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Neue Bezahlmodelle: Geld verdienen mit Digitaljournalismus

25. März 2021

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Paid Content erfindet sich neu: Was dabei herauskommt, wenn verschiedene Medientrends zu einem harmonischen neuen Konzept verschmelzen, das zeigt sich am deutlichsten in der Sparte Print & Publishing. Etwa, wenn der Trend „Newsletter statt Newspaper“ auf den Trend zu „Humanized Media Brands“ trifft und dabei herauskommt, dass Plattformen von Facebook bis Steady Newsletter zu Geld machen. Internet-Persönlichkeiten können bald auch via Twitter Abo-Einnahmen generieren. Die Spielarten des Paid Content – jenseits des E-Papers – werden vielfältiger.

Wie lässt sich eine in Vor-digitalen-Zeiten selbstverständliche Kultur ins Heute übertragen, bei der gute Inhalte eine ausreichende Summe wert waren, wo doch heute einen Klick weiter schon die nächste kostenlose Ablenkung lauert? Bewegtbild- und Audioangebote, so scheint es, haben schon vielversprechende Ansätze erschlossen. Die Antwort auf beinah alles liegt im Streaming – und damit wuchs auch die Zahlungsbereitschaft für Qualitätsinhalte.

Auf dem Markt der Lesemedien verläuft der Prozess ein wenig schwerfälliger. Die ersten gedruckten Zeitungen gab es ja auch schon 1605. Damit dominierten Verlage den Markt mit aktuellem Lesestoff quasi 400 Jahre lang. Online wurde zu Konkurrenz und Ergänzung – mit dem Haken, dass in der Anfangszeit alles im neuen digitalen Kanal kostenlos sein sollte.

Heute ist die Monetarisierung der Leseinhalte, die bis vor 20 Jahren mit einem Mix aus Lesebeitrag und Werbegeldern solide funktionierte, eine Herausforderung für Verlage und Publisher. Die Suche nach Lösungen für „Paid Content“ läuft auf Hochtouren, strategisch gilt das Thema als zentral. Digitalausgaben, Bezahlschranken – oder neue Wege jenseits des klassischen Verlagskonzepts?

Klassisch, aber digital

Aktuell erwirtschaften deutsche Verlage mit E-Paper-, Paywall- und App-Angeboten bereits rund 10 Prozent ihrer Lesermarktumsätze, und zwar jährlich gut 700 Millionen Euro, errechnete das Vertriebsfachblatt pv digest. Das ist ein Drittel mehr als 2019 und fünfmal so viel wie 2013. 176 Millionen zusätzliche Euro kamen allein 2020 in die Kassen – großteils aus gesteigerten Absatzmengen. Überregionale Zeitungen erzielen mit Paywalls immerhin schon rund ein Drittel ihrer Digitalerlöse. Am besten aber funktionieren E-Paper-Ausgaben, die pv digest zufolge bei Überregionalen 61 Prozent, bei Regionalzeitungen sogar 77 Prozent zum digitalen Gesamtumsatz beisteuern.

Das E-Paper ist am dichtesten dran am klassischen Modell. Verlagshäuser bewegen sich hier strukturell in gewohnten Bahnen, sogar die Werbevermarktung läuft ähnlich ab. Während sich Bezahlschranken für Webseiten ebenso wie Lese-Flatrates, quasi „Netflix für Print“, schwertun bei Verlagsverantwortlichen wie Nutzer:innen, können beim E-Paper alle auf Gelerntes zurückgreifen.

So lässt sich Stand heute feststellen, dass es den Zeitungen gelungen ist, viele klassische Leser:innen gedruckter Ausgaben (und einige neue) zum E-Paper hinzuführen. Einer Auswertung der ZMG Zeitungsmarktforschung Gesellschaft zufolge profitierten die Zeitungen bereits erstmals 2016 von Digitalausgaben: Da verkauften sie laut IVW mehr als eine Million E-Paper-Exemplare pro Erscheinungstag der Tages- und Wochenzeitungen.

Laut der jüngsten Erhebung „Zeitungsqualitäten 2021“ der ZMG nutzt mehr als jeder dritte Zeitungsleser E-Paper (37 Prozent), bei den 14- bis 29-Jährigen sogar 57 Prozent. Vor allem, weil es Zeitung flexibel macht: „Das kann ich besser lesen, wann und wo ich will“, sagen der ZMG zufolge 67 Prozent der unter 30-Jährigen.

 

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Laut der „E-Paper-Studie 2020“ des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) war im Sommer jede achte verkaufte Zeitung ein E-Paper. Allein im zweiten Quartal 2020 stieg die E-Paper-Auflage der Zeitungen um gut 20 Prozent auf über zwei Millionen Exemplare. Und die Zahlungsbereitschaft der Leser:innen wächst nicht nur, sie hat im Pandemiejahr außerdem zugenommen: Die Nachfrage nach verlässlichen Informationen stieg, parallel dazu das Preisbewusstsein. Guter Journalismus ist E-Paper-Lesern wichtig, berichtet der BDZV: Von ihnen hat in der Befragung gut die Hälfte erklärt: „Für eine vertrauenswürdige, glaubwürdige Nachrichtenquelle bin ich bereit zu zahlen.“ 

Jenseits dieses klassischen Ansatzes liegen aber bereits neue und vielversprechende Möglichkeiten. Die sind zunächst äußerst reizvoll für unabhängige Publisher, dürften aber auf längere Sicht auch die klassischen Medienhäuser anlocken.

