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So meistert der lokale Rundfunk die Corona-Krise

8. Juli 2020

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Das Lokalrundfunktage Online Special brachte es an den Tag: Arbeit und Status quo der lokalen Radio- und Fernsehstationen in Bayern sind immer noch und auf längere Sicht geprägt von den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Doch bei der virtuellen Konferenz wurde auch deutlich: Die Sender vor Ort haben gerade in der Zeit des Lockdowns immens an Bedeutung für die Bürger*innen gewonnen. Die Anbieter haben Chancen ergriffen, viel dazugelernt – und so manche Transformation im Eilverfahren in ihren Lokalstationen durchgesetzt.

Gerade in den vergangenen Monaten hätten die lokalen TV- und Radiosender in Bayern ihre Stärken gezeigt, lobte Siegfried Schneider in seinem Grußwort die Anbieter. Laut dem Präsidenten der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) habe der Lokalfunk einmal mehr bewiesen, dass die Sender für die Hörer*innen Heimat bedeuteten und das „Tor zur Welt“ seien.

LRFT-Schieder-Schneider-3LRFT-Moderatorin Marion Schieder mit Siegfried Schneider, BLM (Foto: Screenshot)

Schneider verschloss beim Lokalrundfunktage Online Special nicht die Augen vor der wirtschaftlich heiklen Lage der bayerischen Stationen, ausgelöst durch die Corona-Krise. Einige Sender kämpften sogar ums Überleben, räumte der BLM-Präsident ein und führte verschiedene Förderungen für TV und Radio vor Ort an, die auf den Weg gebracht oder bereits ausgezahlt worden sind.  

Auch die weiterhin zugesagte Förderung der TV-Sender müsse als Bestätigung der Anerkennung ihrer Leistung verstanden werden. Schneider: „Qualität ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor unserer lokalen Medien. Nicht zuletzt, weil sie mit seriösem Journalismus auch jüngere Zielgruppen erreichen. Diesen Public Value gilt es gerade in Krisenzeiten zu erhalten und zu stärken.“

Mit einem Dank wendete sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bei den #LRFT20 an die lokalen Medien in Bayern: "Sie alle haben mitgewirkt die Menschen zu informieren, Unsicherheiten zu klären, aufzuklären und auch für die Geduld zu werben. Sie haben gezeigt, dass Sie systemrelevant sind." Man habe „Gemeinschaftliches“ geschafft.

LRFT-Söder-1Markus Söder sagt dem lokalen Rundfunk Hilfe zu (Foto: Screenshot).

Söder sagte dem lokalen Rundfunk weitere Unterstützung durch das Land Bayern zu. „Die Bayerische Staatsregierung steht fest an Ihrer Seite.“ Und – der Bund mischt auch mit:

Zur Situation der lokalen Radio- und TV-Stationen – mehr Arbeit bei reduziertem Personal, mehr Reichweite bei wegbrechenden Werbeerlösen - gab Willi Schreiner einen Einblick. Der Vorstand des Vereins Bayerischer Lokalrundfunk (VBL) fasste die Lage beim digitalen Event so zusammen: "Viele Sender haben 2019 keine Gewinne an die Gesellschafter ausgeschüttet. In den meisten Stationen schreiben wir derzeit rote Zahlen." Daher gebe es Geld vom Freistaat für die UKW- und DAB-Verbreitung und mehr Unterstützung durch die BLM für die Funkanalyse Bayern; die Medienaufsicht hat den Zuschuss zur Reichweitenstudie in diesem Jahr verdoppelt

Schreiner ging davon aus, dass es für die Sender zunächst schwierig bleiben dürfte. Er befürchte nun eine Welle von Werbeaufträgen, die jetzt gemacht würden, um sie in den kommenden zwei Jahren erst umzusetzen, so der VBL-Chef. Und: Das Zubrot aus dem nationalen Werbetopf fällt mager aus. Zwischen 25 und 45 Prozent Einbußen in der nationalen Werbung fürs Jahr 2020 durch die Corona-Pandemie vermutete Willi Schreiner. Es bleibt ergo ein hartes Jahr für den lokalen Rundfunk.

