Im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN 2025 ist deutlich geworden: Audio boomt – und zwar facettenreicher und nachhaltiger als je zuvor. Von Podcast-Innovationen über KI-gestützte Formate bis hin zu Live-Events zeigten verschiedene Sessions, dass sich die Branche als strategische Säule fest in der Medienlandschaft verankert hat. Für Radio wie Podcast gilt: "Menschen folgen Menschen“. Ein Überblick über Erkenntnisse und Trends.
Viel zu hören gab es bei den #MTM25 rund um Audio, Radio und Podcast. Die Stärken der einzelnen Hör-Genres wurde in verschiedenen Panels des Audio Tracks diskutiert. "Wenn es um gute Erklärung und Tiefe geht, ist Podcast das beste Medium, das es derzeit gibt", brachte Cathrin Jacob vom rbb und Leiterin der ARD Podcast-Unit die Stärke des Formats auf den Punkt. Und die Zahlen geben ihr recht: Um die 1600 Podcast-Angebote prägen die ARD Audiothek. "Er ist ganz klar Teil des Programms geworden", so Jacob. Besonders junge Hörer:innen würden durch Formate wie den Nachrichten-Podcast "0630" erfolgreich an die Öffentlich-Rechtlichen gebunden.
Cathrin Jacob (l.) und Daniela Jakab bei den #MTM25 (Foto: Medien.Bayern GmbH / MEDIENTAGE MÜNCHEN)
Eine Frage, die die Branche beschäftigt: Braucht es Video-Podcasts, um im digitalen Wettbewerb mitzuhalten? Die ARD-Journalistin bleibt pragmatisch: Kurze Studio-Takes für Social Media reichen ihr zufolge oft aus. Video-Podcasts seien für Community-Aufbau und -Pflege nicht zwingend notwendig.
Eine Einschätzung, die Maria Lorenz-Bokelberg, CEO von Pool Artists, im Rahmen einer #MTM25-Audio-Session teilte: Podcasts müssten "Audio only" funktionieren. Bei reiner Audio-Fassung sei es egal, wie Gesprächsteilnehmer:innen aussehen – und man könne mit verhältnismäßig kleinen Mitteln große Welten schaffen.
Podcast wächst – und der Markt ist noch nicht ausgeschöpft
Die nackten Zahlen sprechen eine klare Sprache: 27.000 aktive Podcaster gibt es in Deutschland, der Vermarktungserlös liegt bei rund 100 Millionen Euro, und das Wachstum bei älteren Zielgruppen ist signifikant, berichtete Max Franke von Podius.io. Sein entscheidendes Statement: "Podcasts sind untermonetarisiert. 90 Prozent sind nicht vermarktet."
Alexander Krawczyk von Seven.One Audio bestätigte den Trend: "Alle Metriken, die wir haben – Reichweiten, Umsätze, Werbeauslastungen – steigen." Wenn behauptet werde, der Podcast-Hype sei vorbei, komme das von Leuten, die die Zahlen nicht kennen würden.
Alexander Krawczyk und Maria Lorenz-Bokelberg (Foto: Medien.Bayern GmbH / MEDIENTAGE MÜNCHEN)
Parallel dazu steigt die Zahl der Video-Podcasts kontinuierlich – in Deutschland sind es mittlerweile 3800. YouTube positioniert sich dabei als zentrale Plattform: Mit einer Milliarde Nutzern monatlich weltweit verstärke die Plattform ihre Anstrengungen, auch kleinen Creators zu Aufmerksamkeit zu verhelfen, erklärte Simone Steuerer, Manager of Strategic Content Partnerships bei der Google-Tochter. "Bei uns bestimmt der Creator selbst, was ein Podcast ist", so Steuerer. Die Plattform stellt Metriken zur Verfügung, damit Creators ihre Podcasts nutzerspezifischer produzieren können.
Machen Podcasts den Journalismus relevanter?
Die provokante Frage, ob Podcasts den Journalismus retten, stellte sich in einer MEDIENTAGE-Diskussion mit Daniela Jakab von Lage der Nation und der ARD-Podcast-Veranwortlichen Cathrin Jacob. Jakab formulierte es präziser: "Eine bessere Frage wäre: Machen Podcasts den Journalismus relevanter?" Ihre Antwort: ein entschiedenes "Ja!" Und: Podcasts bieten ein qualitativ hochwertiges Werbeumfeld – ein sicheres und seriöses Umfeld für Menschen und Marken, die auf Tiefgang setzen.
Den Trend, dass Podcast-Werbung zunehmend als Gegenstück zum kritisch bewerteten Digitalkosmos nachgefragt wird, bestätigt Jakab. Neue Werbungtreibende wollen im bald zehnjährigen LdN-Podcast vertreten sein. Doch die Grenzen sind klar: "Wir veröffentlichen Werbung, aber wir machen keine Werbung."
Live-Podcasts: Wenn Audio auf die Bühne geht
Was machen Live-Events mit der Gattung Podcast? Darüber diskutierten Sarah Berg-Türkis von der ZEIT Verlagsgruppe, Laura Høj von Podimo und Anja Jeremias von der pilot Agenturgruppe. Einig war sich die Runde: Live-Podcasts steigern die Nähe zur Community, erweitern Zielgruppen und machen das Produkt emotionaler. Die Hosts werden nahbarer, das Gemeinschaftsgefühl intensiver.

