40 Jahre on Air: Nicht weniger als den „Untergang des Abendlandes“ sagten einige voraus, als 1984 der private Rundfunk startete. Dazu ist es nicht gekommen. Im Gegenteil: 2024 wird die Vielfalt der Radio- und Fernsehlandschaft in Deutschland gefeiert und der Blick nach vorne gerichtet. In Bayern ist die lokale Vielfalt besonders hoch, was das Publikum am 9. März vor Ort erleben kann. Auf Initiative der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) laden die Sender in Bayern zum „Tag der offenen Studios“ ein.
Das Rennen um die Geburtsstunde des privaten Fernsehens in Deutschland schaffte am 1. Januar 1984 der Sat.1-Vorgänger PKS (Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk). Einen Tag später folgte RTLplus aus Luxemburg via Antenne.
Für die PKS drückte Jürgen Doetz den Startknopf für rund 1200 Zuschauer im Kabelpilotprojekt Ludwigshafen mit den Worten: "Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Moment sind Sie Zeuge des Starts des ersten privaten Fernsehveranstalters in der Bundesrepublik Deutschland." Zum Auftakt spielte das Münchner Bach-Orchester die Feuerwerksmusik von Georg Friedrich Händel.
Frischer Wind für die Medienlandschaft
Ein Start, der fast wie klassisches Bildungsfernsehen der Öffentlich-Rechtlichen wirkte. Doch das änderte sich schnell: Die Privaten wollten Zuschauer:innen und Hörer:innen zunächst mit leichter Unterhaltung gewinnen. In den folgenden Jahren profitierte das Publikum vom Programmwettbewerb im dualen System, in dem die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten so manch kreative und innovative Idee der privaten Radio- und TV-Sender übernahmen. Der frische Wind hat der Medienlandschaft gut getan, nicht nur, was die Rundfunkvielfalt betrifft.
Auf großen Kongressen wie den MEDIENTAGEN MÜNCHEN wurde medienpolitisch um die Ausrichtung des dualen Systems gerungen, dessen Grundstein Anfang der 80er Jahre durch eine veränderte Gesetzgebung gelegt worden war. Mit dem 3. Rundfunkurteil vom 16. Juni 1981 machte das Bundesverfassungsgericht den Weg zur Zulassung und Veranstaltung privaten Rundfunks in Deutschland frei.
Die Länder einigten sich auf Kabelpilotprojekte zur Erprobung von (privatem) Fernsehen und Hörfunk, unter anderem in Ludwigshafen und München. In der bayerischen Metropole fiel der Startschuss für das Pilotprojekt am 1. April 1984. Ab Mitte der 80er Jahre trieb der Kabelausbau die Entwicklung voran.
40 Jahre später hat sich die Medienlandschaft radikal verändert. Heute stellt sich die Medienbranche auf Veränderungen durch Künstliche Intelligenz ein. Der Wettbewerb hat sich durch die Präsenz der Tech-Giganten verändert, die Mediennutzung aufgrund der Digitalisierung gewandelt.
Erweitert haben sich auch die Aufgaben der Medienanstalten in Deutschland, die einst als Aufsicht über private Hörfunk- und Fernsehangebote gegründet wurden. BLM-Präsident Dr. Thorsten Schmiege resümiert: „Vor allem die Herausforderungen im Netz steigen – deshalb ist für mich der Nutzerschutz wichtiger denn je. Genauso am Herzen liegt mir aber der Erhalt der lokalen Rundfunkvielfalt in Bayern. Die Sender vor Ort sind ein „Anker“ für das Publikum. Verlässliche journalistische Inhalte schaffen Vertrauen. Auch und besonders im Lokalen. Sie verbinden statt zu spalten.“
Lokale Vielfalt in Bayern
Lokale Vielfalt und wirtschaftliche Tragfähigkeit der privaten Rundfunkangebote stehen von Beginn an als zentrale Kriterien auf der medienpolitischen Agenda der Landeszentrale.
Am 25. April 1985 beginnt die Planung für die terrestrischen UKW-Frequenzen in Bayern für lokale Anbieter und eine landesweite Hörfunkkette. Als erste Sender sind am 29. Mai 1985 Radio Süd, Radio Gong 2000 und Radio M1 mit insgesamt elf Anbietern on Air gegangen. 1986 wird im Großraum München mit Kanal 4 erstmals ein TV-Programm via Antenne verbreitet.
Programmqualität zahlt sich aus, eine gute Ausbildung ist die Basis dafür. Um herausragende Leistungen im Lokalfunk zu prämieren, wurde 1988 der erste BLM-Hörfunkpreis verliehen. Später kam noch die Verleihung des BLM-Telly für das Lokalfernsehen dazu.