Entmutigen lassen wollte sich der VBL-Vorstand indes nicht; die Sender hätten viel geleistet und viel gelernt.

 

Was die Radio- und TV-Macher sagen

Ins selbe Horn stieß Carmen Schmalfeldt, Morgenmoderatorin von Radio Leverkusen. Die Krise habe das Medium verändert, berichtete die zugeschaltete Radiomacherin, die zeitweise während des Lockdowns aus ihrem schalldichten Kleiderschrank im Bonner Homeoffice moderiert hat. Schmalfeldt: „Wir waren nicht mehr nur der Dienstleister, sondern wir wurden mit der Hörerschaft verpartnert, wir haben gemeinsam Programm gemacht.“ Ihr war beim Lokalrundfunktage Online Special wichtig:  

Bei Sascha Devigne, dem Chefredakteur von Studio 47, dem Stadtfernsehen Duisburg, wurde das Senderteam mit Start der Ausgangsbeschränkungen im März halbiert. Die eine Hälfte hielt die Stellung im Sender und vor der Kamera, die andere Hälfte lieferte Recherche-Ergebnisse aus dem Homeoffice zu. Sein journalistisches Fazit fiel so aus:

Aber: Am Ende des Jahres dürften rund 25 Prozent der Gesamterlöse aus Werbung und Dienstleistung fehlen, berichtete der Lokal-TV-Macher Sascha Devigne. Hilfreich sei, dass die Studios beim Stadtfernsehen Duisburg seit Juni verstärkt von Verbänden oder Veranstaltern gebucht würden, die den Ausfall physischer Veranstaltungen durch professionelle Übertragungen von Online-Events kompensieren würden. „Das hat uns in den vergangenen Wochen sehr geholfen“, betonte Devigne. Neue Auftragsproduktionen könnten fehlendes Mediabudget ein wenig kompensieren.

Gerade mal ein Jahr auf Sendung, musste tv.ingolstadt bereits diese massive Krise überstehen. Horst Rettig, Geschäftsführer in Ingolstadt und in Personalunion bei münchen.tv, hob ebenso wie der Duisburger TV-Mann den besonderen Wert von Auftragsproduktionen hervor: „Seit drei Wochen fährt das wieder hoch“, berichtete Rettig.

Er und sein Team hatten während des Lockdowns das Programm mit Skype-Interviews aufgepeppt und dem lokalen Handel eine kostenlose Plattform zur Präsentation geboten. Mit langfristigen Effekten: Laut Horst Rettig hätten sich „wertvolle neue Kontakte“ zu potenziellen Werbekunden aufgetan, die langfristig dem Sender zugute kommen würden.  

 

Lokaler Rundfunk - wichtiger Gegenpol zu nationalen Medien 

Eine Lanze für den lokalen Rundfunk in Zeiten von Corona brach Klaus Meier, Professor am Lehrstuhl für Journalistik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Was auch daran liegt: „Die Bedeutung für den Nahraum ist mit der Pandemie gestiegen – er wird die nächsten Monate und Jahre nicht an Bedeutung verlieren.“ 

Meier lobte: "Trotz massiver Beschränkungen: In der Corona-Krise sind Innovationen in der Digitalisierung der Workflows, in neuen Formaten und Themen entstanden." Und: „Wir haben sogar Sternstunden des lokalen Mediums gesehen – im Finden neuer Themen.“

Hier setzte der Eichstätter Medienwissenschaftler auch mit seiner Prognose an: Der wegfallende Terminjournalismus mache Platz frei für neue Formate mit großer Wirkkraft. „Lokaler Rundfunk kann den Menschen in der Region helfen, mit Corona und der Unsicherheit zu leben“, lautete das Fazit von Klaus Meier.

 

Mit welchen Aktionen wurde das Gemeinschaftsgefühl gestärkt?

Unter anderem mit kostenlosen Angeboten, mit denen Sender den angeschlagenen Unternehmern vor Ort eine Hand reichten. Maria Mpalaoura, Marketingexpertin hinter commit'ad, gab zusammen mit der BLM den Anstoß, stornierte Werbezeit denen zurückzugeben, die den Lokalfunk seit mehr als zwei Jahrzehnten unterstützen: die Unternehmen vor Ort. „Die Krise hat es erfordert, wir sind alle betroffen. Geben Sie, es kommt sowieso zurück!“, lautete ihr Appell.

