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Reuters-Report: Die Prognosen fürs Medienjahr 2025

16. Januar 2025

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Multikrisen hinterlassen ihre Spuren: Nur noch zwei von fünf Befragten für den jährlich aktualisierten News Report des Reuters Institute for the Study of Journalism blicken mit Zuversicht auf dieses Jahr und den Journalismus. Die Ausgabe "Journalism, Media, and Technology Trends and Predictions 2025" zeigt allerdings auch Perspektiven auf. Doch eines ist sicher: 2025 wird für die Medienbranche ein herausforderndes Jahr.

 

Kriege, Krisen, Inflation, Desinformation, Hass und Hetze: Kein Wunder, dass der diesjährige News Report des Reuters Institute zu einem ernüchternden Schluss kommt. Demnach steht die Medienbranche in den kommenden zwölf Monaten vor erheblichen Herausforderungen. Dazu zählen der Studie zufolge technologische Disruptionen, wirtschaftliche Unsicherheiten und der wachsende Einfluss von Einzelpersonen im Nachrichtenbereich. Letzteres wird in diesen Tagen mit den Einlassungen Elon Musks in den deutschen Wahlkampf oder Mark Zuckerbergs Meta-Rückzug aus dem Faktencheck besonders deutlich.

Das Reuters Institute for the Study of Journalism an der Universität von Oxford hat das jährliche Update jetzt vorgelegt. Es basiert dieses Mal auf Online-Interviews unter 326 Führungskräften in 51 Ländern und Gebieten. Die britischen Wissenschaftler:innen um den Studienautoren Nic Newman haben neun zentrale Entwicklungen herausgearbeitet, die die Medienlandschaft im Jahr 2025 prägen werden:

 

1 – Journalismus unter Druck, aber standhaft

Medienhäuser stehen vor wachsenden zunehmenden Herausforderungen: durch feindselige politische Akteure, wirtschaftliche Unsicherheiten und die Notwendigkeit, ihre Inhalte vor KI-gesteuerten Plattformen zu schützen. Kritiker:innen wie dem ehemaligen und neuen US-Präsidenten Donald Trump, seiner rechten Hand Elon Musk oder rechtspopulistischen Vertreter:innen auf der ganzen Welt kommt zugute, dass das Vertrauen in Mainstream-Medien einen Tiefpunkt erreicht hat. Gerade aus dem Trump-Lager erwarten die Wissenschaftler:innen verschärfte Angriffe auf Nachrichtenmedien.

Des Weiteren, so stellt der neue Reuters-Report dar, geraten klassische Medien wirtschaftlich immer mehr ins Hintertreffen. Auch das trage zur weiteren Schwächung der Inhalte und des Journalismus bei. Trotz dieser Spirale und trotz aller Widrigkeiten bleiben viele Befragte optimistisch hinsichtlich ihrer eigenen Zukunft, auch wenn sie die allgemeine Entwicklung des Journalismus skeptischer betrachten.

Reuters_Vertrauen_JournalismusQuelle: "Journalism, Media, and Technology Trends and Predictions 2025"

 

KI Search bedroht Geschäftsmodelle

Die Integration von KI-generierten Antworten in Suchmaschinen wird dem Reuters-Report zufolge die Sichtbarkeit von Nachrichteninhalten weiter verringern. Plattformen wie Google, X oder KI-Search-Anbieter wie Perplexity integrieren personalisierte News-Angebote.

„All diese automatisierten Nachrichtendienste werfen für Journalist:innen und Nachrichtenverlage „existenzielle Fragen“ über ihre Rolle in diesem neuen Ökosystem auf. „Wenn die die Menschen kostenlos auf Zusammenfassungen der besten Inhalte zugreifen können, warum sollten sie dann auf die Websites der Verlage klicken?“, fragt Nic Newman, Senior Research Associate am Reuters Institute. Damit verschärfe sich das Dilemma der bisher von Google dominierten Suche noch. Und Medienunternehmen befürchten zu recht, dass diese Entwicklungen ihre Reichweite und ihren Traffic negativ beeinflussen könnten.

