Junge Menschen sind besonders von den Corona-Maßnahmen der vergangenen beiden Jahre betroffen. Geschlossene Schulen und Unis, fehlende Freizeitangebote sowie Kontaktbeschränkungen haben bei ihnen zu einer intensiveren Mediennutzung geführt, die Bedeutung sozialer Netzwerke oder Games hat zugenommen.
Eine Einführung ins Thema und ein Vorgeschmack auf die fünfte Ausgabe der #MTMdigitalks: Dabei stehen am 24. Februar ab 15.30 Uhr online und kostenfrei die "Generation Corona" und ihr Mediennutzungsverhalten im Mittelpunkt.
Zunächst einmal gilt zu klären, wer der "Generation Corona" eigentlich zuzuordnen ist. Futurist Tristan Horx bezeichnet damit die jetzt Geborenen, die "die Post-Corona-Welt neu entdecken und gestalten" müssten.
Horx stuft deren Aufgabe des Wiederaufbaus als große Chance ein; er folge der Maxime "Qualität statt Quantität – mehr Lebensqualität und Nachhaltigkeit, weniger Wachstumswahn und Umweltblindheit. Mehr Zukunftspotenziale", schreibt der Zukunftsforscher. Die Aufgabe der Generation Corona werde es sein, "diesen neuen Evolutionspfad mit Leben und Energie zu füllen".
Daneben gibt es den weiter gefassten Begriff der "undefinierten Gen C". Gemeint sind die jungen Generationen Z und Alpha der ab 1995 Geborenen, die von den Pandemie-Maßnahmen der letzten beiden Jahre in besonderem Maß durch Kontaktbeschränkungen betroffen gewesen sind. Magnus Gebauer, Trendexperte im MedienNetzwerk Bayern, ordnet sie der Generation Corona zu. Eine einheitliche Definition für die Gen C gebe es nicht.
Was diese jungen Menschen eint - bestätigt durch diverse Studien:
Junge Menschen haben besonders hinsichtlich Freizeitaktivitäten und zwischenmenschlicher Kontakte an Lebensqualität verloren. Die Hälfte der Befragten führte an, sich frustriert und depressiv zu fühlen. Infolgedessen stieg unter anderem die Nutzung digitaler Medien stark an. Außerdem nahmen pathologische Nutzungsmuster im Bereich Gaming und Social Media signifikant zu.
Das Augenmerk von Medienanbietern und Werbungtreibenden wird sich daher aus Sicht von Magnus Gebauer verstärkt auf veränderte Einstellungen, Werte, Konsum- und Mediennutzungsgewohnheiten beim Nachwuchs richten.
Mobile Mediennutzung prägt das Leben der jungen Generationen Z und Alpha der ab 1995 Geborenen (Foto: Adobe Stock),
Das Mediennutzungsverhalten unter der Lupe
Die Zeitung ist es nicht, das gute alte Fernsehen ist ebenfalls abgeschlagen: Warum Jugendliche heute so viel auf Social Media unterwegs sind und was der psychologische Mehrwert der einzelnen Plattformen ist – dazu hat sich Ines Imdahl, Geschäftsführerin des Marktforschungsinstituts Rheingold Salon, Gedanken gemacht.
Bei einer Veranstaltung der Medientage Landsberg stellte Imdahl diese Thesen auf:
- Jede Generation hat ihr "eigenes" Medium. Fast immer wird dies auch mit einer Sucht verbunden. Das war beim TV so, das ist bei Social Media so.
- In der Tat hat die Mediennutzung durchaus Suchtcharakter, denn Jugendliche tun sich schwer, das Smartphone abzugeben oder bestimmte Plattformen nicht zu nutzen. Weil Jugendliche und auch Erwachsene der Digitalisierung sowie der Handynutzung nicht aus dem Weg gehen können - anders als bei der Alkohol- oder Drogensucht - "muss ein Maß gefunden werden". Imdahl ruft hier dringend zu weitergehenden Studien auf.
- Bisher "erlauben" Eltern viel bzw. kontrollieren im Bereich Handynutzung und Social Media eher zu wenig, wie auch eine YouGov-Untersuchung belegt.
- Jede Social-Plattform birgt jedoch laut Imdahl neben dem Suchtpotenzial auch einen seelischen Mehrwert:
- YouTube sei ein "mentaler und emotionaler Short Cut" mit Tutorials für Nachhilfe und lustigen, niedlichen, ekligen oder spannenden Kurzvideos zur Unterhaltung.
- Instagram sei Harmonie und narzisstischer Exhibitionismus zugleich. Warum? Instagram zeigt eine Harmonie- und Traumwelt, die uns das Leben erträglicher macht. Narzissmus gepaart mit "Zeigelust" funktioniert auf Instagram besonders gut: fast 30 Prozent der Jugendlichen wollen berühmt werden - und zwar gern auf und durch Insta.
