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Wenn globale Marken mit am Start sind, gelten andere Spielregeln: Im deutschen Markt haben sich die Anbieter von Streaming-Plattformen und Mediatheken gerade so zurechtgeruckelt, da schicken sich Apple+, YouTube und Netflix für eine neue Runde im Kräftemessen an. Die neuesten Ankündigungen könnten wieder viel Bewegung ins Bewegtbild-Angebot bringen.
Über Jahre war es im deutschen Markt übersichtlich. Etablierte TV-Sender hatten ihre festen Plätze in den Wohnzimmern, im Kabel oder via Antenne und Satellit. Sie zählten fleißig die Werbe-Euros, weil das reichweitenstarke Medium Fernsehen über Jahre als Liebling der Werbungtreibenden galt. Für Unruhe sorgten zuweilen kleinere Senderstarts, so manches Übernahmegerücht oder Schwankungen im Erlösstrom, wenn sich Wirtschaftsflauten letztendlich doch auf Marketingbudgets auswirkten.
Mit der Streaming-Ära müssen sich Publikum und Programmverantwortliche auf ein ganz neues Tempo einstellen, regelrechte Disruptionen inklusive: Alle Anbieter konnten zunächst zum Start des Jahrzehnts in der Corona-Phase und dem Rückzug der Menschen ins Private profitieren. Hier die aktuellen Größenordnungen auf dem deutschen Markt aus der Feder der Streaming-Suchmaschine JustWatch:
Doch kaum haben sich die Mediatheken der Sender und neue Streaming-Angebote neben den Platzhirschen im SVoD aus den USA etabliert, nehmen digitale Dickschiffe Kurs auf noch mehr Fans.
Der Apfelkonzern erhöht potenzielle SVoD-Basis massiv
Im Fall des Streaming-Angebots von Apple, das bisher weit hinter den Abodiensten von Amazon Prime Video, Netflix und Disney+ rangiert, soll es der technische Zugang lösen: Der iPhone-Konzern will mit Apple+ künftig auch Nutzende mit dem Betriebssystem Android erreichen. Seit rund fünf Jahren im Markt, war die Offerte zunächst auf Apple-Geräten verfügbar. Eine App fürs TV-Gerät folgte.
Der Schritt jetzt öffnet den Weg zu Nutzern von Android-Smartphones und -Tablets. In der Android-App können nun auch Abos von Apple-TV+ abgeschlossen werden. Dafür wurde Googles Bezahlsystem integriert.
Apple TV+ versucht bisher, mit exklusiv verfügbaren Serien wie „Severance“ oder „Ted Lasso“ und Filmen wie „Wolfs“ oder „Killers of the Flower Moon“ den harten Wettbewerb im Streaming-Segment aufzunehmen. Spiele der amerikanischen Fußball-Liga MSL können gebucht werden.
Nun nimmt der Apfelkonzern richtig Schwung im Streaming-Geschäft: Mit dem Öffnen der Services für Android wird die potenzielle User-Basis enorm erweitert.
YouTube-Konsum: Immer mehr TV statt Smartphones
Ohnehin schon die größte Bewegtbild-Plattform der Welt, meldet sich YouTube gerade mit noch mehr Selbstbewusstsein zu Wort. Laut Neal Mohan, CEO der Google-Tochter, haben Fernsehbildschirme PCs und Smartphones offiziell als „primäres Gerät zum Ansehen von YouTube in den USA“ überholt. Mit anderen Worten: Mehr Menschen schauen YouTube auf Fernsehgeräten als auf jedem anderen Gerät. Zumindest in den USA. Wie Mohan in seinem CEO-Jahresbrief schreibt, ist dies ein Hinweis darauf, dass YouTube „das neue Fernsehen“ ist. Menschen würden derzeit jeden Tag mehr als eine Milliarde Stunden YouTube-Content auf ihren TV-Geräten streamen.
Fakt ist laut den Marktforscher:innen von digital I auch: Inzwischen entfallen 73 Prozent der gesamten Wiedergabezeit auf YouTube auf Langformate von 30 Minuten oder mehr. Teils auch bespielt von TV-Absendern wie Channel 4, um Jüngere an die klassischen Marken zu binden.