 

3 – Plattformfragen schaffen neue Dilemmata

Änderungen in den Strategien von Plattformen wie Facebook und X (ehemals Twitter) zwingen Medien dazu, ihre Strategien fürs Verbreiten ihrer Inhalte anzupassen. Viele planen, ihre Anstrengungen auf Plattformen wie YouTube, TikTok und Instagram zu verstärken, während sie ihre Präsenz auf „traditionellen sozialen Netzwerken“ wie Facebook reduzieren. Der News Report sagt eine „Explosion der sozialen Videos vorher“. Diese Grafik verdeutlicht anschaulich, wo die Reise der Nachrichtenmedien in Sachen Social Media hingeht:

Reuters_Investment

 Quelle: "Journalism, Media, and Technology Trends and Predictions 2025"

 

4 Wachstum durch Innovation

Publisher setzen verstärkt auf die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen, um gezielt bestimmte Zielgruppen zu erreichen und bestehende zu binden. Dazu gehören Audio- und Videoformate, Jugendangebote und internationale Produkte. Vor allem Hörbares gewinnt der Studie zufolge an Bedeutung.

Verlage werden demnach ihr Kernprodukt Print mehr und mehr als Teil einer umfassenden Markenstrategie begreifen (müssen), prognostizieren die Forscher:innen aus Oxford. Und das, was die New York Times mit Abo-Bundles aus Print, Digital, Audio, Games oder auch Rezeptideen eingeführt hat, macht aus Sicht des Reuters Institute in diesem Jahr auf breiter Basis Schule.

Reuters_Neue_Angebote

Quelle: "Journalism, Media, and Technology Trends and Predictions 2025"

5 – Personalisierung und News-Influencer 

Journalismus wandert zu Plattformen ab: Der Einfluss von Einzelpersonen, ehemaligen Aushängeschildern der tonangebenden Medien und Influencern im Nachrichtenbereich nimmt zu. Sie finden in Social Media, auf YouTube, in Podcasts, per Substack-Newsletter und anderen Verbreitungswegen ihr Revier.

Einige Publisher sehen dies als Bedrohung, während andere Potenziale in kreativen Erzählweisen und Community-Building erkennen. So nennt der News Report etwa das Beispiel der rumänischen Nachrichten-Website PressOne, die seit 2002 mit Influencern zusammenarbeitet. Hierzulande zieht es die Persönlichkeiten aus Social Media stark ins TV und zu den Podcasts.

6 – Talentmanagement in Redaktionen

Fachkräfte in Bereichen wie Produktdesign, Datenwissenschaft und Softwareentwicklung zu gewinnen und an die Häuser zu binden, empfinden die Befragten als zunehmend herausfordernd. Dies sei besonders relevant, da Innovationen und der Einsatz von KI immer wichtiger würden, heißt es in der Reuters-Analyse.

Dabei kann sich die Entwicklung neuer Tools aus den Newsrooms heraus als Geschäftsmodell erweisen: Der deutsche Regionalsender Studio47 aus Duisburg hat drei selbst entwickelte KI-Anwendungen als Lizenzmodell für andere lokalen TV-Stationen aufgesetzt.

 

Bekämpfung von Nachrichtenmüdigkeit

Sowohl bei Absender:innen wie bei Empfänger:innen wird eine zunehmende Nachrichtenmüdigkeit festgestellt. Medienhäuser suchen nach Wegen, um das Interesse aufrechtzuerhalten und eine Überforderung zu vermeiden. So kommen personalisierte Inhalte und neue Erzählformate zum Einsatz.

Beispielhaft führen die "Journalism, Media, and Technology Trends and Predictions 2025" den „Explanator“ der britischen Zeitungsmarke Guardian an; ein täglich aktualisiertes Erklärstück zum Ukraine-Krieg, ohne das Tempo eines Live-Blogs.

 

8 Generative KI und Transformation in Redaktionen

Der Einsatz von KI-Technologien nimmt zu. Vor allem in Bereichen wie Automatisierung, Personalisierung und Inhaltserstellung haben die britischen Forscher Beispiele gefunden. Die Mehrheit der Befragten sehe hierin eine bedeutende Transformation ihrer Arbeitsweise, heißt es.

KI trage unter anderem dazu bei, den investigativen und den Datenjournalismus zu verändern: „KI-Modelle ermöglichen es uns, mit verstreuten Quellen zu arbeiten und Geschichten zu erstellen, für die wir früher Wochen oder sogar Monate brauchten“, wird etwa Antonio Delgado zitiert, Mitbegründer des spanischen Investigativ-Netzwerks Datadista.

Faktenchecks, Überprüfung von Quellen – auch hier würden Anwendungen der Künstlichen Intelligenz die Vorgänge beschleunigen. Zu den angeführten Beispielen in der Studie zählt ein Factchecking-Tool des Nachrichtenmagazins Spiegel, das künftig in das Content Management System (CMS) der Hamburger Redaktion integriert werden könnte.

Das Reuters Institute sagt für dieses Jahr vorher, dass KI Publisher maßgeblich darin unterstützen wird, Inhalte zu transformieren. Sprich: Texte werden in O-Töne oder sogar Videoclips umgewandelt, in diverse Sprachen übersetzt, mit Zusammenfassungen angereichert.