- TikTok bezeichnet die Wissenschaftlerin als neue "App-Grenzung für die noch Jüngeren", die schnelle Bekanntheit ermögliche. "Während des Lockdowns übernahm TikTok die Funktion des digitalen Schulhofs", so Imdahl. Jede:r konnte dort seine Talente zeigen, tanzen oder singen.
- Die User-Zahlen des Amazon-Networks Twitch haben sich zwischen 2019 und 2021 verdoppelt, Twitch bietet laut Ines Imdahl nicht nur Livestreaming für Gamer:innen, sondern auch die Just-Chatting-Funktion: Hier schauen Gamer:innen im Stream Videos an und kommentieren diese. Zuschauer:innen können live im Chat mitdiskutieren.
Twitch beinhalte außerdem sehr schnelle Monetarisierungsmöglichkeiten über Streamer-Abos. Die Plattform synchronisiere noch dazu den Alltag der Jugendlichen inklusive ihrer persönlichen Gaming-Stars. „Sie gehen gemeinsam ihrem Hobby nach, kommunizieren über Videos und sitzen mit ihren Vorbildern im Zimmer“, fasst die Rheingold-Salon-Geschäftsführerin zusammen.
Was sagt die Forschung dazu?
Generell zieht es die Menschheit seit Beginn der Pandemie noch stärker ins Netz, zum Streaming und zu Apps. Zu diesem Schluss kommt der aktuelle "Global Media Outlook Report 2022“ von YouGov.
Inwieweit haben die vergangenen beiden Jahre gerade die Jugend verändert? Eine erste Antwort gibt die JIM-Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest. Die Wissenschaftler fassen für das Jahr 2021 zusammen:
Bei der Frage nach ihren drei wichtigsten Nachrichtenquellen, nennt ein Drittel der Zwölf- bis 19-Jährigen das Fernsehen (32 %), jeweils jede/-r fünfte Jugendliche das Radio (22 %) und das Internet (21 %). WhatsApp bleibt weiterhin der wichtigste Dienst zur Kommunikation unter den Zwölf- bis 19-Jährigen. 92 Prozent der Jugendlichen nutzen ihn mindestens mehrmals pro Woche. Instagram folgt mit 58 Prozent auf dem zweiten Platz, verliert aber im Vergleich zum Vorjahr an Relevanz. TikTok (46 %) hat bei den Jugendlichen weiter an Bedeutung gewonnen und verdrängt Snapchat (42 %) vom dritten Platz.
Wenig sensibel zeigen sich die Jugendlichen, wenn es um den Datenschutz auf diesen Plattformen geht. Nur ein Drittel der Jugendlichen hat in Bezug auf die Sicherheit persönlicher Daten Bedenken.
Deutlich wird in dem Werk auch, wie sehr sich die Suchtgefahr erhöht hat. So verbrachten Jugendliche 2021 an einem Werktag im Schnitt 103 Minuten mit Computerspielen – das waren 31 Prozent mehr als 2019. Die Krankenkasse DAK spricht von einem Anstieg der Zahl der mediensüchtigen 10- bis 17-Jährigen um 52 Prozent im Vergleich zu 2019.
Hier eine Grafik aus der JIM-Studie, die das Gaming-Verhalten veranschaulicht:
Die "Generation Corona und die Medien", deren Mediennutzungsverhalten, die bei jungen Usern bevorzugten Plattformen, Inhalte und Formate stehen am 24. Februar 2022 von 15:30 bis 17:00 Uhr im Mittelpunkt der fünften Ausgabe der #MTMdigitalks.
Zu den spannenden Expert:innen, die beim kostenfreien Online-Event Einblicke in ihre Arbeit und Erfahrungen geben werden, zählen Futurist Tristan Horx, der in seiner Keynote die „Future Needs der Generation Corona“ skizzieren wird, Lara Thiede, Chefredakteurin der jungen SZ-Marke jetzt, sowie Ambra Schuster und Patrick Swanson aus dem Social-Media-Team des Nachrichtenmagazins ZIB im ORF. Zum Gaming-Part wird Simone Lackerbauer, Product Lead Games bei Games/Bavaria, sprechen.
Hier geht es zum Programm und zur Anmeldung!
Interessiert an Themen rund um die Medienbranche? Dann ist hier im Blog der Medientage München noch mehr Lesenswertes zu finden. Zudem können Medienthemen auch gehört werden: im Podcast der Medientage München. In der aktuellen Folge 64 spricht Simone Lackerbauer von Games/Bavaria darüber, was die Spielebranche für Medien tun kann.
Darüber hinaus stehen Zusammenfassungen vieler Sessions der 35. MEDIENTAGE MÜNCHEN sowie Bildmaterial in der Mediathek der Medientage-Homepage bereit.
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