Zum Austausch und zur Weiterbildung diente der im gleichen Jahr erstmals stattfindende BLM-Rundfunkkongress im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN. 1989 belegt die erste Funkanalyse Bayern den Erfolg der Lokalradios. Sie wird ab 1993 regelmäßig auf den Lokalrundfunktagen in Nürnberg vorgestellt.
Karrierebeispiele: Der spätere Sat.1 Chef-Fred Kogel moderierte 1988 die Verleihung des ersten BLM-Hörfunkpreises (Foto: BLM)
Die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Hörfunkprogramme wird im Juli 1992 durch einen Vertrag zur überregionalen Vermarktung der bayerischen Lokalradios (Bayern Funkpaket) abgesichert. Die Vertragspartner dieses Solidarmodells: die Bayerische Lokalradio-Programmgesellschaft (BLR), die Bayerische Lokalradio-Werbung (BLW) und Antenne Bayern. Weitere Solidarmodelle folgen und bilden die Basis für eine vielfältige Hörfunklandschaft.
Stephan Lehmann: Moderator der ersten Stunde bei Antenne Bayern (Foto: Antenne Bayern)
Pioniergeist prägt den Standort
Im Fernsehbereich sorgen bayerische Fenster in Sat.1 und RTL für die Verbreitung regionaler und lokaler Inhalte in den Kabelnetzen.
Der Medienstandort München wird aber auch zum Sitz mehrerer bundesweiter Programmveranstalter wie den Digitalpionier DF1, Tele 5, Kabel Eins, Deutsches Sportfernsehen (DSF), den ersten Teleshopping-Kanal (H.O.T.), den ersten Spartensender für Frauen (tm3), den ersten Gewinnspielsender 9Live oder den ersten digitalen Fernsehsender Deutschlands, um nur einige zu nennen.
Auch dieser Trend wurde in München gesetzt ... (Foto: Unternehmen)
Der Pioniergeist von damals zeigt sich heute im Startup-Land Bayern, das Heimat für viele erfolgreiche Medien-Startups ist.
Ging es im dualen System zunächst um Verteilungskämpfe in Sachen Frequenzen und Finanzierung, ermöglicht die Digitalisierung nach 2000 neue Verbreitungswege und mehr Programmvielfalt. 2024 gibt es in Bayern lokal, landesweit und bundesweit über 130 genehmigte Radio- und 140 Bewegtbildprogramme.
Tag der offenen Studios am 9. März
Die lokale Vielfalt in Bayern ist so groß wie nirgendwo sonst in Deutschland. Anlässlich des Jubiläums öffnen die privaten Radio- und TV-Sender in ganz Bayern – von Garmisch bis Schweinfurt – am 9. März 2024 die Türen für ihr Publikum.
Interessierte Bürger:innen können sich beim „Tag der offenen Studios“ ein Bild von der täglichen Arbeit in ihrem Lieblingssender vor Ort machen. Und bekommen Antworten auf ihre Fragen, beispielsweise wie kommt ein Beitrag ins Fernsehen und wer sind die Stimmen hinter den Mikrofonen im Radio?
Wer weiß, vielleicht sind ja einige dabei, die so die Chance haben, ihren nächsten Arbeitgeber kennenzulernen ...
40 Jahre privater Rundfunk bedeutet 40 Jahre kreative Programmideen, 40 Jahre Talenten eine Moderationschance zu geben und 40 Jahre erstklassiges, journalistisches Know-how. Als Initiatorin der Aktion freut sich die BLM, dass sich bayernweit insgesamt mehrere Dutzend Radio- und Fernsehsender beteiligen.
Alle Infos zum Blick hinter die Kulissen am 9. März: www.offenestudios.bayern
Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) veröffentlicht regelmäßig Beiträge zu fachspezifischen Themen im Blog der Medientage München. Die Medientage München sind eine Marke der Medien.Bayern GmbH – einer Tochtergesellschaft der BLM.
Der diesjährige Termin für das Klassentreffen des lokalen und regionalen Rundfunks steht: Am 25. und 26. Juni finden die LOKALRUNDFUNKTAGE 2024 im NCC Mitte NürnbergMesse statt.
Die Zusammenfassungen wichtiger Panel-Diskussionen sowie Bildmaterial der 37. MEDIENTAGE MÜNCHEN stehen in der Mediathek der Medientage-Homepage und auch im Blog der Medientage bereit. Die Medienthemen können auch gehört werden: im Podcast der Medientage München.
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