das bisherige Geschäftsmodell der Zeitungsverlage massiv. Das auf Print spezialisierte Beratungshaus Schickler spricht sogar von der „größten Herausforderung, die ihnen jemals in ihrer Geschichte gegenüberstand“. Denn Printabonnements sind vor allem bei älteren Zielgruppen beliebt – und Publisher steuern damit absehbar auf eine „Abrisskante“ bei Leser:innen zu. Die Berater:innen empfehlen hohes Tempo bei der Transformation hin zu digitalen Geschäftsmodellen.
Unterdessen weiß die LMU München: Es gibt Wege, um die Zahlungsbereitschaft für Online-Nachrichten zu steigern.

 

Transformation Endgame – die nächsten 5 Jahre entscheiden“: So überschreibt das Team Schickler eine aktuelle Analyse zur Lage des deutschen Zeitungsgeschäfts. Noch fußt es zu großen Teilen auf den Ausnahmen aus dem klassischen Printgeschäft, aus einem Mix aus Abonnements und Anzeigen. Aktuell spürten Verlage „eine verstärkte Dynamik im Rückgang der Print-Auflage“, heißt es. Sie werde „sehr kurzfristig zu einer dramatischen Änderung des Gesamtgefüges“ führen.

Hintergrund: Die Altersstruktur der Printabonnenten, die „nochmals deutlich“ über der bekanntermaßen alten deutschen Bevölkerung liege. Nach den Schickler-Analysen stehen 40 Prozent dieser klassischen Verträge in den nächsten Jahren „im Risiko“.

Derzeit würden viele Verlage Rückgänge in Höhe von acht bis zehn Prozent bei den Abos verzeichnen, „Zahlen, die früher nicht vorstellbar waren“, so Schickler. Diese Rückgänge seien erste Zeichen“ einer dramatischen Abrisskante, der Zeitungsverlage sich gegenübersehen“. Die weitere Prognose: „In den nächsten Jahren werden wir noch deutlich stärkere Abo-Rückgänge sehen.“ Sie erfordern aus Schickler-Sicht „radikales Handeln“. Der Sturm sei im Anmarsch, „und er ist brutal“. Die „größte Herausforderung der letzten 90 Jahre für Verleger und Medienmanager“ sei aufgrund zahlreicher Wechselwirkungen umfassend und komplex.

 

Was hat sich gegenüber den Vorjahren geändert?

Zunächst einmal der Status quo: Die Printauflagen schrumpfen je nach Verlag und Region zwischen 1 und 4 Prozent jährlich und „weitgehend gleichförmig“. Im Werbemarkt wanderten und wandern die Budgets der überregionalen Kunden zu den digitalen Plattformen; 2022 lag das Minus beim Netto-Werbeumsatz der gedruckten Tageszeitungen laut ZAW bei 5,6 Prozent. Schickler zufolge würden bewährte Gegenmaßnahmen der letzten Jahre nicht mehr ausreichen oder das Problem sogar verschärfen.

Mehrere Punkte führt die Analyse aus: So würden allgemeine Preissteigerungen aus Ausgleich zu den gesunkenen Vertriebserlösen von immer mehr Abonnent:innen nicht akzeptiert. Ein Umstand, den angesichts von Inflation und gestiegenen Haushaltskosten der Menschen auch andere Gattungen wie Streaming-Plattformen zu spüren bekommen. Auch würde es nicht mehr helfen, wenn Publisher Umfänge und Ausgabenstrukturen reduzieren würden; beides führe zu „gefühlten“ Qualitätsverlusten und Kündigungen. Und: Die proaktive Wandlung von Print- in E-Paper Abos mit dem Ziel, die Digitalisierungsquote zu steigern, führe zu steigenden Stückkosten in der Zustellung.

„Alle diese folgerichtigen Maßnahmen beschleunigen die Rückgänge der Printabos und führen in der Logistik zu explodierenden Stückkosten“, urteilt Schickler. Denn die bezahlte Wegstrecke verringere sich bei sinkenden Mengen nur marginal. Um das zu kompensieren, würden Bezirke aus der Zustellung genommen, was wiederum den Auflagenrückgang beschleunige. „Effekte multiplizieren sich“, heißt es.

 

Junge treue Leser:innen kommen kaum nach ...