Das „neue“ Fernsehen sehe nicht wie das „alte“ Fernsehen aus, so Mohan. „Es ist interaktiv und umfasst Dinge wie Kurzfilme (ja, die Leute schauen sie auf Fernsehern), Podcasts und Live-Streams, direkt neben den Sport-, Sitcom- und Talkshows, die die Leute bereits lieben.“
Unter anderem veröffentlichte der YouTube-CEO Zahlen über das Wachstum der Kanalmitgliedschaften; aus seiner Sicht mit ein Grund fürs starke Plus. Gemeint sind die „Beitreten“-Buttons, der uns zu Abonnent:innen unserer Lieblingskanäle macht. Dem Google-Unternehmen ist es nun sehr ernst damit, sowohl die Werbe- als auch die Abo-Einnahmen weiter zu steigern.
YouTube als der neue "Place to be"
Auch stellt Neal Mohan YouTube als das „Epizentrum der Kultur“ dar. Zumindest für die USA, wo sich ihm zufolge am Wahltag im vergangenen November 45 Millionen Amerikaner:innen wahlbezogene Inhalte ansahen.
„Von Wahlen über die Olympischen Spiele bis hin zu Coachella, dem Super Bowl und der Cricket-WM spielen sich die größten Momente der Welt auf YouTube ab“, schreibt Mohan und fügt hinzu, dass das Unternehmen dieses Jahr auch plant, „mehr Tools einzuführen, um Podcaster:innen zu unterstützen, die Monetarisierung für Ersteller zu verbessern und es noch einfacher zu machen, Podcasts zu entdecken“.
Des Weiteren arbeitet YouTube daran, den Content Creators mehr KI-Tools zur Verfügung zu stellen. Das Unternehmen investiere in Tools, die sie bei ihrer täglichen kreativen Arbeit unterstützen, beispielsweise bei der Entwicklung einer neuen Videoidee, eines neuen Titels oder eines neuen Thumbnails. Und: „Wir nutzen KI auch, um Machern dabei zu helfen, neue Zielgruppen zu finden.“ Kurzum: Einmal auf dem großen Bildschirm etabliert, will YouTube das neue Standing massiv ausbauen.
Ein neues Genre für Netflix: Video-Podcast
Wenig überraschend arbeitet bei all den rasanten Entwicklungen auch Netflix an Neuerungen: Der US-Streaming-Dienst will offenbar ins Geschäft mit Video-Podcasts einsteigen. Das Unternehmen spreche mit verschiedenen US-Podcaster:innen, um deren Werke auf die Plattform zu heben, meldete der Nachrichtendienst Bloomberg. Auch eine Art Video-Talkshow mit Podcaster:innen soll dem Streaming-Anbieter mit den meisten Abonnent:innen weltweit vorschweben.
Damit würde sich Netflix erstmals für Creator Content öffnen. Zudem macht die YouTube-Bilanz offensichtlich Lust auf das neue Geschäftsfeld: Nach Angaben von YouTube wurden 2024 rund 400 Millionen Stunden Video-Podcasts allein über Smart-TV-Geräte abgerufen.
#BigScreenVideo!
Alles wächst auf dem großen Bildschirm zusammen: Fernsehen und Streaming sind schon da, Social TV und Gaming ziehen nach, Zukunftsmodelle richten sich danach aus. Der Big Screen wird zur zentralen und vernetzten Anlaufstelle für Publikum, Publisher und Promotion. Mit Folgen für Menschen, Medien und Marken, für Media- und Business-Modelle, für die Infrastruktur oder auch die Technologiehersteller.
Darüber wollen wir beim #MTM SPECIAL FUTURE VIDEO 2025 sprechen! Die Konferenz findet am 01. April 2025 im House of Communication in München statt und widmet sich der Zukunft von Video: Trends im TV und Streaming und bei der Werbefinanzierung stehen auf dem Programm von #FuVi25.
Mehr Lesenswertes rund um die Themen der MEDIENTAGE MÜNCHEN steht im Blog der Medientage bereit. Inspirierendes kann auch gehört werden: im Podcast der MEDIENTAGE MÜNCHEN.
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