Radio Gong 96,3 ging in der Krise diesen Werbeweg mit. Doch Programmgeschäftsführer Johannes Ott hoffte bei den #LRFT20, keine Einbahnstraße beschritten zu haben. Das lokale Radio brauche bei Zeit auch wieder die Werbeausgaben von jenen, denen man jetzt entgegengekommen sei.

Daneben beschwor Ott das, was beim Münchner Lokalsender in der Krise erlernt wurde: „Beibehalten werden wir unter anderem den Mut, Dinge zu machen, die wir vorher abgelehnt hätten“, so der Gong-Chef, der mit seinem Team trotz Corona eine neue und zukunftsfähige Sendezentrale beziehen durfte.

Was bleibt?

Auch in der Oberpfalz kamen sich lokaler Handel und lokales Fernsehen auf besondere Weise nahe, wie Christoph Rolf beim Lokalrundfunktage Online Special schilderte. Der Geschäftsführer des Senders OTV stellte die „Aktion TV hilft“ vor. Vor allem kleine Betriebe schickten dabei selbstgedrehte Filme ein, „manche haben in der Zeit das lokale TV sogar als Mediatool wiederentdeckt“, freute sich Rolf. Die Resonanz war ihm zufolge riesig:  

Ebenso verhielt es sich in Vorarlberg bei Ländle TV. Daneben unterstützte das Team auch stark die Kulturszene vor Ort, wie Bianca Oberscheider, stellvertretende Geschäftsführerin des Privatsenders betonte. Von Mitte März an wurde damit bei Ländle TV alles ins Wohnzimmer gesendet, was vorher analog war. So wurde etwa der Freitag der Theaterabend mit Übertragungen von Kleinstbühnen.

lrft-oberscheider-hoSo sieht Home Studio bei Ländle TV aus - bei Bianca Oberscheider daheim (Foto: Screenshot)

Die Moderatoren bauten laut Oberscheider zu Hause eigene Studios: „Die einen moderierten aus der Küche, die anderen aus dem Wohnzimmer“, erzählte Bianca Oberscheider. Sie fasste diese besondere Zeit so zusammen: „Eine rundum gelungene Aktion. Und wer hätte zu Jahresbeginn gedacht, dass Gottesdienste zum Quotenbringer werden? Alles ist möglich, wenn man sich der Herausforderung stellt." 

Wie schnell dann doch das erste digitale Produkt für junge Hörer*innen aus der Taufe gehoben werden kann, berichteten José Narciandi und Michael Boom, Hosts des Radio-NRW-Podcasts "Corona und jetzt?". Die zwei Nachrichtenredakteure konnten ihre vagen Podcast-Pläne mit Einbruch der Pandemie Mitte März über Nacht in die Tat umsetzen.

„Das Futter ging uns gar nicht mehr aus. Wir haben täglich eine Podcast-Ausgabe online gestellt – das erste digitale Produkt von Radio NRW“, freute sich das Duo bei den #LRFT20. Das Format läuft inzwischen wöchentlich und „wir experimentieren damit viel herum“.

Es wurde über alle 45 Lokalsender verbreitet, eine Facebook-Seite online gestellt. „Damit haben wir es zusätzlich geschafft, ein Community-Gefühl rund um diesen Podcast zu schaffen“, erzählten José Narciandi und Michael Boom.

lrft-narciandi-boom-aJetzt auch Podcaster: José Narciandi (l.) und Michael Boom (Foto: Screenshot).

Wie stark das Medium Radio sein kann – davon konnte auch Barbara Schöneberger beim Lokalrundfunktage Online Special berichten. Die Moderatorin, Entertainerin und Frau hinter dem Regiocast-Audioangebot barba radio ist seit Februar bei den bayerischen Lokalsenders Radio Gong 96.3 in München, Radio Gong in Würzburg, Hitradio.RT1 in Augsburg, Radio Charivari in Regensburg sowie Radio Primavera in Aschaffenburg on Air. Immer sonntagnachmittags ist das Talkformat von und mit Barbara Schöneberger dort auf Sendung.

