Im Rahmen von AVoD, dem werbefinanzierten Streaming, tut sich ein neues Gefäß für kleinere Programmanbieter auf. Über Free-Ad-Supported TV – kurz: FAST – ist eine breite Masse werbefinanzierter linearen Spartensender machbar und online.
Ein Media Date im MedienNetzwerk Bayern macht deutlich: Das Angebot ist bereits groß, die Vermarktung läuft, die Player sind häufig prominent. Doch bei Begrifflichkeiten und Währungen gibt es noch einiges zu tun.
Ihr ruft auf dem neuen Samsung-TV-Gerät, auf dem der TV-Plus-Zugang vorinstalliert ist, regelmäßig den Kanal More than Sports auf? Oder ihr könnt bei Pluto TV nicht an Motorvision Classic vorbei? Dann seid ihr bereits FAST-User. Mit Free-Ad-Supported TV wandert das bekannte deutsche Prinzip des werbefinanzierten linearen Spartensenders ins Netz. Ein Bewegtbild-Angebot, das sich in den USA mit einer großen Zahl „Cord Cutter“ in den Haushalten und einem eher überschaubaren, kostenfreien Free-TV-Angebot bereits durchgesetzt hat.
Weniger klassisches Kabelfernsehen, dafür immer mehr Connected TV: Das ist die Basis für FAST in den Staaten. Hinzu kommt, dass Verbraucher:innen genervt sind von den Kosten und der überwältigenden Auswahl an Abonnementdiensten. Lineares und kostenfreies Bewegtbild über ein breites Spektrum von Genres hinweg wirkt da wie ein Magnet aufs Publikum.
Laut dem aktuellen „Global FAST Report“ von Amagi, Anbieter cloudbasierter Technologie für Broadcast und Connected TV (CTV), greift dieser Trend jetzt auch verstärkt auf Europa und andere Regionen über. Das bestätigen auch die Experten des Media Dates „Live TV on Stream - Was steckt hinter dem FAST-Trend?“ im MedienNetzwerk Bayern. Mit Benedikt Frey, Country Lead DACH bei Samsung TV Plus, Raimund Köhler, CEO der Motorvision Group, und Mario Neumann, Unit Director Advanced TV bei Goldbach Germany, können alle Seiten den einsetzenden Boom des „Genres“ belegen Plattform-Betreiber, Inhalte-Anbieter und Vermarkter.
Der deutsche Markt vor dem FAST-Schub
Samsung TV Plus ist einer der größten FAST-Anbieter unter Marken wie Pluto.tv, Amazon Fire TV, Roku oder waipu.tv. Mehr als 100 unterschiedliche Kanäle sind dort gebündelt. Laut Frey nutzt von potenziell zehn Millionen Empfangsgeräten, die TV Plus können, bereits jeder Dritte das Angebot. Deutlich wird – Samsung will hier noch deutlich ausbauen wachsen. Für den Technikriesen ist FAST auch eine Chance, am lukrativen Bewegtbildwerbemarkt teilzuhaben.
Apropos Vermarktung: Hier kommt Goldbach zum Zuge. Das Team vermarktet zahlreiche FAST-Kanäle, die unter anderem via waipu.tv gestreamt werden. Neumann hebt im Rahmen des Media Dates hervor, wie gut sich der Markt im Bereich Advanced TV entwickelt hat, belegt durch hausinterne Studien.
Hier setzt dann auch eine Forderung des Werbeindustrie und der Experten des Events an: Entwickeln müssen sich im aufstrebenden FAST-Segment einheitliche Begrifflichkeiten und Währungen. Immerhin Definitionen zur gestreamten Videowelt liefert der Münchner Vermarkter:
Zum Advanced TV gehören verschiedene Formen des Streamings von TV Inhalten, darunter Connected TV (CTV), TV Everywhere, Video on Demand (VOD), Programmatic TV und Addressable TV.
Goldbach bezieht sich hier auf den Sammelbegriff des IAB (Interactive Advertising Bureau) für alle Formen des Fernsehens, die nicht über eine Rundfunk-, Kabel- oder Satelliten-Verbindung auf einem Fernseher angeschaut werden.
Goldbach Germany
Noch kennen viele den Begriff "FAST" nicht
Noch ein Blick auf die Inhalte-Anbieter wie Motorvision TV. CEO Köhler liefert mit seinem Haus Content rund um Autos und Mobilität in verschiedenen Sprachen in unterschiedliche Länder. Er kennt die Unterschiede. Deutschland macht aus: „Es gibt so viele kostenfreie lineare TV-Inhalte. Daher liegt das FAST-Angebot noch deutlich hinter Amerika, wo es noch einmal ganz andere Nutzungszahlen und eine höhere Anzahl an Kanälen gibt.“
Raimund Köhler geht davon aus, dass FAST im deutschen Markt weiter wachsen wird, aber bei geringerer Geschwindigkeit als in anderen Ländern wie etwa USA. Auch fehle es noch an der Bekanntheit des Phänomens bei Zuschauenden.
Das könnte sich bald ändern – zumindest was das werbefinanzierte Streaming AVoD angeht. Mit Freevee startet Amazon Prime Video noch in diesem Jahr ein werbefinanziertes Beiboot. Die Vorbereitungen bei Netflix, einen bei Fans umstrittenen Werbepart zu integrieren, laufen auf Hochtouren. Als technischer Partner wurde schon einmal Microsoft auserkoren. Bei den deutschen Anbietern Joyn und RTL+ ist Werbung von Anfang ein Bestandteil der Plattformen, die daneben geschlossene Abo-Bereiche integrieren.
Mehr Bekanntheit und Gewöhnung an Werbung dürfte mit dem Mehr an AVoD beim Publikum einhergehen. Eine Chance auch für FAST.
Die aktuellen Zahlen der AGF Plattformstudie zur Streaming-Nutzung in Deutschland bestätigen, dass neben den beliebten SVoD-Marken Netflix, Prime Video oder Disney+ weiterhin die kostenlosen Angebote von YouTube trotz Sehverlusten gut im Rennen liegen. Stabil sind daneben die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen, die vom Rundfunkbeitrag abgedeckt sind.
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