Weiterhin hoch dynamisch: So könnte die Lage der Podcast-Branche kurz umschrieben werden. Die Zahl der Hörer*innen wächst; gerade während der Phase des Corona-Lockdowns hat sich eine rasch wachsende Fan-Schar via Podcast informiert und unterhalten. Die Zahl der Angebote wächst, auch weil weitere Plattformen im expansiven Audio-Genre mitmischen und für ausreichende Kapitalisierung der Hörstücke sorgen. Geschätzt 30.000 deutschsprachige Podcasts sind im Markt – Zeit für eine Zwischenbilanz.
Gut jeder Vierte hierzulande hört regelmäßig Podcasts, wie der Digitalverband Bitkom aufzeigt. Der Trend hält an: Laut Goldmedia Trendreport könnten zum Jahresende bereits ein Drittel der Deutschen zu diesen Fans zählen. Allen voran junge Hörer*innen rufen Stücke ab. Nur die Zielgruppe der über 65-Jährigen hat das Genre bisher noch nicht so recht für sich entdeckt.
Die beliebtesten Dienste und Apps für Podcasts sind aktuell Spotify (43 Prozent), die ARD Audiothek (28 Prozent) und Audible (21 Prozent). Jeder Dritte (34 Prozent) hört außerdem Podcasts ohne eine App direkt über entsprechende Internetseiten, weiß eine aktuelle Analyse von OmniQuest.
Besonders beliebt bei Podcast-Hörer*innen sind die Themen Nachrichten und Politik (45 Prozent) sowie Film und Fernsehen (41 Prozent). Ähnlich viele interessieren sich laut Bitkom für Sport und Freizeit sowie Comedy.
Ob frei zugänglich, kostenpflichtig oder von Unternehmen als Corporate Podcast angelegt: Der Markt wird immer größer, die Anbieter zahlreicher. Omnipräsente Tipps fürs richtige Podcasting sorgen darüber hinaus ständig für neuen Nachschub.
Worum es jetzt geht in Sachen Podcast
2020 dürfte das Jahr werden, in dem die nachhaltige Finanzierung von Podcasts im Vordergrund steht – über Reichweite, Werbeeinnahmen, Plattformen und Abo-Modelle.
Im Frühjahr 2019 etwa startete der Medienkonzern Bertelsmann mit Audio Now eine kommerzielle Podcast-Marke, die dem Markt regelmäßig unter anderem exklusive und hochwertige Personality-Hörstücke beisteuert oder Vielversprechendes an sich bindet.
Gerade eben verkündete das Team um Geschäftsführerin Mirijam Trunk, dass die Sportreporter Frank „Buschi” Buschmann und Florian „Schmiso” Schmidt-Sommerfeld mit ihrem im April gestarteten Podcast „Lauschangriff - Endlich was mit Sport” Teil der Audio-Now-Familie werden. Ab August produzieren sie damit exklusiv im Auftrag der zugehörigen Bertelsmann-Produktionsfirma Audio Alliance.
Mit „Blockbustern im Abo-Modell“ folgte in diesem Frühjahr ProSiebenSat.1 mit der Audio-Marke FYEO (For Your Ears Only). Zum Geschäftsmodell der Münchner gehört ein monatliches Abo für Originals im Premium-Bereich zu 4,99 Euro. Hinzu kommt der kostenlose Free-Bereich mit Tausenden frei verfügbare Podcasts und klassischen Inhalten.
Neben den klassischen Audio-Vermarktern wie AS&S Radio oder RMS macht sich seit Februar das Startup Julep für die Kapitalisierung des Hör-Genres stark. Die Münchner haben sich zur besseren Vermarktbarkeit von Podcasts das Forcieren von Reichweitenmessung, Werbewirkungsstudien und Standardisierung auf die Flaggen geschrieben.
Die Antwort der bereits etablierten Marken ließ nicht lange auf sich warten: "Spotify schlägt ein neues Kapitel auf", kündigte Sven Bieber im April für Spotify an. Der Head of Ad Sales Germany stellte die Technologie Stream Ad Insertion (SAI) vor, die die Planung, das Reporting und die Erfolgsmessung von Podcasts ermöglichen. Seither sind bei Spotify Werbeinhalt und Podcast entkoppelt, verschiedene Werbepartner können das Stück für jeweils andere Zielgruppen oder an anderen Tagen belegen. Auch kommen nun bei der Spotify-Vermarktung klassische Attribute der Online-Werbung zum Tragen: Targeting sowie die Abrechnung nach Reichweite.
Seit vergangenem Herbst spricht zudem das schwedische Unternehmen Acast unabhängige Podcast-Produzenten, Medienhäuser, Werbungtreibende und Endkonsumenten im hiesigen Audio-Markt an. Produzenten und Publisher können über Acast ihre Podcast-Inhalte veröffentlichen, distribuieren sowie vermarkten. Die Schweden schütten im Nachgang Erlöse an die Urheber aus; sie sorgen mit neuen Werbeformaten ohne Medienbruch für mehr Zuspruch durch die Werbewirtschaft.
Das Medium kann mit intensiver und aufmerksamer Nutzung klotzen; durchschnittlich 13 Minuten Länge wünschen sich deutsche Hörer*innen laut Bitkom bei "ihren" Podcasts.
Nebulöse Zahlen, großes Potenzial
So unklar wie die genaue Zahl an Podcasts auf dem deutschen Markt bleibt fürs Erste die Frage, wie viele Plattformbetreiber und Produktionsfirmen es hierzulande eigentlich gibt. Auch was mit dem Audio-Trend verdient wird, bleibt eine Sache der Analysten. Der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers zufolge sind die Werbeerlöse mit Podcasts im Audio-Markt von zwei Millionen Euro im Jahr 2014 auf 48 Millionen im Jahr 2018 angewachsen. Für 2021 rechnet Statista mit einem Anstieg auf 88 Millionen Euro erwartet.
Vor allem dem Podcast-Markt USA, den manch einer schon schwächeln und stagnieren sieht, wird noch viel Sales-Potenzial zugetraut: Das Interactive Advertising Bureau (IAB) erwartet einen Umsatz an Werbeeinahmen durch Podcasts von einer Milliarde Dollar bis 2021 in den USA. 2018 war es noch knapp die Hälfte. Eine Ende des Booms ist nicht in Sicht.
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— XPLR: MEDIA in Bavaria (@XPLRMedia) July 6, 2020
Mehr zu den Themen Marktentwicklung, Formate und Vermarktung sowie Expertentipps lest ihr hier
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Eine Übersicht über die Podcast-Branche bietet auch der neueste XPLR: Report, der ebenso wie der Blog der Medientage im Haus der Medien.Bayern GmbH erscheint.
Die Medientage München begleiten die interessante Audio-Entwicklung – mit einem Podcast-Special während der virtuellen Konferenz, die dieses Jahr vom 24. bis 30. Oktober 2020 erstmals im Netz stattfinden wird.
Sie interessieren sich für Themen rund um die Medienbranche? Dann finden Sie hier im Blog der Medientage München noch mehr Lesenswertes.
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