Jetzt geht es Schlag auf Schlag: Nachdem sich der Streaming-Markt auch aufgrund des regen Zuspruchs während der Corona-Pandemie bereits auf hohem Niveau bei Anbietern und Zuschauenden etabliert hat, kommt nun Phase zwei: Die großen Marken passen unter Wettbewerbsdruck ihre Plattformen und Angebote an, die Werbefinanzierung wird angeschoben und die Handelnden im Segment werden positioniert.
TV NOW musste für RTL+ weichen – dafür kommt nun ein WOW in den deutschen Markt. Dahinter steckt das bisherige Streaming-Angebot Sky Ticket. Mit dem neuen Namen erhält die Offerte von Sky Deutschland ab sofort auch ein anderes Preismodell, um vor allem Neukunden anzulocken. Motto: „Streaming war noch nie so Wow“.
Now Wow: Sky Ticket heißt ab sofort Wow. https://t.co/4nbGX4t5PC pic.twitter.com/9nkAux4Dx4
— Medienmagazin DWDL (@DWDL) June 7, 2022
Dabei wird deutlich, dass sich die Unterföhringer mit den Pay-TV-Wurzeln auch dem Preisdruck im wettbewerbsintensiven Bereich SVoD beugt: Neukunden zahlen bei Zuschlag bis 31. Juli für das Serienpaket 7,99 Euro monatlich statt 9,99 Euro. Die Kombi aus Film und Serien ist für 9,98 Euro statt 14,98 Euro zu haben. Für all das gilt: Binden sich die neuen Sky-Kund:innen langfristig, dann gelten diese Konditionen unbegrenzt für die Dauer ihres Abonnements. Abgerufen werden können die Inhalte auf zwei Devices.
Mit 7,99 Euro zieht der Sky-Ableger WOW mit dem Netflix-Basis-Abo gleich und liegt beim Film- und Serien-Paket-Preis unter dem Standard-Abo des US-Kontrahenten, für das derzeit 12,99 Euro pro Monat fällig werden. Bei WOW zu finden sind zum einen hochkarätige Sky Originals wie "Das Boot", "Babylon Berlin" und auch Produktionen des Kooperationspartners HBO wie der "Game of Thrones"-Ableger "House of the Dragon".
Zum anderen wird die Library dank Mutter Comcast immer größer: Peacock, Streaming-Dienst der Sky-Konzernschwester NBCUniversal, steuert eine steig wachsende Zahl Filmen, Serien oder Shows bei. Anders als Netflix wartet WOW mit einem breiten Angebot im Supersport-Abo auf, das ab 24,99 Euro monatlich zu haben ist. Kein Schnäppchen, aber der Preis für Live-Sport aus dem Hause Sky rangiert nun auf einem Niveau mit dem Sportstreaming-Dienst DAZN, der den Abopreis für Neukunden Anfang des Jahres erhöht hat.
Sarah Jennings, Senior Vice President WOW bei Sky Deutschland, wird in der Konzernmitteilung mit dem Versprechen zitiert, das „Angebot kontinuierlich weiterzuentwickeln und unsere Plattform zu optimieren, um unseren Kunden das beste Streaming-Erlebnis zu bieten". Dazu zählt eine vielseitigere Suchfunktion. So kann ab sofort auch nach Schauspielern, Akronymen oder Sport-Clips gesucht werden. Personalisierung wird großgeschrieben.
Mit AVoD erhöht sich der Wettbewerbsdruck weiter
Daneben hat unter anderem das Medientage-Special Connect! rund um Connected TV kürzlich gezeigt, wie wichtig das Streaming-Umfeld für die Werbeindustrie geworden ist, die begehrten jungen Zielgruppen ins Netz folgen möchte. In der Folge nehmen immer mehr Pläne für werbefinanziertes VoD (AVoD) wie in Form des neuen Amazon-Ablegers Freevee Gestalt an, basierend auch auf einer gewissen Abo-Müdigkeit der inflationsgebeutelten Haushalte.
Dieser Trend wird sich verstärken: Gerade eben belegt die Studie OpinionTRAIN mit Blick auf den Medienkonsum seit Beginn der Corona-Pandemie eine weiter steigende Nutzung von Video-Streaming mit Wachstumschancen auch bei älteren Zielgruppen ab 60.
Kein Wunder, dass mit Blick auf weitere Wachstumschancen im Stream rege experimentiert wird. Die Zahl der so genannten FAST Channels – werbefinanzierte Live-Spartenangebote – wächst.
Daneben bekommt Musik eine Bühne: Mit der exklusiven Live-Übertragung von Rock am Ring landete der RTL-Streaming-Ableger RTL+ in Zusammenarbeit mit CTS EVENTIM einen Hit. Die zwei Livestreams des traditionsreichsten Festivals Deutschlands vom 3. bis 5. Juni bezeichnen die Partner „mit über 4 Millionen Livestreamstarts“ als vollen Erfolg. Das Fest geht weiter:
Das Festival ist eröffnet! 🎤
— RTL+ (@RTLplus) June 3, 2022
Ab jetzt könnt ihr Rock am Ring live im Stream schauen: https://t.co/PGB7wvN6Bd
Anbieter stellen sich personell neu auf
Bei so viel Bewegung im Bewegtbild-Markt tut sich auch einiges in den Strukturen der Anbieter. Lange baute etwa die RTL-Familie an der neuen Konstellation, die Zuschauende on Demand wie linear an die Marken des Hauses binden soll. Netflix hat sich Ende 2021 durch Hinzunahme der erfahrenen TV-Managerin Katja Hofem zusätzlich für den deutschen Markt verstärkt, bei Amazon wurde die Prime-Video-Chefebene um Kaspar Pflüger ergänzt. Der US-Konzern AMC mit vielen Serienklassikern im Katalog stellt gerade seine Weichen für den europäischen Start von AMC+ im Frühjahr 2023.
Fest steht seit einigen Tagen: Für den neu fusionierten Megakonzern Warner Bros. Discovery wird Hannes Heyelmann als EVP & General Manager Statthalter für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Zuvor hatte das Unternehmen verkündet, dass die bisherige Geschäftsführerin von Discovery Deutschland & Benelux, Susanne Aigner, das Haus verlässt WarnerMedia und Sylvia Rothblum, Country Manager, Deutschland, Österreich und Schweiz gehen ebenso getrennte Wege.
Heyelmann wird damit oberster Lenker des für Sommer geplanten deutschen Streaming-Neustarts Discovery+. Mit der Option auf mehr: In der Ankündigung heißt es, der deutsche Manager solle „in Abstimmung mit den entsprechenden internationalen Verantwortungsbereichen des Unternehmens unter anderem für Streaming, Sport und US-Inhalte lokale Strategien entwickeln“.
Die MEDIENTAGE MÜNCHEN 2022 finden vom 18. bis 20. Oktober vor Ort in München statt. Dabei blicken wir auf die Herausforderungen in Krisenzeiten und zeigen neue Perspektiven sowie Geschäftsmodelle der Medienanbieter auf. Ein Schwerpunkt wird auf Strategien im Bewegtbildmarkt gelegt.
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