 

Verschmelzung von Social Web und Paid

Eine zusätzliche Einnahmequelle liefert Twitter. Der Kurznachrichtendienst verdankt seine Reichweite von 192 Millionen täglich aktiven Nutzern weltweit nicht nur Promis und Politiker:innen, sondern auch Journalist:innen und Autor:innen, die auch außerhalb des Social Web ihren Lebensunterhalt mit Schreiben verdienen. Twitter bescherte die intensive Nutzung Werbeumsätze von 1,155 Milliarden Dollar.

Nun soll die Funktion „Super Follow“ kommen: Sie ermöglicht es den Verfasser:innen, ihren Followern zusätzliche Inhalte in Form von weiteren Tweets, Newslettern oder Gruppen gegen Gebühr anzubieten – ohne Umwege per Link auf eine Publishing-Plattform. Die Abo-Gebühren sollen bei 4,99 Dollar im Monat beginnen.

 

Praktisch: Twitter hat bereits zum Jahresanfang die Newsletter-Plattform Revue übernommen. Um, wie es im Unternehmensblog heißt, den Twitter-Publishern, die oft ihre längeren Beiträge dort verbreiten, neue Wege zu bieten. Die Plattform soll aber autark bleiben. Die einbehaltene Provision soll auf 5 Prozent sinken.

 

Neue alte Kanäle mit Paid-Potenzial

Tatsächlich bieten ausgerechnet Newsletter hier wirklich neue Chancen. Obwohl das Format „Newsletter“ gar nicht so neu ist und eine vergleichsweise angestaubte Technik nutzt, nämlich die schnöde E-Mail. Über die aber immerhin 18 Prozent der Nutzer:innen zu Online-Nachrichten finden.

Dass hier ordentlich Geld verdient werden kann, macht der US-Dienst Substack vor: mit mehr als 500.000 bezahlten Abos nach inzwischen drei Jahren Plattformbetrieb. Allein die besten 10 Newsletter bringen derzeit im Jahr rund 15 Millionen Dollar in die Kasse (Stand Februar 2021) – von den Umsätzen mit bezahlten Abos behält Substack 10 Prozent. Auffallend viele bekannte Journalistinnen und Journalisten sind hier unter den beliebtesten Newsletter-Autor:innen; einige von ihnen haben ihre sichere Posten bei Medienhäusern aufgegeben, um bei Substack selbst neu anzufangen.

Und manch eine/r verdient damit richtig gut. Laut „New York Times“  auch mal sechsstellig. Herausragen dürfte dennoch das bislang beliebteste bezahlte Angebot The Dispatch, ein konservativer Newsletter der Journalisten Steve Hayes und Jonah Goldberg mit Toby Stock vom Think Tank American Enterprise Institute und mehreren Angestellten. Die NY Times zitiert Hayes: Demnach hatte The Dispatch schon im Herbst 2020 an die 100.000 Abonnenten, davon 18.000 zahlende, und machte den Großteil seines Umsatzes von knapp 2 Millionen Dollar mit Substack-Abos.

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Steady hat ebenfalls Newsletter-Pläne: Seit Mitte März gibt es bei der Publishing-Plattform, die sich der Finanzierung von Medienprojekten widmet, einen Newsletter-Service. Im Grunde Substack für Deutschland. Für die Auftakt-Auswahl bot die Plattform 39 renommierte Journalist:innen, Künstler:innen und Medienprominente auf, darunter die ehemalige Chefin von „Edition F Teresa Bücker, den CDU-Politiker Ruprecht Polenz und die Journalistin Melina Borčak.

Ob und wie viel sie verlangen, entscheiden die Verfasser:innen selbst. Ebenso wie Substack behält Steady 10 Prozent der Einnahmen mit bezahlten Abos. Bereits mit dem bisherigen Modell sei die Plattform erfolgreich gelaufen und habe 2020 rund 10 Millionen Euro an die gut 1000 Publisher ausgezahlt, die auf ihren Steady-Profilen veröffentlicht haben.

 

Blogging trifft Journalismus trifft Starrummel

Das funktioniert derzeit nicht nur wegen Corona, das sowohl die Mediennutzung als auch die Bezahlbereitschaft erhöht hat.

Gut analysiert hat das Jenny Genzmer, Deutschlandfunk. Sie zitiert unter anderem den Kognitionspsychologen und Spiegel-Kolumnisten Christian Stöcker, der einen zweiten Blogging-Boom beobachtet, der auf das Prinzip des Fans treffe. Die neuen Stars des Journalismus erinnern ihn heute eher an Influencer.

Zugleich verlieren die Medienhäuser nicht nur Leser:innen, Werbekunden und Einnahmen, sondern auch Mitarbeiter:innen. Während parallel nach und nach gelernt wurde, dass im Internet eben nicht alles gratis ist, auch dank Musikbezahldiensten und Video on Demand.

Hier liegt die Hoffnung begründet, dass sich dieser fatale Trend zu Gratiskultur im Internet noch rechtzeitig bremsen lässt, um nicht nur einige wenige Urheber:innen wertiger und relevanter Inhalte zu finanzieren, sondern vielleicht auch die unabhängige Medienberichterstattung, die für die Demokratie unverzichtbar ist, an neue Zeiten anzupassen.

 


 Die MEDIENTAGE MÜNCHEN finden dieses Jahr vom 25. bis 29. Oktober statt. Sie stehen unter dem Motto New Perspectives. Dabei blicken wir auf die Zeit nach der Corona-Pandemie und zeigen neue Perspektiven auf. Dazu zählen aus unserer Sicht auch neue Strategien bei Paid Content.

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Du interessierst dich für Themen rund um die Medienbranche? Dann findest du hier im Blog der Medientage München noch mehr Lesenswertes.
Zudem kannst du Medienthemen auch hören: 
im neuen Podcast der Medientage München. Folge 16 stellt die Medientrends 2021 vor.

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