Reuters_Umwandlung

Quelle: "Journalism, Media, and Technology Trends and Predictions 2025"

Intelligente Agenten, Schnittstellen für Konversation

Und nochmals Künstliche Intelligenz, das Überthema der vergangenen zwei Jahre: Erwartet wird von den Befragten ein Anstieg von KI-gesteuerten Agenten und Sprachschnittstellen in verschiedenen Geräten (Telefonen, Kopfhörern, Smart Speaker, VR-Brillen). Diese könnten die Art und Weise verändern, wie sich User mit Nachrichten auseinandersetzen.

Einige der vom Reuters Institute interviewten Entscheider:innen sehen hierin das nächste große Ding, während andere einen langsamen, aber stetigen Einfluss prognostizieren.

Das Fazit des Reuters Institute fürs Medienjahr 2025 

  • Der klassische, institutionelle Journalismus wird der Studie zufolge in diesem Jahr unter enormem Druck stehen. Aus verschiedenen Gründen: Technologie verändert die Art und Weise, wie das Publikum Informationen findet und konsumiert.
  • Populistische Politiker:innen und andere Geister werden daneben versuchen, die Kontrolle der Medien zu umgehen, indem sie direkt mit ihren Anhängern sprechen oder sich mit "vertrauenswürdigen" Meinungsmachern zusammenschließen, die ihre Ansichten teilen (oder für ihre Bemühungen bezahlt werden). Trumps Spin Doctor Elon Musk wird indes nicht müde zu betonen, dass „Mainstream-Medien“ zunehmend an Aktualität verlieren und irrelevant werden. Eine Kombination aus normalen Menschen und fortschrittlichen Technologien könnte aus Sicht des X-Eigners viele der Funktionen des Journalismus auf eine direktere und weniger voreingenommene Weise ersetzen.
  • Inzwischen zeigen Untersuchungen des Reuters Institute, dass das Publikum, vor allem das jüngere, zunehmend von Bequemlichkeit und Unterhaltungswert angezogen werden, wie es Plattformen wie YouTube und TikTok bieten. Die Wissenschaftler:innen schließen daraus, dass eine starke direkte Verbindung zu bestimmten Nachrichtenmarken damit weniger wahrscheinlich ist. Immer mehr Inhalte werden lieber per Audio oder Video konsumiert. Das wiederum dürfte den Aufstieg von "Persönlichkeiten" weiter fördern und den Wettbewerb um Zuschauer:innen und Talente verstärken.
  • In diesem neuen Umfeld müssen Publisher zudem befürchten, dass ihre sorgfältig ausgearbeiteten Nachrichtenartikel im Jahr 2025 schwerer zugänglich sein werden, da die sozialen Verweise versiegen und die traditionellen Suchlinks zumindest teilweise durch KI-Aggregate ersetzt werden.

Trotz dieser Herausforderungen würden führende Nachrichtenunternehmen alles in ihrer Macht Stehende tun, um das Blatt zu wenden, heißt es abschließend im diesjährigen News Report. Publisher hätten erkannt, dass sie ihre eigenen Plattformen betreiben und ihre digitalen Produkte für das Publikum attraktiver und relevanter machen können. Auch dank KI. Zugleich müssten sie die wirtschaftliche Seite stärken, indem sie Kosten senken, die Einnahmequellen diversifizieren und versuchen, Nachrichten mit Lifestyle-Inhalten zu verbinden, um im digitalen Mix passend mitspielen zu können.

Nicht alle Medienunternehmen werden aus Sicht der Oxforder in der Lage sein, „sich schnell genug anzupassen“. Und ein großer Teil der Aufgabe für Nachrichtenverantwortliche im Jahr besteht demnach darin, die Rolle und den Wert journalistischer Institutionen in einem Zeitalter der Polarisierung, der Fehlinformationen und des Überangebots an Inhalten neu zu definieren. Ihre Angebote müssen weiterhin sowohl bei Mitarbeitenden als auch beim Publikum Anklang finden.

 

Der 47-seitige Report „Journalism, Media, and Technology Trends and Predictions 2025“ ist hier abrufbar. 

Welche Trends für den deutschen Medienmarkt im Vordergrund stehen dürften, wird ein Event im MedienNetzwerk Bayern - wie die MEDIENTAGE MÜNCHEN ein Unternehmen der Medien.Bayern GmbH – am 23. Januar 2025 im Trendevent thematisieren. Hier geht es zur kostenfreien Registrierung für den Stream.



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