In den nächsten Jahren wird es aus Schickler-Sicht verstärkt zu „Strömungsabrissen“ im Print-Geschäft kommen. Gewinne aus Print würden „drastisch abfallen“ und das Printgeschäft negativ werden. Spätestens dann müssten die Ergebnisse aus dem Digitalgeschäft groß genug sein, um das „Geschäftsmodell Zeitung“ weiter zu betreiben.

Hier die Fakten zum demografischen Wandel der Zeitungsfans in einer Grafik (Quelle: Schickler):

Print-Abonnentenentwicklung-1

Immerhin: Das Vertrauen ins Medium ist groß. Für 60 Prozent der deutschen Bevölkerung sind Lokal- und Regionalzeitungen vertrauenswürdig, 55 Prozent sagen das von den überregionalen Tageszeitungen. Damit bleibt das Vertrauen in die Zeitungen und ihre Berichterstattung auf einem nahezu gleichbleibenden Niveau, wie die jetzt veröffentlichten Ergebnisse der Langzeitstudie Medienvertrauen des Instituts für Publizistik der Universität Mainz und des Instituts für Sozialwissenschaften der Universität Düsseldorf dokumentieren. Bei der letzten Erhebung im Jahr 2020 lagen die Werte bei 63 Prozent für die Regionalzeitungen und bei 56 Prozent für die Überregionalen.

Zeitungsverlage müssten sich Schickler zufolge „ganz ehrlich“ drei Fragen beantworten:

  • Wie viel Zeit bleibt uns überhaupt noch, um zu handeln?
  • Wie viel Change-Konsequenz trauen wir uns zu?
  • Wie sieht unsere individuelle Roadmap aus?

Bislang würden nur wenige, meist internationale Medienhäuser zeigen, dass der Digital Change gelingen könne. Allerdings seien einige Rahmenbedingungen in Deutschland anders, noch dazu habe jeder Verlag eine andere Ausgangslage. „Jedes Medienhaus muss seinen eigenen Weg finden“, heißt es in der Analyse. Auch, wenn es darum geht, künftig zum datengesteuerten Medienhaus zu werden, hat Schickler einen Leitfaden zur Hand: Hier seien Strategie, Kultur und Entscheidungsform wichtiger als die technologische Grundlage.

 

Die richtige Werbung ist wichtig 

Klar ist: Die Umsätze aus dem Online-Geschäft der Publisher müssen deutlich gesteigert werden. Eine Hoffnung ruht auf den Online-Abonnements. Eine aktuelle Studie aus der Kommunikationswissenschaft zeigt: Die Zahlungsbereitschaft für Online-Nachrichten kann durchaus gesteigert werden. Ein Forschungsteam der LMU München um Dr. Bartosz Wilczek, Ina Schulte-Uentrop und Prof. Neil Thurman hat herausgefunden, dass eine bestimmte Kombination von Werbebotschaften die Zahlungsbereitschaft für Online-Abos steigert.

Den Studienergebnisse zufolge steigert eine Anzeige für ein Online-Abonnement die Zahlungsbereitschaft dann am meisten, wenn sie zwei Werbebotschaften kombiniert:

„Erstens, wenn sie darüber informiert, dass ein Online-Abonnement den unabhängigen Journalismus unterstützt (normative Botschaft). Und zweitens, wenn sie auf die schwierige finanzielle Situation der Zeitungsbranche hinweist und so die Einführung von Abonnement-Modellen begründet (Preistransparenz-Botschaft)“, heißt es in dem Werk.

Das Online-Experiment der drei Wissenschaftler testete insgesamt vier verschiedene Werbebotschaften – einzeln und in Kombination. Dafür erhielten 815 Proband:innen im Vereinigten Königreich eine von 16 verschiedenen Versionen einer Online-Abonnement-Anzeige. Neben der „normativen Botschaft“ und der „Preistransparenz-Botschaft“ wurden auch „digital-spezifische“ und „soziale“ Botschaften berücksichtigt.

Nicht nur in UK, sondern „auch in Deutschland gewinnen Online-Bezahlmodelle für Zeitungsunternehmen klar an Bedeutung“, so Wilczek. Die Problematik der Zahlungsbereitschaft stelle beide Länder vor ähnliche Herausforderungen, so Thurman, Professor für Kommunikation an der LMU. Die Studie wurde Ende Mai im International Journal of Communication veröffentlicht.

 


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