Die Zeiten bleiben für Medienschaffende herausfordernd: wirtschaftlicher Druck, verändertes User-Verhalten, Fachkräftemangel. Die aktualisierte Studie "Trends der Zeitungsbranche 2023" des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) und der Unternehmensberatung Schickler arbeitet für Publisher die Chancen und Risiken der kommenden Jahre heraus.
Zeitungen müssen mehr und mehr den digitalen Raum nutzen, um Leser:innen mit neuen oder angepassten Angeboten an sich zu binden. Personalisierung der Inhalte gilt dabei als Schlüssel, vor allem zu jüngeren Zielgruppen. Gerade dann, wenn für guten Content bezahlt werden soll.
Auf Bezahlinhalten ruhen große Erwartungen: „Digitale Abonnement-Erlöse/Paid Content sind für die Unternehmen der Digitalpublisher- und Zeitungsbranche wie schon in den beiden Vorjahren zentrales Thema und größte Wachstumschance“, heißt es in der repräsentativen Studie "Trends der Zeitungsbranche 2023".
Der BDZV hat jetzt die aktualisierte Ausgabe gemeinsam mit der Unternehmensberatung Schickler vorgestellt. Befragt wurden dieses Mal 56 Verleger- und Geschäftsführer:innen, 48 Chefredakteur:innen und 27 Digital-Publisher:innen. Sie stehen laut BDZV nach verkaufter Auflage für 60 Prozent der deutschen Zeitungen. Dabei wurden auch die Herausforderungen benannt: „Zu den größten Risiken zählen hingegen in den kommenden Jahren die steigenden Kosten in der Zustellung und der Fachkräftemangel.“
Quelle: "Trends der Zeitungsbranche 2023". BDZV/Schickler
Die Arbeit der Publisher spielt sich der Studie zufolge in den kommenden Jahren zwischen wirtschaftlichem Druck (Grafik oben), verändertem User-Verhalten und der Suche nach den Talenten von morgen ab. Dabei arbeitet das Werk drei Trends heraus, mit denen die Branche diese Herausforderungen meistern könnte.
Die Verlage ergreifen aktiv Strategien für den Wandel von Print- zu Digitalkunden.
Drei Viertel der Befragten verfolgen beispielsweise aktive Strategien, um Print-Abonnenten für das E-Paper zu gewinnen. Die allermeisten (93 Prozent) geben an, dass die Bedeutung der digitalen Ausgaben gegenüber den Vorjahren sogar noch gewachsen sei. Drei von vier der Befragten gehen davon aus, dass E-Paper Umsatzrückgänge aus dem Printgeschäft kompensieren können.
Zuletzt hat der Verband fürs 4. Quartal 2022 verkünden können, dass pro Erscheinungstag fast 2,6 Millionen digitale Zeitungen verkauft werden. Damit wächst die E-Paper-Auflage binnen Jahresfrist um 9,96 Prozent.
Klar ist aber auch: Bei der E-Paper-Strategie geht es vor allem darum, bestehende Print-Abonnements umzuwandeln. Sollen neue Kund:innen gewonnen werden, spielen „gezielte Paid-Content-Angebote die zentrale Rolle“, wie es der Verband formuliert.
Dr. Christoph Mayer, Partner bei der Unternehmensberatung Schickler, bewertet das Erfragte positiv: "Die Transformation von Print zu Digital ist eine der größten Herausforderungen für Verlage in den kommenden Jahren. Es gibt zwei Möglichkeiten, diesem Spagat zu begegnen: Abwarten und schauen, was passiert, oder aktiv voranschreiten. Eine ermutigende Nachricht, dass Verlage aktiv gestalten und die Herausforderung annehmen."
Bei den Umsatzerwartungen sind die neuen Geschäftsfelder eingepreist:
Quelle: "Trends der Zeitungsbranche 2023". BDZV/Schickler
Die Nutzererfahrung – „Customer Experience“ – wird weiter verbessert.
Wie eingangs bereits erwähnt: Zu den größten Hoffnungen zählt für Publisher der Ausbau des Geschäfts mit digitalen Abonnements. Entsprechend setzen mehr als die Hälfte (57 Prozent) der befragten Unternehmen ihre Priorität auf ein Plus an digitalen Abschlüssen. Auf Platz zwei und drei folgen das Vermeiden von Kündigungen und das Etablieren von Nutzungsgewohnheiten, wie sie bisher bei gedruckten Zeitungen typisch waren. „Voraussetzung dafür sind nicht nur Optimierungen bei Übersichtlichkeit, Kundenkommunikation und Preis, sondern auch neue Erzähl- und Darstellungsformen“, heißt es dazu in der Studie.
Um den veränderten Wünschen der User gerecht zu werden, planen die Unternehmen in den kommenden drei Jahren neue inhaltliche Formate: Podcasts (93 Prozent),
- Video (91),
- digitales Storytelling (84),
- Datenjournalismus (82)
- konstruktiven Journalismus (80).
49 Prozent der Verlage wollen innerhalb dieses Zeitraums ihre Digitalangebote einem Relaunch unterziehen.
Die Gattung stellt sich dem Wettbewerb um digitale Talente.
Der kulturelle Wandel in der Unternehmenskultur wird von den Publishern laut Studie aktiv forciert. Beim Wettbewerb um digitale Talente spielt da Arbeitsklima „eine nicht zu unterschätzende Rolle“, wie BDZV und Schickler urteilen. In der Studie stimmen zwei Drittel (67 Prozent) stimmen "eher zu", dass ihr Verlag über eine moderne und zukunftsgerichtete Unternehmenskultur verfüge. Neun Prozent unterschreiben sogar das Prädikat "voll und ganz".
98 Prozent haben demnach Maßnahmen zur Transformation der eigenen Unternehmenskultur bereits umgesetzt oder planen dies in den kommenden drei Jahren. 92 Prozent verstehen das Investment in die Unternehmenskultur als „Maßnahmen zur Stärkung der eigenen Arbeitgebermarke“, wie es heißt.
Die Verlage würden „ihre individuellen Wege zu einer modernen und zukunftsgerichteten Unternehmenskultur" suchen und finden, betont BDZV-Geschäftsführerin Katrin Tischer. Zahlreiche Maßnahmen und Initiativen, um den kulturellen Wandel voranzubringen, dokumentiere einige Beispiele von vielen.
Hier eine Übersicht:
Quelle: "Trends der Zeitungsbranche 2023". BDZV/Schickler
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