Im Austausch zu Live-Podcasts, u.a. mit Anja Jeremias (M) und Moderatorin Lena Herrmann (r.) (Foto: Medien.Bayern GmbH / MEDIENTAGE MÜNCHEN)
Auch waren sich die Diskutierenden einig, dass Live-Podcasts zunehmen werden. Publisher und Plattformen müssten lernen, Audio- und Bühnen-Formate so zusammenzubringen, dass beide optimal aufeinander einzahlen. Für Marken können Live-Podcasts attraktiv sein – vorausgesetzt, es werden kreative und individuelle Werbeeinbindungen erdacht, die nicht als Störfaktor wirken.
KI als Audio-Werkzeug – aber Menschen bleiben im Mittelpunkt
Künstliche Intelligenz spielt auch in der Audio-Branche eine wachsende Rolle. KI hilft bei Reichweiten-Prognosen, in der Postproduktion und bei Barrierefreiheit, etwa durch KI-basierte Synchronisierung fremdsprachiger Inhalte.
Maria Lorenz-Bokelberg verwies auf einen Podcast mit englischsprachigem Gast, der durch KI auch nicht-englischsprachigen Hörer:innen zugänglich wurde. Dennoch waren sich alle Expert:innen einig: KI bleibt ein Werkzeug. Ein rein synthetischer Podcast habe derzeit nur bei kurzen News-Formaten Erfolgschancen. "Die Leute wollen echten Menschen zuhören", stellte Krawczyk klar.
Diese Haltung spiegelte sich auch im diesjährigen Audio-Gipfel wider: Um gegen KI-erzeugte Plattform-Angebote bestehen zu können, müssten Radioschaffende den Usern redaktionelle Inhalte bieten, die KI nicht erstellen kann. "Wir müssen den Wettbewerb dahin tragen, wo wir ihn gewinnen können – jenseits der KI", erklärte Thomas Hinrichs, Programmdirektor Information beim BR. Es gehe darum, "Inhalte zu kreieren, die die KI noch nicht aus den Daten kennt". Valerie Weber, Geschäftsführerin der Antenne Bayern Group, ergänzte: "KI weiß nicht, was uns morgen bewegt." Das Morgen zu vermarkten sei ein Wettbewerbsvorteil.
Moderator Lukas Schöne mit Valerie Weber (Foto: Medien.Bayern GmbH / MEDIENTAGE MÜNCHEN)
Carolin Häublein von RTL Radio Deutschland betonte Authentizität als entscheidenden Faktor: "Menschen folgen Menschen" – das könne KI nicht bieten. Matthias Pfaff von Regiocast fasste zusammen: "Die Zukunft von Audio liegt darin, Menschen zu verbinden und sie dort abzuholen, wo sie sind."
KI kann gerade im Lokalen Innovationen schaffen. Das Media Lab Bayern präsentierte im Rahmen der #MTM25 Use Cases für lokalen Audio Content. Die Neue Osnabrücker Zeitung experimentiert mit KI-gestützten Lokalnachrichten-Podcasts auf Plattdeutsch – ein wöchentliches Kurzformat für neue Zielgruppen. Das Startup Radiozeit verwandelt gesprochene Audio-Inhalte in durchsuchbare Texte und ermöglicht damit Werbemonitoring und Konkurrenzanalyse. Articly wiederum transferiert geschriebene Artikel mithilfe von KI in Podcasts und Audio-Newsletter – eine Plattform, die tägliche Podcasts selbst für Lokalzeitungen rentabel macht.
Boom Radio: Erfolg durch Generationen-Fokus
Ein inspirierendes Beispiel für zielgruppenspezifisches Audio lieferte bei den MEDIENTAGEN MÜNCHEN Boom Radio aus Großbritannien. Das Digitalprogramm richtet sich an Babyboomer und erreicht rund 700.000 Hörer:innen pro Woche, die im Kern zwischen 60 und 75 Jahren alt sind. Mitgründer David Lloyd erklärte im House of Communication den Erfolg mit der engen Verbindung zwischen Hosts und Publikum: Sie teilen Musikvorlieben, Erfahrungshintergründe und persönliche Schicksale.
David Llloyd (Foto: Medien.Bayern GmbH / MEDIENTAGE MÜNCHEN)
"Ohne Boom Radio wäre ich verloren gewesen", bekannte Lloyd, der nach dem Tod seiner Frau im Sender Halt fand. Das Programm ist ein Begleiter für "reale Menschen" in einem bestimmten Lebensstadium – "echtes Programm für echte Menschen".
Fazit: Audio ist erwachsen
Die MEDIENTAGE MÜNCHEN 2025 haben gezeigt: Audio steht für etablierte Medien mit großem Potenzial bei Publikum und Werbung. Podcasts machen Journalismus relevanter, schaffen Communities und bieten noch lange nicht ausgeschöpfte Geschäftsmodelle.
Wiederholt wurde von Expert:innen aus Radio und Podcast festgehalten, dass die Zukunft authentischen, von echten Menschen gemachten Inhalten gehört – lokal verwurzelt, emotional verbindend und technologisch smart unterstützt. Und: Wer nicht auf Audio setzt, verpasst eine der spannendsten Entwicklungen der Medienlandschaft.
Auch wenn die MTM als Konferenz bis zum 21. Oktober 2026 pausieren: Wir bleiben präsent! Die Zusammenfassungen wichtiger Panel-Diskussionen sowie Bildmaterial der 39. MEDIENTAGE MÜNCHEN stehen im Info-Bereich der MEDIENTAGE-Homepage und auch im MTM-Blog bereit. Bilder für den Download (Quelle: Medien.Bayern GmbH/MEDIENTAGE MÜNCHEN) sind in der Mediathek zu finden.
Zudem können zahlreiche MTM-Themen gehört werden: im Podcast "This is Media NOW".




Kommentare