Beim Online-Event zog sie den intermediären Vergleich: „Was die ganze Zeit weiterging – das war Radio! Wie toll und wie krisensicher dieses Medium ist.“ Der Aufwand sei im Gegensatz zu anderen Mediengattungen minimal, man könne schnell und professionell reagieren. Die Resonanz des Publikums sei zudem „ehrlicher“:  

Auch Barbara Schöneberger ordnete lokale Medien als wichtigen Gegenpol zur Internationalisierung ein. Ansonsten freute sie sich einfach, in ihrer Heimat Bayern on Air sein zu können. Zudem könne sie sich durch die wachsende UKW-Verbreitung ihrer „barba radio show“ auf dem Weg von Berlin ins österreichische Ferienhaus durchgehend via Antenne hören …

Was macht Corona mit dem Arbeitsalltag in lokalen Redaktionen?

Katharina Strodtkötter, Morgenmoderatorin des Lokalradios TOP FM aus dem Großraum München-Augsburg, und Andreas Hinsberger von Antenne Vorarlberg waren sich im LRFT-Studio im Münchner Werksviertel einig: Senden aus dem Home Studio funktioniert. Dennoch ist der Radio Spirit im richtigen Studio ein anderer.

Hinsberger, der das Homeoffice mit der Arbeit in der Radio.Cloud bei seinem Team nicht zum Standard werden lassen möchte („Radio sollte schon leben, das sollte man spüren – und das funktioniert in der Hauptsendezeit im Studio.“), will dennoch neue Standards beibehalten. „Das hat das kleine Vorarlberg zusammengeschweißt, wenn wir etwa O-Töne aus dem Wohnzimmer einholen. Diese Nähe behalten wir natürlich bei“, so der Radiomacher.

lrft-runde-hinsberger-strodtkötter-aAndreas Hinsberger in der Diskussion mit Marion Schieder und Katharina Strodtkötter (r.,  Foto: Screenshot)

Katharina Strodtkötter traf der Lockdown nicht unvorbereitet. Sie hatte bereits Anfang 2019 ins Homeoffice umgesattelt, um Baby und Morgenmoderation zu vereinbaren. Sechs Monate hatten sie und ihr Mann, Partner in der Morgenshow, am Heimstudio getüftelt. Wenn alle Faktoren passen würden (Top-Mikro, starkes Netz, Ruhe, ein TV-Bildschirm für Tickermeldungen, Konzentration und Übung), dann könne Homeoffice schon Standard werden. Vorteil: Die Situation in Homestudios mit Familie und Job bringen „uns näher an den Hörer“, fand Katharina Strodtkötter.

Sie blickte sehr positiv auf die anstrengenden, aber auch lehrreichen vergangenen Monate zurück: „Die Krise hat gezeigt, wie wichtig das Radio ist. Kein One-Way-Medium, es ist eine Plattform des Austauschs geworden. Es war sensationell zu sehen, wie wir als Radio die Menschen durch die Krise begleitet haben.“

 

Die FAB - und die BLM-Hörfunkpreise

Ein fester Bestandteil der Lokalrundfunktage zog mit ins Netz: Die Präsentation der Funkanalyse Bayern Hörfunk (FAB) durch Oliver Ecke, Managing Director beim Marktforscher Kantar. Mit überaus positiven Zahlen für TV und Radio aus Bayern; die FAB-Ergebnisse im Überblick sind hier zu finden:

Die Antwort auf die Frage nach dem Corona-Effekt im Radio musste der Kantar-Manager auf die nächste FAB verschieben, zumal das Ende der Abfrage mit dem Beginn des Lockdowns einherging. Ecke verwies auf weitere Analysen, wonach sich qualitative Werte wie Hörerbindung während der akuten Krise positiv verändert hätten.,

Im Rahmen des Lokalrundfunktage Online Specials wurden des Weiteren die Nominierten für die BLM-Hörfunk und Lokalfernseh-Preise bekanntgegeben. Die Verleihung wird dieses Jahr in ein großes Special im Rahmen der Medientage München Digital vom 24. bis 30. Oktober 2020 eingebettet.

Den gesamten Stream des Lokalrundfunktage Online Specials können Sie hier ansehen.

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